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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0442.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

der Csikos oder Roßhirten. Den Beschluß bildet das Zigeunerviertel.

Das Leben und Treiben in der Hauptstadt Ungarns gestaltet sich immer farbenreicher. Ein Fest jagt das andere, Enthüllungen von Denkmälern, Einweihungen von Neubauten für öffentliche Zwecke, an die hundert Kongresse, die hier der Reihe nach stattfinden, sorgen dafür, daß der Tausendjahrjubel nimmer aufhört.

Weniger geräuschvoll gestaltet sich eine andere ausländische Ausstellung. In dem herrlichen Genf haben sich die zweiundzwanzig Kantone der Eidgenossenschaft vereinigt, um in einer Landesausstellung zu zeigen, welche Fortschritte Industrie und Landwirtschaft, Kunst und Wissenschaft, Staats- und Gemeindewesen in der Schweiz gemacht haben. Am Fuße des Mont-Salève, dort, wo die reißende Arve in den Rhonestrom mündet, stehen die vieltürmigen und bunt bekuppelten Bauten der Ausstellung. Dieselbe ist in siebenundvierzig Gruppen eingeteilt, was schon allein den Beweis liefert, wie mannigfaltig der Arbeitsfleiß der Schweizer sich gestaltet hat, wie rastlos, emsig und geschickt man dort in den Thälern hinter den Bergen wirkt und schafft. Wir können hier in unsrer gedrängten Uebersicht auf die zahllosen interessanten Einzelheiten nicht eingehen und müssen uns damit begnügen, daß wir nur einige der Sehenswürdigkeiten hervorheben. Der zugereiste Fremde betrachtet mit großem Interesse das elegante Gebäude, das von den Schweizer Hotelbesitzern eigens für die Hotelindustrie errichtet wurde. Da ist alles mustergültig vom Schlafzimmer bis zum Wirtschaftsraume; und unwillkürlich regt sich in einem der Wunsch, daß man solchen Einrichtungen überall auf Reisen und nicht nur auf Ausstellungen begegnen möge. Würdig ist die altberühmte schweizer Uhrenindustrie vertreten, interessant sind die Einrichtungen für die Milchwirtschaft; aber zwei Gruppen werden vor allem die Neugier der Besucher erwecken und in hohem Maße befriedigen.

Genfer Ausstellung: Wirtschaft aus Bleienbach (links) und Wirtschaft zur Treib (rechts).
Nach einer Photographie von Fréd Boissonnas in Genf.
Mit Genehmigung des Schweizerdorf-Komitees.

Genf ist eine berühmte Stätte der Wissenschaft. Genf ist die Vaterstadt des berühmten Chemikers und Physikers Raoul Pictet, der mit stärkster Kälte und stärkstem Druck arbeitet und die widerspenstigsten Gase flüssig und fest zu machen versteht. Pictet hat nun auf der Ausstellung einen Kältepavillon errichtet, in welchem dem Publikum alle Wunder der Kälteindustrie vorgeführt werden. Man sieht dort die verschiedensten Eismaschinen, die in kürzester Zeit gewaltige Wassermengen in Eisblöcke verwandeln, und selbstverständlich fehlt auch nicht der Pictetsche Kälteapparat, in welchem unglaubliche Kältegrade bis 200° C unter Null erzeugt werden. Der Besucher kann nun mit eigenen Augen schauen, wie man Luft in klare Flüssigkeit verwandelt – eine Flüssigkeit, die bei –213° C siedet! Dort ist auch ein origineller Springbrunnen in Thätigkeit, der Wasserstrahl fällt in ihm auf einen Eisblock nieder der niemals, selbst nicht in den Strahlen der Sonne auftaut, da in seinem Innern eine Kältemischung kreist. Die verschiedensten Verwendungen der Kälte für Industriezwecke werden vorgeführt, Kohlensäure und Acetylengas flüssig gemacht. Schließlich schuf R. Pictet auch eine „Kälterestauration“, in der allerlei Gefrorenes geboten wird – bis zu der Seltenheit eines gefrorenen Cognacs!

