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Seite:Die Gartenlaube (1897) 772.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1897)

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Blätter und Blüten.

Aegyptische Frauen mit ihren Kindern. (Zu dem Bilde S. 757.) Aus dem bunten Gewühl der Menschentypen, welche das Straßenleben von Kairo den erstaunten Blicken des Reisenden bietet, führt uns das Bild zwei arabische Frauen vor. Sie gehören nicht der vornehmen Welt an. Ihr blaues hemdartiges, lang herabwallendes Gewand ist aus einfachem Stoff gearbeitet. Einfach ist auch der lange Gesichtsschleier und an ihren Händen, die wohl verraten, daß sie hart arbeiten müssen, fehlt der Schmuck von Ringen und Armbändern; auch tragen sie im Gegensatz zu den vornehmen Damen ihre Kinder selbst und sind dadurch dem Fremdling auf Aegyptens Boden besonders interessant. – Andere Völker, andere Sitten! Wir sind gewohnt, die Mutter mit dem Kinde auf dem Arme zu sehen. Hier reiten die Kleinen sozusagen auf der Schulter der Mütter. Die Sitte ist im Orient uralt, denn auf den Abbildungen, die uns aus dem alten Aegypten und der Hauptstadt des assyrischen Reiches Niniveh in Hieroglyphen erhalten worden sind, finden wir Mütter abgebildet, die ihre Kinder in derselben Weise tragen. Derselben Sitte huldigen auch die Frauen vieler Negerstämme im inneren Afrika und der Naturvölker in Amerika und in Australien. Wie in Japan Kinder getragen werden, haben wir erst vor kurzem in der „Gartenlaube“ (vergl. S. 235, Jahrgang 1896.) unseren Lesern in Wort und Bild vorgeführt. Ob dieses Tragen der kleinen Kinder wohl bequemer ist als das Tragen auf dem Arm? Müßige Frage! Bequem erscheint dem Menschen, woran er sich gewöhnt hat. Das einseitige Tragen der Kinder auf dem Arm führt, wie unsere Aerzte lehren, zu Rückgratverkrümmungen. Birgt auch das Tragen der Kleinen auf der Schulter solche Gefahren in sich? Die Forschungsreisenden haben diese Frage unseres Wissens noch nicht studiert. Die Fellachinnen Aegyptens zeichnen sich durch ihre schlanke Gestalt aus, sie sind, wie das Sprichwort besagt, „dünn wie der Strick“, und seit Jahrtausenden werden die ägyptischen Kinder von den Müttern auf der Schulter getragen! In der Völkerkunde bildet das Tragen der kleinen Kinder ein besonderes Kapitel, welches mit Liebe und Sorgfalt von Heinrich Bloß ausgearbeitet wurde in seinem Buche „Das kleine Kind vom Tragbett bis zum ersten Schritt“. In demselben werden außer der erwähnten noch viele andere Arten beschrieben auf der Hüfte, Huckepack, im Korbe, im Sacke auf dem Rücken und gar im Stiefel, wie bei den Eskimos werden die Kleinen befördert. Selbst der muldenartige Korb, den vor etlichen Jahren ein Pariser Arzt unter dem Namen „Promeneuse“ ohne andauernden Erfolg zum Tragen kleiner Kinder empfohlen hat, war schon seit langer Zeit den Wilden bekannt. *      

Ein Hofmusikus.
Nach einem Gemälde von Klara Grosch.

