verschiedene: Die Gartenlaube (1897) | |
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Die „Gesellschaft der Waisenfreunde“. Seit zwanzig Jahren besteht in Deutschland ein Verein, der sich „Gesellschaft der Waisenfreunde“ nennt und in Leipzig seinen Sitz hat. Ueber sein Wirken hat die „Gartenlaube“ wiederholt, zuletzt auf S. 164 des Jahrgangs 1895 berichtet; dasselbe geht dahin, verwaisten Kindern ein Familienheim zu schaffen. Die Kleinen werden kinderlosen Ehepaaren anvertraut, falls dieselben sich verpflichten, die Waisen wie eigene Kinder zu erziehen. Bis jetzt ist es der Gesellschaft gelungen, gegen 90 Waisen zu versorgen, und ein großer Teil derselben ist von den Pflegeeltern adoptiert worden. Durch diese Thätigkeit ist viel Elend verhütet und in manches kinderlose Haus friedliches Glück gebracht worden. Seine Erfolge verdankt der Verein vor allem der aufopferungsvollen Thätigkeit seines Geschäftsführers, des Schuldirektors a. D. C. O. Mehner, der gegenwärtig in Hartenstein-Stein, Sachsen, seinen Wohnsitz hat. In dem vor kurzem erschienenen Bericht für das Jahr 1896 bittet die Gesellschaft alle Menschenfreunde, kinderlose Ehepaare auf ihr Bestehen aufmerksam zu machen. Nicht minder wertvoll ist ihr aber auch der Nachweis, wo sich unversorgte Waisenkinder befinden, da auch im vorigen Jahre der Wunsch mehrerer kinderloser Ehepaare, Waisen an Kindesstatt anzunehmen, nicht befriedigt werden konnte. Anfragen und Mitteilungen sind an den obengenannten Geschäftsführer der Gesellschaft zu richten. *
Straßenhandel in Kairo. (Zu dem Bilde S. 377.) Sie haben sich kühnlich und ganz allein in den Bazar gewagt, die beiden hübschen deutschen Mädchen, ohne ein Wort Arabisch oder eine Silbe Türkisch. Aber sie fühlen, daß Abu-ben Simr und Mehmed, die braunen Führerjungen der weißen Esel, ihr Vertrauen nicht täuschen werden, und so geht’s mutig vorwärts. Da sind sie nun im wimmelnden Ameisenhaufen. Gäßchen schiebt sich in Gäßchen hinein, Bretterdächer von Haus zu Haus, vergitterte Fenster, reizend geschnitzte Balkone, deren Arabesken die heißen Sonnenstrahlen fein herausheben; hier ein verschwiegener Hof, dort ein dämmerndes Gewölbe. Wie geheimnisvoll dies matte Dämmerlicht die Menschen macht und die Waren! Hier, beim Waffenschmied, wildblickende Kurden, die phantastische Märchengewänder und flatternde Mähnen zur Schau tragen, dort Cirkassier, Neger, Beduinen auf Kamelen, Juden und Armenier. – „Bak madama,“ sagt Mehmed und leitet sein Eselchen an dem Budengewirr vorüber, „kaufe nicht beim Jahudi, denn der übervorteilt dich, und auch nicht beim Armenier, denn zwei Jahudi machen erst einen von jenen, und auch nicht beim Griechen, denn zwei Jahudi und drei Armenier geben erst einen Griechen, komm mit mir zu Ahmet-Ayha, meinem Glaubensfreunde.“ – Also vorbei an den alten Kleidern und den neuen Musselinen, vorbei an blinkenden Waffen und blitzendem Golde, an Pantöffelchen und Perlmutter, mit edlem Holze gepaart! Hier ist Ahmet-Ayha, welcher Pembesari, ein feines gekrepptes, meist mit Goldfäden durchwirktes Gewebe, verkauft. Der Händler ist braun von Gesicht und weiß von Bart. Ibrahim, der schwarze Diener, steht hinter ihm in der Thür und entrollt den spinnwebzarten, wolkigen Stoff für die fremde Dame und Hamdi-ben-Ahmet, der Sohn, schaut dem Alten über die Schulter. „Vier Piaster der Pik? Das ist zu viel,“ sagt die hübsche Eselreiterin, denn sie erkennt an dem Ellenmaß des Schwarzen, daß der Pik nur etwa einen halben Meter lang ist. Sie blickt in Mehmeds Gesicht und nach ihrer Schwester zurück, die in der Nähe mit einem Griechen um eine Goldperlenkette handelt. Doch Mehmed mahnt: „Folge du mir, schöne Herrin, sieh Ahmet-Ayha, meinem Freunde, ins Angesicht und gieb ihm zu den vier Piastern noch einen Dank, du hast ein besseres Teil erwählt als deine Schwester, die ihr Geld den Ungläubigen in den Rachen wirft.“ „Aber ich bin selbst ungläubig,“ meint die kleine Schöne, und Mehmet) antwortet galant: „Allah verzeiht der Holdseligen!“ B. S.-S.
