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Seite:Die Gartenlaube (1896) 0820.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

mit seinem neuesten Werke wieder in die Bahnen ein, auf denen er zuerst zu Ruhm und Beliebtheit gelangte. Seiner „Hochzeitsreise in die Schweiz“ läßt er jetzt als Gegenstück eine „Hochzeitsreise nach Italien“ folgen (Stuttgart, Verlag der „Union“). Die Fülle von Poesie, welche die drei Worte des Titels heraufbeschwören, findet sich auf den zahlreichen Blättern dieser prächtigen Bildermappe in einer Weise versinnlicht, die dem jungen Menschenpaar, das unter dem Himmel Italiens die Wonnen seines Honigmonds genießt die gleiche Rücksicht schenkt wie der zaubermächtigen Schönheit der italienischen Landschaft, den blauen Seen zwischen Locarno und Como, den herrlichen Städten Oberitaliens von Genua bis Venedig. Und die Poesie einer solchen Reise ist auch solchen nicht fremd, welche nicht in der Lage waren, für den Traum der Brautzeit von ewigem Lenz und ewigem Glück in den Orangenhainen der Isola madre Bestätigung zu suchen, in denen wirklich ein ewiger Frühling herrscht. In diesen herrlichen Gegenden hat die Kunst der Dichter und Maler uns alle heimisch gemacht, und Mignons Sehnsuchtslied mit seinem Lockruf: „Dahin, dahin – möcht’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!“ – welchem Mädchenherzen wäre es fremd geblieben? Wer aber nun gar, ein treues Lieb an der Seite, wirklich dieselben Straßen gezogen ist, auf denen wir auf Allers’ Bildern das junge lebensfrohe Paar das eigene Herzensglück im Einklang mit der Schönheitswelt des Südens genießen sehen, wer wie sie mit der Gotthardbahn nach Lugano, in sanftschaukelndem Nachen nach den Borromeischen Inseln, in der schlanken Gondel Venedigs durch den Canale Grande in die Lagune zur Piazetta gefahren ist, auf welche die leuchtende Front des Dogenpalastes ihren magischen Schein wirft… dem erneut sich durch die lebendige Darstellung das einstige eigne Glück, und holdselige Träume, süß wie Magnolienduft, versetzen uns zurück in jene Tage, deren Symbol das strahlende Blau des südlichen Himmels war!

Ankunft auf italienischem Boden.

Wie es dem Künstler auch diesmal wieder gelungen ist, während er gleichsam eine Novelle in Bildern erzählt und die Schicksale seines Hochzeitspärchens uns vorführt, auch das reichbewegte Volksleben jener Stätten und das für den Fremdenverkehr dort Typische vortrefflich zu charakterisieren, davon liefern die drei Bilder, die unsere Nummer auf S. 805 und nebenstehend wiedergiebt, bezeichnende Proben. Man braucht kein Hochzeitsreisender zu sein, um in ähnlicher Weise und mit gleicher Freude an der Umgebung die Gondelfahrt zu genießen, die jeden Ankömmling in Venedig vom Bahnhof zu seinem Gasthofe bringt. Den lärmenden Attacken einer trinkgeldhungrigen Straßenjugend ist überall in Italien jeder ausgesetzt, der auf irgend einer Ankunftsstation sich unterfängt, sein Gepäck persönlich tragen zu wollen. Und auf dem Markusplatz in Venedig, wo die dem Schutzpatron der Stadt geweihten Tauben zu Hunderten sich herumtreiben, immer bereit, das ihnen dargebotene Futter mit großer Zutraulichkeit auch aus fremder Hand aufzupicken, gehören Bilder von ähnlicher Anmut wie das untenstehende zur täglich sich erneuernden Staffage. Die herumflatternden schmiegsamen Tauben mit ihrem schimmernden Gefieder treten dabei in ein reizvolles Wiederspiel mit den graziösen Bewegungen weiblicher Jugend. Und Futter ist immer zu haben. Mitten unter den Markustauben bewegen sich die Händler, die mit unerschütterlichem Gleichmut ihre Tüten mit Korn ausbieten: „Compra grano per i colombi!“P.     

Die Tauben auf dem Markusplatz in Venedig.
Aus dem Prachtwerk „Hochzeitsreise nach Italien“ von C. W. Allers.
(Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart.)

