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Das vierhundertjährige Jubiläum der Leipziger Messen.
Leipzig ist nicht nur von alters her berühmt als Hochsitz der Wissenschaften, sondern auch durch die Bedeutung seines Handels und seiner Messen.
Am 20. Juli dieses Jahres vollenden sich 400 Jahre, seit Kaiser Maximilian I. die drei Leipziger „Jahrmärkte“ (die heutigen Messen) erneuerte, confirmierte und bestätigte. Ueber das Konfirmationsjahr dieser großartigen Handelsinstitution sind wir also unterrichtet, während sich das Geburtsjahr derselben nicht feststellen läßt, denn die Messen sind eben nicht mit einem Male entstanden, sondern haben sich ganz allmählich entwickelt. Nach Hasses „Geschichte der Leipziger Messen“, der wir in nachstehendem hauptsächlich folgen, kann man annehmen, daß mindestens im Jahre 1170 bereits Jahrmärkte in Leipzig stattfanden, denn eine zwischen 1156 und 1170 abgefaßte Urkunde Markgraf Ottos des Reichen ordnet an, daß innerhalb einer Meile Weges um die Stadt kein ihr schädlicher Jahrmarkt abgehalten werden dürfe, eine Bestimmung, die doch nur als Maßregel zum Schutze eines in Leipzig bereits bestehenden Jahrmarktes angesehen werden kann.
Das ist die erste urkundliche Erwähnung der Leipziger Messen. Die Urkunde gestattete Leipzig gleichzeitig ein sehr summarisches, von dem Magdeburger abweichendes Verfahren gegen säumige Schuldner und schuf dadurch die Grundlage für die Sicherheit des Handels während der Märkte. Eine Urkunde Dietrichs von Landsberg vom 1. März 1268 gewährte selbst allen den Kaufleuten, mit deren Landesfürsten er in Krieg verwickelt war, Schutz. Das beweist wiederum, daß die Leipziger Märkte nicht bloß aus den zunächst liegenden Landesteilen, sondern auch von fernher besucht wurden, also schon zu jener Zeit die Benennung von Messen verdient hätten. Daß die Jahrmärkte gerade in Leipzig zu solcher Blüte gelangten, verdankten sie der geographischen Lage der Stadt, welche die Mitte des deutschen Reichsgebietes und zugleich einen Knotenpunkt bildete, an dem die Hauptstraßen aus allen Richtungen der Windrose sich kreuzten oder zusammenliefen. Aber auch der Gewerbefleiß der Einwohner, ihr rühriger selbstthätiger Anteil am Handel, die glückliche Handelspolitik des Leipziger Rates sowie die Gunst wohlwollender Fürsten wie wir schon oben sahen, förderten wesentlich dieses Aufblühen des Handels. Bis zum Jahre 1363 wurde freilich in Leipzig der Marktzoll nicht von der Stadt oder dem Markgrafen selbst erhoben, sondern er war von letzterem an Private als Lehen vergeben, was den Rat bei seinen Anordnungen im Marktwesen überaus beschränkte. Am 20. August 1363 belehnte nun Markgraf Friedrich die Stadt mit dem Marktzoll. Das war für die Regelung des Marktwesens von großer Wichtigkeit.
Auch von seiten der Kirchenfürsten erfreuten sich die Leipziger Märkte besonderer Rücksichtnahme. Die Kirchenstrafen, besonders der Bann, welcher auch über die verhängt wurde, welche andere, mit diesen Strafen Belegte, bei sich aufnahmen, waren geeignet, den freien Verkehr in der Handelsstadt an der Pleiße zu beeinträchtigen.
Es war deshalb für die Freiheit des Verkehrs in Leipzig nicht unwesentlich, daß Papst Martin V. am 26. Juli 1419 eine besondere Vergünstigung für die Fälle erteilte, in denen mit dem Kirchenbann belegte Personen nach Leipzig kommen und sich dort aufhalten sollen.
Für die bessere Zugänglichkeit der Stadt, die besonders den von Westen herkommenden Fremden durch die vielen Flußläufe und das Ueberschwemmungsgebiet derselben erschwert war, sorgte gleichfalls die Kirche. Da die Stadt die hierfür nötigen Kosten nicht aufzubringen vermochte, wandte sie sich an den Bischof Johann von Merseburg, der ihr auch bereitwillig half, indem er die Bewohner seiner Diöcese zu Beiträgen für Herstellung von Brücken und Wegen in Leipzigs Umgebung aufforderte und den Spendern einen vierzigtägigen Ablaß erteilte.
Als eine Förderung der Messen war es ferner anzusehen, daß am 24. Juni 1423 Kurfürst Friedrich I. der Stadt die Gerichte für 1500 rhein. Gulden verkaufte und dadurch die Selbständigkeit und das Ansehen Leipzigs mehrte.
Bis zum Jahre 1458 bestanden nur die Leipziger Oster- und Michaelismarkt, was aus dem ersten Leipziger Meßprivilegium Kurfürst Friedrichs II. vom 1. November 1458 hervorgeht, das den Neujahrsmarkt erst einsetzt. Im Jahre 1497 reihte sich dann das schon eingangs erwähnte Privileg Kaiser Maximilians I. von 1497 betreffs aller drei Märkte an. Dieses „erneuert, confirmirt und bestätigt die drei Leipziger Jahrmärkte“, nämlich eines jeden Jahres einen auf den Sonntag Jubilate anzufangen und bis auf den Sonntag Cantate nächst danach währende, den andern auf den nächsten Sonntag nach St. Michaelis anzusehen, und acht Tage die nächsten danach währende, und den dritten auf den heiligen Neuen Jahrstag anzuheben und auch die nächsten acht Tage danach folgende zu währen. Es verspricht allen, welche die Leipziger Märkte besuchen, den kaiserlichen Schutz. Von besonderer Wichtgkeit aber ist die Bestimmung, welche allen Städten und Flecken in den Bistümern Magdeburg, Halberstadt, Meißen, Merseburg und Naumburg es untersagte, irgend welche neuen Jahrmärkte einzurichten oder Freiheiten dazu zu erwerben. Diesem Privilegium ist es vor allem anderen zuzuschreiben, daß die Leipziger Märkte einen so gewaltigen Aufschwung nahmen, und mit Recht läßt man darum die 400jährige Wiederkehr des Tages, an dem das Privileg erteilt wurde, nicht vorübergehen, ohne dieses Ereignisses in Dankbarkeit zu gedenken.
Aber noch eines Privilegs vom Jahre müssen wir Erwähnung thun, das von demselben kaiserlichen Herrn herrührt und dem fast die gleiche Wichtigkeit beizumessen ist. Es fügt dem vorigen das Recht hinzu, in Leipzig Niederlage und Stapel mit großer und kleiner Ware zu haben, und ordnet an, daß
verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1897, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_436.jpg&oldid=- (Version vom 15.11.2021)