Verschiedene: Die Gartenlaube (1897) | |
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her und läßt den geduldigen Lehrer sich abmühen. Plötzlich aber kommt ihm der Ehrgeiz, endlich, endlich öffnet er den Schnabel, und nun wollen wir dem guten Josele wünschen, daß der nächste Augenblick seine vielen und großen Mühen mit dem verdienten Erfolge kröne!
Jeremias Gotthelf. (Mit Abbildung.) Am 4. Oktober begeht die Schweiz den hundertsten Geburtstag von Albert Bitzius, der unter dem Namen Jeremias Gotthelf zu den besten Volksschriftstellern zählt, welche die deutsche Litteratur mit Werken von Dauer bereichert haben. Er war zu Murten im Kanton Freiburg als Sohn
des dortigen deutschen Pfarrers geboren, ihn selbst brachte der gleiche Beruf ins Berner Land, wo er von 1831 an bis zu seinem am 12. Oktober 1854 erfolgten Tode der Pfarrei Lützelflüh im Emmenthal vorstand. Der warmherzige Anteil seines Gemüts für das Wohl und Wehe der Mitglieder seiner Gemeinde führte ihn zur thatkräftigen Teilnahme an den Kämpfen seiner Kantonsgenossen gegen das Familienregiment der Berner Aristokratie. Er machte ihn aber auch zum unerschrockenen Gewissensrat seiner Bauern in allen Nöten, die von ihren eigenen Schwächen herstammten, und der Trieb, als solcher in weitestem Umfang zu wirken, drückte ihm die Feder zu seinen ersten Erzählungen aus der bäuerlichen Welt des Emmenthals in die Hand. Er bediente sich dabei des Dialekts, den jene sprach, und einer unverblümten kräftigen Ausdrucksweise. Und er redete nicht nur seinen Bauern in ihrer Sprache ins Herz, um ihre Fehler zu bekämpfen und das Gute und Tüchtige in ihnen zu pflegen, er schilderte sie auch selber so echt und treu, als sähen sie sich im Spiegel, aber mit Augen, welche die Selbsterkenntnis geschärft hatte. Hierbei entfaltete Bitzius eine ursprüngliche echt poetische Gestaltungskraft, und so kam es, daß, während seine Schriften in der Heimat die beabsichtigte erzieherische Wirkung thaten, sie auch um ihrer poetische Eigenschaften willen weitum im Schweizer Lande, und bald auch in Deutschland, viele Bewunderer fanden. Mit solch frischer Unmittelbarkeit, mit so tiefer Kenntnis des echten bäuerlichen Wesens und der Schweizer Eigenart waren solche Dorfgeschichten noch nie geschrieben worden, und der starke sittliche Geist des Verfassers, der um der Wahrheit und des Guten willen so ungeschminkt die schlimmen Dinge beim rechten Namen nannte, weckte nicht mindere Sympathien. Als eine hochdeutsche Bearbeitung dieser Volkserzählungen, wie „Dursli, der Branntweinsäufer“, „Käthi, die Großmutter“, „Uli, der Knecht“, „Uli, der Pächter“, „Wie Anna Bäbi Jowäger haushaltet“ usw., dem allgemeinen Verständnis in Deutschland noch näher brachte, da gelangte sie bald auch bei uns zu der verdienten Volkstümlichkeit. Seiner ersten Schrift, „Der Bauernspiegel“, hatte er den Charakter einer „Lebensgeschichte des Jeremias Gotthelf“ gegeben, mit diesem Namen zeichnete er auch seine übrigen Schriften und als Jeremias Gotthelf wurde A. Bitzius berühmt. Als Pfarrherr von Lützelflüh führte er ein glückliches Familienleben, sein Sohn Albert, der gleichfalls Pfarrer wurde, gab eine Auswahl seiner besten kleineren Erzählungen („Elsi“, „Erdbeermareili“ usw.) heraus. Der illustrierten Nationalausgabe der ausgewählten Werke Gotthelfs (F. Zahns Verlag in La Chaux-de-Fonds) ist das Porträt des Dichters von A. Anker entnommen, welches wir untenstehend wiedergeben.
Hunde auf Reisen. Zu den Vorrechten des Hundes, anderen Vierfüßlern gegenüber, gehört unter andern auch das Reisen. Das ist amtlich anerkannt. In so manchem Packwagen in Deutschland befindet sich ein kleiner Zwinger, dessen Bedeutung durch einen aufgemalten Hundekopf niemand in Zweifel läßt, und auf jeder Eisenbahnstation kann man Fahrscheine oder Fahrkarten für Hunde haben, genau so wie für jeden homo sapiens, ja, neuerdings sind sogar Hunderückfahrkarten mit mehrtägiger Gültigkeit eingeführt. Nach alledem darf man wohl annehmen, daß die Hunde viel reisen, und dies trifft zu. Im Jahre 1895 sind auf den deutschen Bahnen auf Hundeschein oder –karte insgesamt 1 192 965 Stück unserer vierfüßigen Freunde befördert worden, d. h. täglich 3268 Hunde. Da in dem gleichen Zeitraum rund 585½ Millionen Reisende befördert worden sind, so kommt auf je 491 Reisende ein Hund. Geht man auf die einzelnen Bahngebiete zurück, so stellt sich die interessante Thatsache heraus, daß Süddeutschland ein weit größeres Kontingent reisender Hunde stellt als der Norden. So kommt ein Hund in Bayern schon auf 203 Reisende, in Württemberg auf 279, bei der Hessischen Ludwigsbahn auf 461, bei der Main-Neckarbahn auf 493, bei den Pfälzischen Bahnen auf 531 Personen. In Sachsen stellt sich die Verhältniszahl auf 516, in Preußen auf 564, während in Oldenburg sogar erst auf 602 Personen ein Hund entfällt. Nur Mecklenburg hat die günstigere Zahl 352, während das dem Süden angehörige Elsaß-Lothringen es seinerseits ausnahmsweise erst zu der Durchschnittszahl von Sachsen gebracht hat.
Windstille.
(Zu unserer Kunstbeilage.)
Ein Schifflein liegt auf spiegelnder Flut;
Drin sitzen sie selbzweit: –
„Ich mag dich leiden – bist du mir gut?“
„Gut bis in Ewigkeit!“
Träg spielt das Segel am knarrenden Mast;
Ein Luftzug bewegt es kaum,
Rings wogt auf dem See im Morgenglast
Ein goldiger Nebeltraum.
In der Ferne umschleierte Wasserbahn; –
In der Tiefe die Rätsel der Flut; –
Und dazwischen im schaukelnden Bretterkahn
Ein kosendes: „Bist du mir gut?“
Max Haushofer.
Inhalt: [ Inhalt der Wochen-Nr. 40/1897 ]
[ Verlagswerbung für „W. Heimburgs illustierte Romane und Novellen“. ]
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 676. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_676.jpg&oldid=- (Version vom 8.7.2023)