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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0357.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Nr. 22.   1896.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Abonnements-Preis: In Wochennummern vierteljährlich 1 M. 75 Pf. In Halbheften, jährlich 28 Halbhefte, je 25 Pf. In Heften, jährlich 14 Hefte, je 50 Pf.


Fata Morgana.

Roman von E. Werner.

     (21. Fortsetzung.)

In der Veranda des Seehotels, die sich an die Terrasse anschloß, standen Sonneck und Elsa im Gespräch mit einem Manne in Schiffertracht. Es mußte wohl irgend etwas Besonderes sein, was sie hier draußen in der halboffenen Halle festhielt, wo Wind und Regen hereinschlugen. Die junge Frau hatte zum Schutze dagegen ihr Plaid umgeworfen und sie blieb an der Seite ihres Gatten, der mit besorgter Miene unverwandt durch das Fernglas blickte.

Der See bot jetzt ein Bild entfesselter Wildheit, der Sturm wühlte ihn auf in all seinen Tiefen. Die Bergeskette drüben war völlig unsichtbar geworden, und die nahen Villen und Ortschaften lagen kaum erkennbar im Regenschleier. Unaufhörlich stürmten die Wogen gegen die hochgelegene Terrasse, schlugen über die Brüstung und zerrannen zischend auf den Steinfliesen.

„Sie müssen die Gefahr nicht rechtzeitig erkannt haben,“ sagte Sonneck soeben, „oder sie hofften, die Rückfahrt noch erzwingen zu können. Glauben Sie wirklich, daß es das Boot des Mister Hartley ist?“

Der Mann, an den die letzten Worte gerichtet waren, nickte bestätigend. Es war der Schiffsmeister, der die Aufsicht über die Boote führte, die an der Landungsstelle für die Ausflüge der Fremden bereit lagen.

„Es ist das Boot von Malsburg, ich kenn’ es gut. Vor zwei Stunden erst ist es hier vorbeigesegelt, ehe das Wetter heraufkam.“

„Er hat recht,“ sagte Lothar, indem er seiner Frau das Fernglas reichte. „Ich sehe die englische Flagge am Mast. Das Schiff kämpft furchtbar mit den Wellen, es versucht, ans Land zu kommen, wird aber immer wieder zurückgeworfen.“

„Die kommen überhaupt nicht mehr an Land, die sind zu weit draußen,“ erklärte der Schiffer mit voller Bestimmtheit. „Das Steuer muß ihnen gebrochen sein, denn sie halten ja gar keine Richtung mehr ein.“

„Aber läßt sich denn da keine Hilfe bringen?“ fragte Elsa, der das Fernglas jetzt auch die Gefahr des Schiffes zeigte. „Es muß doch möglich sein!“

„Nein, gnädige Frau, das ist nicht möglich. Sie sehen es ja, nicht einmal der Dampfer wagt sich hinaus. Der liegt fest am Ufer und rührt sich nicht, und ein kleines Boot – ich möchte den sehen, der sein Leben damit wagte, ich thät’ es nicht.“

„Es würde auch nichts nützen,“ meinte Sonneck kopfschüttelnd. „Das englische Boot ist jedenfalls fester gebaut und hält mehr aus als die kleinen Fahrzeuge da unten. Sie haben es vorhin gesehen, als es vorübersegelte? Wer war darin?“

„Der Besitzer von Malsburg war es und der englische Lord, der jetzt bei ihm ist. Ich kenne sie alle beide, sie sind ja täglich auf dem See, sind auch tüchtige Segler, aber das hilft ihnen nichts bei solchem Wetter.“

Ilse.
Nach einem Gemälde von H. Schmiechen.
Photographie im Verlag der Photographischen Union in München.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0357.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)
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