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Seite:Die Gartenlaube (1897) 159.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

Napoleons wieder, in dem die Gesichtszüge durch Leichen dargestellt sind, die wohl an die Opfer der Schlachten gemahnen sollen. An Stelle des Herzens webt eine Spinne inmitten ihres Netzes. Das Epaulett wird von starker Hand gebildet, die das Netz zerreißt. Auf dem Waffenrock sind die Namen der von dem Korsen verlorenen Schlachten eingezeichnet.

Eine Anzahl teilweise recht lebenswahrer Büsten berühmter Persönlichkeiten jener Geschichtsepoche und eine Totenmaske Napoleons mit ihren ernsten Zügen ergänzen die umfangreiche Bildergalerie.

An anderer Stelle finden wir Ordenszeichen, Geldstücke und Denkmünzen aus damaliger Zeit von mehr oder weniger künstlerischer Prägung vor uns ausgebreitet.

Der Hut Napoleons.
Karikatur auf Napoleon I. aus dem Jahre 1814.

Unser Gang durch das Museum führt uns weiter an Bibliotheksschränken vorüber, in denen die einschlägige Litteratur in alten und neuen Werken untergebracht ist, und endet in einem Gemach des zweiten Stockes, in dem es uns wie der Odem stiller Häuslichkeit entgegenweht und Reliquien freundlicheren Aussehens allerlei intime Dinge ausplaudern. Zwar fallen auch hier ein paar haarscharfe Klingen auf, aber sie sind friedlichen Zwecken gewidmet. Bartmesser mit dunklen geschnitzten Griffen sind es, deren sich Napoleon einst bediente und die ihm so lieb waren, daß er sie testamentarisch seinem Sohne vermachte. Eine Tasse mit dem Bilde „Werther, vor Lotte knieend“, die der große Korse mit gewohnter Hast oft geleert haben mag, ist wohl geeignet, die Ueberlieferung der Geschichte zu bestätigen, daß der Franzosenkaiser ein warmer Verehrer unseres Dichterfürsten gewesen ist.

Auf den Platz dicht daneben fällt ein Sonnenstrahl und läßt eine auf silbernem Grund in Gold und blauem Schmelz gestickte Morgenhaube aufleuchten, und vor unserem Geiste taucht das edle Antlitz der Königin Luise von Preußen auf, das von derselben einst umrahmt ward. Das Auge der Königin, das so mild blickte, hat sich freilich allzufrüh – schon 1810 – geschlossen und die Befreiung des deutschen Volkes von schmachvoller Tyrannei nicht mehr schauen können, und die Haarwelle, die hier hinter Glas und Rahmen verwahrt ist, hat nicht das Alter, sondern wohl die Sorge um das geliebte Vaterland gebleicht. Aber was diese seltene Frau in der kurzen Spanne Zeit ihres Wirkens als Königin gethan hat, das ist mit goldenen Lettern in die Tafeln der Geschichte eingezeichnet. Sie war es, die den König, ihren Gemahl, als er in den schweren Zeiten der Not und Erniedrigung, die über die deutschen Lande gekommen waren, fast verzagen wollte, aufrichtete und an die seiner harrende große Aufgabe zurückführte. Und als es an den für die Lösung derselben nötigen Geldmitteln gebrach, opferte sie ihr kostbares Geschmeide auf dem Altare des Vaterlandes und ward ein leuchtendes Vorbild für die deutschen Frauen und Mädchen jener Zeit, die später sämtlich kamen und mit rührendem Opfermut ihren Schmuck darbrachten. Allen denen, die in hochherziger Weise damals ihre Trauringe spendeten, wurden – welch’ sinnige Gegengabe! – Ringe von Eisen mit der Inschrift „Gold gab ich für Eisen 1813“ eingehändigt. Wir gedenken mit Stolz dieser einmütigen Opferwilligkeit und verkennen nicht, welch’ großen Anteil auch die Frauen an der völkerbefreienden That von 1813 gehabt haben.

Das letzte Stück der umfangreichen Sammlungen ist besichtigt, und uns ist, als hätten wir das letzte Blatt eines reich illustrierten Geschichtswerkes umgeblättert, dessen Inhalt uns begeistert hat und uns gar viel zu denken giebt. Und unter diesem Eindruck nehmen wir uns innerlich das Versprechen ab, die große Zeit der Befreiungskriege über den Erfolgen der neuesten Geschichte nie vergessen, sondern ihr immerdar ein dankbares Gedenken bewahren zu wollen.

Und wenn wir uns dann in weihevoller Stimmung wieder ins Freie begeben, auf den weiten Schlachtenplan hinaus, da muß es uns um so mehr befremden, daß man der großen, der gewaltigen Zeit, die uns die Achtung vor uns selbst wiedergegeben, der wir Ordnung und Wohlstand unser liebes teures Vaterland und mit ihm alles, alles verdanken, noch kein sichtbares Zeichen der Dankbarkeit errichtet hat! Doch man hat sich neuerdings dieser Pflicht besonnen. Ein Preisausschreiben für deutsche Künstler zur Beschaffung von Plänen eines Völkerschlachtdenkmals hat die Angelegenheit wesentlich gefördert, und für die im Reiche wie unter den Deutschen im Auslande ins Werk gesetzte Geldsammlung sind schon früher namhafte Beiträge eingegangen. (Sammelstelle bei Clemens Thieme in Leipzig, An der Pleiße Nr. 12, wohin alle Geldspenden zu senden sind.) Aber sie reichen noch bei weitem nicht aus, um etwas Ganzes, der großen Sache Würdiges zu schaffen. Und so wenden wir uns an alle, die ein deutsches Herz in der Brust schlagen fühlen: bringe jeder sein Scherflein herbei, so klein es auch sei, damit wir endlich die alte Dankesschuld abtragen können!

Vom Niederwald ragt ein mächtiges Wahrzeichen zur Erinnerung an das Jahr 1870 gen Himmel auf! Sorgen wir dafür, daß auch die denkwürdige That von 1813, ohne die es kein 1870 gäbe, kein Reich, keine deutsche Kaiserkrone – auf Leipzigs Schlachtgefilde ein weithin erkennbares Denkmal deutschen Dankes, deutscher Treue und Einigkeit erhalte!

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_159.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2021)
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