verschiedene: Die Gartenlaube (1896) | |
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Beilage zu No. 24. 1896.
Friedrich Dittes †. Unter den Schulmännern der Neuzeit, die sich um die Hebung der Volksschule besondere Verdienste erworben haben, nimmt Friedrich Dittes, der nach langem Leiden am 15. Mai in Wien sein arbeitsreiches Leben beschlossen hat, einen hervorragenden Rang ein.
Er war am 23. September 1829 zu Irfersgrün im sächsischen Vogtlande geboren und zunächst als Volksschullehrer thätig. Bald aber erweiterte er durch eifriges Studium seinen Wissenskreis derart, daß er im Jahre 1865 Direktor des Lehrerseminars in Gotha und Schulrat in der Unterrichtsabteilung des dortigen Ministeriums wurde. Auf Lehrerversammlungen und als Schriftsteller trat er lebhaften Geistes für die Hebung des Volksschulwesens und größere Durchgeistigung des Unterrichts ein; so gab er den Anstoß zur Reform der sächsischen Lehrerseminare. Sein Ruf als Pädagoge verbreitete sich rasch über die Grenzen seiner Heimat. Im Jahre 1868, in welchem auch sein „Grundriß der Erziehungs- und Unterrichtslehre“ erschien, wurde Dittes nach Wien berufen, wo er das neu errichtete Lehrerpädagogium in mustergültiger Weise organisierte und später im Landesschulrate und auch im Reichsrate als Vertreter Wiens thätig war. Doch veranlaßten ihn amtliche Konflikte, die seine liberale Richtung ihm zuzog, schon 1881 seine Pension zu nehmen. Seine zahlreichen Schriften wie das von ihm herausgegebene „Pädagogium“ haben einen bedeutenden Einfluß auf die deutsche Lehrerwelt ausgeübt.
Das Landesgewerbemuseum in Stuttgart. Im Jahre 1850 zog in Stuttgart in die Legionskaserne, einen alten, weitläufigen, aber etwas düster dreinschauenden Bau an der Ecke der Königs- und Marienstraße, eine neue Schöpfung ein. Es war das württembergische Landesgewerbemuseum, das erste Institut dieser Art in Deutschland. Trefflich geleitet, wurde es bald allen Hoffnungen, die man auf seine Gründung gesetzt hatte, gerecht, und sein Ruf drang weit über die Grenzen des Schwabenlandes hinaus. Nach allen Seiten hin spendete es die reichhaltigste Belehrung und gab immer neue Anregung zu rüstigem Schaffen in Handel und Gewerbe. Kein Wunder, daß nach Jahrzehnten, da die Bedeutung des Instituts sich der allgemeinen Anerkennung erfreute und seine Sammlungen in ungeahntem Maße herangewachsen waren, die maßgebenden Kreise es als ihre Ehrenpflicht erachteten, dem so berühmt gewordenen Landesgewerbemuseum ein neues, würdiges Heim zu bereiten. In der That scheute man kein Opfer und schuf einen Prachtbau, der nunmehr in seinen freundlichen, lichten Räumen die Schätze des heimischen Gewerbefleißes bewahrt. Nach dem Entwurf des genialen Architekten Skjöld Neckelmann, der als Professor an der Stuttgarter Hochschule wirkt, und unter dessen Leitung ist der Monumentalbau in prächtigem lichtgelben württembergischen Keupersandstein errichtet. Eine Fläche von 7056 qm bedeckend, erhebt er sich, in schönen kraftvollen Formen der Spätrenaissance gehalten, zwischen der Canzlei-, Schloß-, Linden- und Hospitalstraße und würde noch mehr zur Geltung kommen, wenn ihm ein freierer Platz gewährt worden wäre. An den langen Straßenfronten des Gebäudes wirken die Kuppelbauten in den Ecken, Säulen und Pfeiler, sowie zahlreiche sinnbildliche Figuren außerordentlich belebend. Auch die inneren Räume zeichnen sich bei aller Rücksicht auf die Zweckmäßigkeit durch einen Anmut und Würde vereinenden Schwung aus. Die edle künstlerische Anordnung tritt namentlich in dem Vestibüle, der Haupttreppe und dem großen Lichthof zum Vorschein. Letzterer, „König Karls-Halle“ genannt, mit einem Wandgemälde von Ferdinand Keller geschmückt, hat 600 qm Bodenfläche und dient den Ausstellungszwecken. Die feierliche Eröffnung des neuen Landesgewerbemuseums fand am 6. Juni statt; sie wurde mit einer Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe verbunden, über die wir in einer unsrer nächsten Nummern ausführlicher berichten werden.
Das Ranke-Denkmal in Wiehe. Gelegentlich der Feier des hundertsten Geburtstages des großen Geschichtsforschers Leopold v. Ranke, der am 21. Dezember vorigen Jahres begangen wurde, haben wir in der „Gartenlaube“ (vergleiche Jahrg. 1895, S. 872) auch des Einflusses gedacht, den der Geburtsort des Gelehrten auf dessen geistige Entwickelung ausgeübt hat. Die Stadt Wiehe, die sich rühmen kann, Leopold v. Ranke ihren Sohn zu nennen, hat nunmehr das Andenken an ihn durch ein Denkmal verherrlicht, zu dessen Errichtung Beiträge aus ganz Deutschland, namentlich von den Universitäten, vor allem aus Jena und Halle, ja selbst aus dem Auslande eingegangen sind. Die Einweihung desselben fand am 27. Mai statt. Vertreter der Regierung, sowie einige Mitglieder der Familie v. Ranke haben an ihr teilgenommen. Der Historiker Professor Dr. Theodor Lindner aus Halle a. d. Saale hielt die Weiherede, welche die unvergänglichen Verdienste Rankes beleuchtete. Das Denkmal, dessen Abbildung wir obenstehend bringen, besteht aus einem viereckigen Sockel von rotem schwedischen Granit mit der Bronzebüste des Gefeierten, die Stufen sind von grauem Syenit. Die Büste ist nach einem von Professor Drake geschaffenen kleineren Modell von Schimmelpfennig in größerem Maßstabe ausgeführt. Das Denkmal ist auf dem Platz neben dem Rathause aufgestellt und macht einen überaus vorteilhaften Eindruck. Es trägt die einfache Inschrift: „Leopold v. Ranke, geboren am 21. Dezember 1795 zu Wiehe“.
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 408a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0408_a.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)