Bombe kommt! (Zu dem Bilde S. 385.) An Erinnerungen aus dem großen Kriege vom Jahre Siebzig hat es in den letzten Jahren nicht gefehlt; unser Bild auf S. 385 – nach einem Gemälde des bekannten Schlachtenmalers E. Hünten – versetzt uns noch weiter zurück, indem es eine kleine von dem Künstler an Ort und Stelle beobachtete Episode aus dem Feldzuge gegen Dänemark im Jahre 1864 auf äußerst lebendige Weise darstellt. – Es war in den letzten Tagen vor dem Sturme auf die Düppeler Schanzen, die nicht nur wahre Meisterwerke der Befestigungskunst, sondern auch mit einer zahlreichen Artillerie ausgerüstet waren. Von dem Corps des Prinzen Friedrich Karl, das nach dem Eintreffen der Garden und der Brigade Raven im ganzen 41 Bataillone zählte, war eine kleine Patrouille Brandenburger vom 64. Infanterieregiment behutsam in dem Gelände zwischen den am 30. März eröffneten Parallelen und den im Hintergrunde sich erhebenden Düppeler Bergen, an denen die Schanzen lagen, vorgegangen. Plötzlich fiel ganz in ihrer Nähe eine mächtige dänische Bombe, so ein richtiger „Bengel“ von einer Bombe, nieder und im Nu lagen die Brandenburger auf den Zuruf des Patrouillenführers hinter einer Einfassung von Feldsteinen platt auf dem Boden und warteten nun in atemloser Spannung auf das Zerplatzen des Geschosses. Die aus den glatten Mörsern in hohem Bogen geworfenen Bomben sind mit einem Brennzünder versehen, den man vorher in solcher Länge abschneidet, daß seine Brennzeit möglichst der Flugzeit der Bombe entspricht. Letztere ist nämlich hohl und enthält eine Sprengladung, welche von der nach innen durchschlagenden Flamme des Zünders zur Explosion gebracht werden soll. Dieser Augenblick des „Krepierens“ – wie der Artillerist sagt – tritt am günstigsten dann ein, wenn die Bombe sich noch in 11/2 bis 2 Meter über dem Erdboden befindet. Das war nun bei dem „Bengel“ von Bombe, der so dicht bei der Patrouille niedergefallen war, nicht geschehen, vielmehr brannte der Zünder noch immer fort, während die dicke Hohlkugel dort im Grase lag. In solchem Falle ist das Niederwerfen das beste Schutzmittel, da die Sprengstücke einer auf dem Boden liegenden Bombe erfahrungsmäßig mehr nach oben, als seitwärts fliegen. Es sollte aber diesmal überhaupt nicht zu einem „Knalleffekt“ kommen: der Zünder war offenbar schlecht gewesen, nach einer kleinen Weile stieg das blaue Rauchwölkchen nicht mehr empor und der „Bengel“ blieb ganz ruhig liegen. Sobald das die Brandenburger sahen, sprangen sie wieder in die Höhe, lachten über den unnötigen Schreck, den ihnen die dänischen „Bombenschmeißer“ da drüben verursacht hatten, und ergötzten sich eine Weile damit, sich die Bombe wie eine Kegelkugel abwechselnd zuzurollen. Dann setzten sie frohen Mutes ihren Patrouillengang fort. E. M.
Inhalt: Die Hexe von Glaustädte. Roman von Ernst Eckstein (3. Fortsetzung). S. 373. – Straßenhandel in Kairo. Bild. S. 377. – „’s ist nichts so fein gesponnen –“ Eine postalische Plauderei. S. 378. – Die Gartenbau-Ausstellungen in Berlin und Hamburg. S. 378. Mit Abbildungen S. 373, 379 und 380. – Auf der Schaukel. Bild. S. 381. – Aus Mitleid. Novelle von Emma Merk (Schluß). S. 382. – Aus der Vogelwelt. Aufzeichnungen von J. G. Fischer. S. 384. – Bombe kommt! Bild. S. 385. – Blätter und Blüten: Die „Gesellschaft der Waisenfreunde“. S. 388. – Straßenhandel in Kairo. S. 388. (Zu dem Bilde S. 377.) – Bombe kommt! S. 388. (Zu dem Bilde S. 385.) – Rosenzeit. Bild. S. 388.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_388.jpg&oldid=- (Version vom 6.7.2023)