Der Wald in Deutschland. Das Deutsche Reich hat eine Bodenfläche von 540 483 qkm. Fast ein Zehntel davon ist „unproduktiver Boden“, der mit Gewässern, Wegen, Haus und Hofräumen bedeckt ist; nahezu die Hälfte (47,8 %) hat der Mensch in Acker und Gartenland verwandelt; Wiesen, Weiden und Hütungen erstrecken sich über 16% der Fläche und der Wald bedeckt ein Viertel der Fläche des deutschen Bodens. Deutschland steht in dieser Hinsicht hinter Oesterreich-Ungarn und Rußland, in welchen Ländern die Waldungen sich über 30% und 35% der gesamten Bodenfläche erstrecken. Es ist aber gottlob noch lange nicht so entholzt wie Frankreich, dessen Waldbestand nur 17% der Bodenfläche beträgt, oder gar Großbritannien, wo Wälder selten geworden sind und nur 3% des Landes einnehmen. Unter den deutschen Staaten ist Baden der waldreichste. Der Wald macht hier 37% der Gesamtfläche aus; nach ihm folgt Bayern mit 33%, die thüringischen Staaten mit 32%, Hessen mit 31%, Württemberg und Elsaß-Lothringen mit je 30%. Preußen und Sachsen halten die Mitte mit etwa 25%, während Oldenburg mit nur 10% als das waldärmste Land im Deutschen Reiche bezeichnet werden muß. Im Laufe der Zeit ist der Wald nicht nur räumlich zurückgegangen; auch sein Charakter hat sich verändert. Der Laubwald ist immer mehr zurückgetreten, während der genügsamere Nadelwald verhältnismäßig an Verbreitung gewonnen hat. So hat Bayern nur eine halbe Million Hektar Laubwald und 2 Millionen Hektar Nadelwald, während in Preußen 2½ Millionen Hektar Laubholz 5½ Millionen Hektar Nadelholz gegenüberstehen.

Versteckt. (Zu dem Bilde S. 817.) Den strammen Holsteiner Bootsführer hat die Sehnsucht nach seiner jungen Frau, kaum daß er an Land war, schnell nach Hause getrieben; das hübsche spitzbübische Weibchen aber will ihm den Genuß des bereitgestellten Kaffees noch durch eine vorhergehende kleine Enttäuschung erhöhen und versteckt sich hinter dem großen Glasschrank, dem Prunkstück ihrer Ausstattung, aus welchem die blitzblanken Kannen und Gläser so angenehm hervorleuchten. Suchend blickt er zur Thüre herein: nichts zu sehen als die hingeworfene Arbeit und die Wärmkiepe vor dem Stuhl. Aber o! er kennt bereits die Schelmenstreiche seines Weibchens und späht aus, natürlich mit dem Ungeschick eines Seebären nach der verkehrten Seite. Nun, bei den Raumverhältnissen seines jungen Haushalts wird er nicht lange zu suchen brauchen und dann seinen Kaffee so bald und so warm bekommen, als es unter diesen verheißungsvollen Aussichten nur immer möglich ist. Bn.     


Inhalt: Die Geschwister. Roman von Philipp Wengerhoff (10. Fortsetzung). S. 805. – Gondelfahrt in Venedig vom Bahnhof zum Hotel. Bild. S. 805. – Mehr Ruhe! Ein hygieinischer Mahnruf von vr. A. Kühner. S. 808. – Schwarzwild im Schnee. Bild. S. 809. – Die Wasserwunder von Plitvice. S. 811. (Zu dem Bilde S. 813.)– Kindersüßchen. Novelle von Victor Blnthgen (Schluß). S. 812. – Die Plitvicer Seen in Kroatien. Bild. S. 813. – Aus Karl Vogts Jugendzeit. Von Johannes Proelßs. 816. – Versteckt. Bild. S. 817. – Blätter und Blüten: Schwarzwild in Schnee. Von Karl Brandt. S. 81n. (Zu dem Bilde S. 809.) Allers’ Hochzeitsreise nach Italien. S. 819. (Zu den Bildern S. 805 und 820.) – Der Wald in Deutschland. S. 820. – Versteckt. S. 820. (Zu dem Bilde S. 817.)


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 820. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0820.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2023)
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