Die größte Anziehungskraft unter allen Sehenswürdigkeiten der Genfer Ausstellung übt aber zweifellos das Schweizerdorf aus. Es ist in ähnlicher Weise wie das ungarische Millenniumsdorf zusammengestellt. Jeder der zweiundzwanzig Kantone hat hier seine interessantesten eigenartigsten Häuser errichtet, und aus diesem bunten und originellen Material hat man die Straße eines schweizerischen Städtchens und ein Schweizerdorf zusammengefügt. Ueber ihm aber sind auf einem künstlichen Gebirge hübsche Sennhütten zerstreut, die man in verschiedenen Gegenden abgetragen, nach Genf gebracht und hier wieder aufgestellt hat. Diese prächtige Anlage wirkt um so mehr, als sie wirklich bewohnt ist. Wir sehen hier die kleinen Handwerker hantieren und Industrien ausüben, die für einzelne Hochthäler der Schweiz charakteristisch sind. Auch die Sennen mit ihren Herden sind erschienen. An schönen Tagen werden im Dorfe Alpenfeste mit Schwingen und Ringen abgehalten. Dann wimmelt es von prächtigen, originellen Nationalkostümen, dann erschallen laut Juchzer und Jodeln, dann treten dem Beschauer gar deutlich fröhliche Sitten und Lebensgewohnheiten der Schweizer entgegen.

Sicher wird dieses Dorf selbst dem in der Schweiz bewandertsten Touristen vielfach neue Belehrung bringen und zahlreiche Besucher nach dem schönen Genf an den Ufern des blauen Leman locken. Die Schweizer können aber mit hoher Genugthuung auf das Geschaffene blicken; die Ausstellung beweist auf Schritt und Tritt, daß sie in Wissen und Können durchaus auf der Höhe der Zeit stehen, und aus dieser Ueberzeugung mögen sie den Mut zu weiterem rüstigen Vorwärtsschreiten schöpfen!

Wir beschließen hiermit unsere Rundschau über die wichtigsten Ausstellungen des Jahres 1896. Der Sommer ist gekommen und er lockt Millionen Menschen aus den Städten und Städtchen heraus, die große Flut der Reisenden wogt schon vom Fels zum Meer auf und nieder. Und wer auch nur zur Erholung und zum Vergnügen reist, der versäume ja nicht Halt zu machen vor den Thoren der Ausstellungen, der widme ihnen einige der freien Tage; er wird es nicht bereuen; durch neue Eindrücke belebt, durch das Geschaute reich belehrt, wird er hochbefriedigt heimwärts ziehen.


Der Roman einer Königin.

Historische Novelle von Emil Peschkau.

     (Schluß.)

„Das ist ja reizend hier,“ sagte Roche Talmont fast heiter, als er die helle freundliche Zelle betrat. „Man sieht den blauen Himmel und – wahrhaftig, die Bäume sind ja schon grün geworden! Hier also soll ich wohnen – bis …?“

Er fuhr mit der Hand nach dem Halse und seine Züge blieben so ruhig, als handelte es sich um eine Spielerei. Er hatte sich überhaupt wenig verändert, nur etwas bleicher war er geworden.

Die Wache nickte und verließ dann das Zimmer. Man hörte den schweren Riegel vorfallen, aber nur wenige Minuten vergingen und schon öffnete sich wieder die Thür.

Ein Aufschrei, der den Lauscherinnen das Blut in den Adern gerinnen machte – ein zweiter – und Donna Luisa lag an der Brust des Marquis.

Nach einer Weile löste dieser sanft ihre Arme von seinen Schultern, nahm ihre Hände und sah sie zärtlich an.

„Armes Kind!“ sagte er. „Bist Du es wirklich? Erst glaubte ich zu träumen.“

„Mein Vater ist tot, Philipp,“ stammelte sie, „alle Hindernisse sind beseitigt, ich kam mit einem Brief der Infantin zur Königin.“

Roche Talmont preßte die Lippen zwischen die Zähne, ein leiser Schatten flog über seine Züge.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 442. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0442.jpg&oldid=- (Version vom 11.3.2024)
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