verschiedene: Die Gartenlaube (1896) | |
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Erst zehn Jahre später, am 5. September 1871, gelang es dem Afrikareisenden Karl Mauch, die Ruinen aufzufinden, eine Entdeckung, die er selbst als einen der bedeutendsten Erfolge seiner Forschungsreisen bezeichnete. Er fand die großartige Ruinenstätte von Zimbabye in dem Berglande zwischen dem Limpopo und dem Zambesi, 304 Kilometer westlich von Sofala, unter 20° 14′ südlicher Breite und 31° 48′ östlicher Länge von Greenwich. Nach ihm ist es im Jahre 1889 abermals einem Europäer, dem Deutschen Willy Posselt, gelungen, bis Zimbabye vorzudringen und nach Besiegung mancher Schwierigkeiten, die ihm die Eingebornen in den Weg legten, die alten Bauwerke zu besichtigen. Sodann hat im Jahre 1891 der Engländer J. T. Bent eine Expedition nach Zimbabye unternommen, die besonders wichtige Resultate geliefert hat. Bent hat eingehende Vermessungen der Ruinen ausgeführt und Pläne aufgenommen. Sein Bericht ist in den Verhandlungen der Königlichen Geographischen Gesellschaft zu London erschienen. Unsere Abbildungen zu diesem Artikel sind nach den von Bent veröffentlichten Zeichnungen gefertigt. Ein Jahr später, im Jahre 1892, besuchte der Missionar C. Beuster die merkwürdige Ruinenstätte.
Die Ruinen von Zimbabye bestehen aus zwei Teilen. Der eine Teil liegt auf einem 50 m hohen Granithügel, der andere am Fuße desselben. Die Bauwerke auf dem Hügel zeigen sich als eine an die schroffen Abhänge vorgeschobene, gut konstruierte Festungsanlage, von der noch Mauerreste von etwa 10 m Höhe und 100 m Länge erhalten sind. Im Thale befindet sich die auf unserem Plane dargestellte kreisförmige Ruine. Sie besteht aus einer etwa 10 m hohen Ringmauer, deren innerer Durchmesser 70 m beträgt. Innerhalb dieser Umfassungsmauer ziehen sich labyrinthartig verschlungen andere 3 m hohe Mauern hin, und an der Südseite erhebt sich ein 10 m hoher Turm, der unten cylindrisch einen Durchmesser von 5 m besitzt und sich nach oben kegelförmig zuspitzt. Neben ihm steht ein kleinerer Turm. (D und F auf unserem Plan.) An einigen Stellen ragen aus der Mauer senkrecht empor über 3 m lange Steinbalken aus einem grünlichen Gestein, ursprünglich mit einem eingemeißelten geradlinigen Ornament versehen, das an einem derselben zur Zeit, als Mauch die Ruinen entdeckte, noch vorhanden war. Ein Haupteingang führt in das Innere dieser Anlage; eine Inschrift über diesem Eingangsthor, von der de Barros spricht, ist aber nicht mehr zu sehen.
Die Bauwerke sind aus behauenen Granitsteinen ausgeführt, die ohne Mörtel aufeinander geschichtet sind, zum großen Teil mit bewunderungswürdiger Sorgfalt und Regelmäßigkeit, die auf technische Geschicklichkeit in der Baukunst schließen lassen. Von sonstigen Altertümern, die ein Licht auf die unbekannten Erbauer dieser Werke werfen könnten, ist vorläufig sehr wenig gefunden. Selbst Ornamente, aus denen man immerhin einige Schlüsse auf die Volksangehörigkeit der Erbauer ziehen könnte, sind spärlich vorhanden. Dem obenerwähnten zweiten Besucher der Ruinen, Posselt, ist es gelungen, „unter Geheul und Unwillen der Eingeborenen“ einen grob gearbeiteten Vogel aus Stein, der auf einem Pfeiler angebracht war, abzuschlagen und mitzunehmen. Aber auch sonst sind die Berichte aus Zimbabye stofflich nicht sehr ergiebig. Die Gegend ist keineswegs genügend erforscht. Es ist eben außerordentlich schwierig, zu den Ruinen zu gelangen, denn das Land ist höchst unwegsam. Bent hat allein für die letzten fünfzehn englischen Meilen zu seinem Ziele eine volle Woche gebraucht! So ist es denn sehr erklärlich, daß größere Nachgrabungen noch nicht angestellt werden konnten. Zudem ist jedenfalls auch im Laufe der Jahrhunderte vieles von den umwohnenden Eingeborenen weggeschleppt und zerstört worden.
Das meiste Material zur Erforschung dieser rätselhaften alten Kulturstätte hat bis jetzt die Expedition des Engländers Bent geliefert. Bent war der erste, der eine genaue Aufnahme der Ruinen bewerkstelligte und sie, so gut es ging, durchforschte, eine Arbeit, die nicht gering war, denn allein die Beseitigung der üppigen tropischen Vegetation, welche die Ruinen umhüllte, erforderte mehrere Tage. Er hat denn auch manche sehr interessante Beobachtungen gemacht. So fand er deutliche Anzeichen dafür, daß die runde Ruine im Thale einmal belagert und erstürmt worden sein muß. Alle Eingänge waren zugemauert, und eine Bresche im schwächsten Teile der Mauer deutete darauf, daß dort ein gewaltsamer Eingang geschaffen worden war. Bent untersuchte auch die beiden Türme in der Thalruine und stellte fest, daß sie massiv sind und keine Räume im Innern enthalten. Die Regelmäßigkeit der Bauart fand er namentlich bei dem größeren Turme bewunderungswürdig. Unsere Abbildung stellt diesen Turm inmitten der zum Teil beseitigten tropischen Vegetation dar; im Hintergrund sieht man die Ringmauer. Die obere Fläche der Ringmauer, welche die Ruine umgiebt, muß nach der Beobachtung des englischen Forschers ursprünglich eine breite, bequeme Promenade gebildet haben.
Die Ruine auf dem Hügel stellte eine starke und nur auf einer Seite zugängliche Festung dar, die ebenso wie die Thalruine erkennen läßt, daß die Bewohner beständig vor feindlichen Angriffen auf ihrer Hut sein mußten. Hier fanden sich auf der Mauer emporragend steinerne Balken, die in die Figur eines sitzenden Vogels ausliefen, von der Art, wie sie der obenerwähnte Willy Posselt schildert. Eine unserer Abbildungen stellt einen solchen Vogel dar, in dem Bent einen Geier erkennen will (s. S. 406). Im Innern der Festung entdeckte der englische Reisende zwei Höhlen, in denen eine große Anzahl flacher Näpfe oder Schüsseln sich vorfand, und zwar sämtlich zerbrochen, so daß der Gedanke, daß es sich hier um absichtlich zertrümmertes Tempelgerät handelt, nicht abzuweisen ist. Diese Schalen, die aus Seifenstein sorgfältig mit dem Meißel gearbeitet waren, trugen zum Teil Darstellungen. Eine solche giebt die untere Abbildung auf S. 406 wieder. Die Darstellung zeigt einen Jäger, der mit dem Speer in der Hand zwei Zebras verfolgt. Vor ihm ist ein Vogel mit ausgebreiteten Flügeln zu sehen und hinter ihm ein Hund und anscheinend zwei Flußpferde. Endlich fand Bent auch einen aus sehr hartem Cement errichteten Schmelzofen, der offenbar zum Goldschmelzen gedient hatte, denn daneben lagen Quarzstücke und Schmelztiegel mit Spuren
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 405. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0405.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)