Schiffbruch. (Zu dem Bilde S. 761.) Es ist noch gar nicht so sehr lange Zeit her, daß in den Kirchen Nordfrieslands am Sonntag um einen „gesegneten Strand“ gebetet wurde… Das war ein Rest jener schrecklichen Gepflogenheit, daß der Schiffbrüchige mit Leib und Gut und Geschirr dem Strande und seinen Bewohnern verfallen war, unter die der wütende Sturm ihn warf; eine Art internationalen Wildenrechtes, dessen Spuren Gott sei Dank, seltener und immer seltener zu finden sind. Wir haben es erst in jüngster Zeit mit Freuden vernommen, wie menschlich hilfreich die Chinesen den Gestrandeten vom „Iltis“ zur Hilfe gekommen sind, und wie bei der Strandung des „Adlers“ auf Samoa sogar die feindlich gesinnte Partei der Insulaner mit aller Kraft helfende Hand geleistet, und unvergessen soll es den Dänen sein, wie sie in fünfzehnstündiger heldenhafter Arbeit die gesamte Besatzung der Brigg „Undine“ gerettet. Das klingt doch anders als die grausige Mär von dem Elternpaare, das den eigenen an den Strand geworfenen Sohn, ohne zu wissen wen sie aufgenommen, als ohnmächtigen Mann um des mitgeführten Goldes wegen ermordeten! – Wieviel Kraft und Mut und Aufopferung wird in unserer milderen Zeit jährlich von den wackeren Männern aufgewandt, die sich in den Dienst der „Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ gestellt haben und rücksichtslos ihr Leben dran setzen, um das anderer dem Verderben zu entreißen. Ein „gesegneter Strand“ ist heute der, an dem kein Schiff zerschellt und kein Menschenleben verloren geht. – Aber die See läßt nicht mit sich Verträge schließen. Sie bleibt selbstherrlich wie je, und im ungebändigten Stolz achtet sie ein Panzerschiff und einen Salonschnelldampfer nicht höher als ein Fischerboot und schleudert sie miteinander auf den Strand oder auf die Klippen, wie ein Kind eine Eierschale ins Wasser wirft. Am schrecklichsten und im wildesten Toben offenbart sie sich, wenn sie ihre brüllenden Wogen, statt auf den plattgeschlagenen Strand und Sand, brandend und donnernd gegen felsiges Ufer schleudert, daß der Gischt siedend gen Himmel fährt und wie schneeiger Nebel davongeführt wird vom Sturm. Weh’ dem armen Boot, das von übermächtiger Sturmgewalt und Strömung an solch Ufer geworfen wird! Dem Verderben entgeht es nicht, wenn nicht eisenharte Hand und adlerscharfes Auge das überflutete Schiff durch die Klippen in den sicheren verborgenen Hafen steuern kann. Hinter dem Gestein übersprüht vom verstiebenden Gischt, knieen die Mütter und Frauen und Väter in heißer Angst um die, welche draußen um ihr Leben kämpfen und den Weg durch die neblig versprühenden Schwaden suchen! – Seemannsbrot – hartes Brot! – Und allen, die draußen im Sturm fahren, einen gesegneten Strand, an dem sie in Frieden landen mögen! P. H.     

Liebhaber- und Fachkalender in früheren Jahrhunderten. Schon frühe diente der Kalender neben dem Zwecke der Zeitbestimmung auch als Hilfs- und Nachschlagebuch in gewissen Lebenslagen oder als eine Art Fachlexikon für einzelne Stände oder bestimmte Kreise. Das Germanische Museum in Nürnberg bewahrt eine Reihe von derartigen merkwürdigen Kalendern deutschen Ursprungs auf, denen ihre Verleger oft die wunderlichsten Titel auf den Weg mitgegeben haben. Da ist ein „Bauernkalender“ auf einem Pergamentstreifen von 1389 mit besonderen Zeichen, gemalten Brustbildern von Heiligen und Monatsbeschäftigungen, ferner ein „Gesundheitskalender“ mit Angabe der Körperpflege für alle Tage des Jahres aus dem 15. Jahrhundert, ein „Schimpff- und Ernst-Kalender“ von 1683, ein „Alter und neuer Traumkalender“ aus dem Jahre 1674, ein „Chur-Brandenburgischer alter und neuer kurioser Historien-, Sieges- und Heldenkalender auf das 1700 Jahr Christi mit Bildniß von Berlin“, ein verbesserter Sack-Kalender (Taschenkalender) auf das 1751 Jahr, ein „Alter und neuer Musik-, Gesang- und Liederkalender,“ Nürnberg, 1681. Ein anderer Kalender führt den weitschweifigen Titel: Practica Mathiae Brotbeyhel auf das MDXXXVI jar, mit erwelten stunden etzlicher zeyt und tag zu Aderlassen Finsternuß der Sunnen, Finsternuß des Mons. Jupiter ein Herr dieß jars, Mars Mithelffer“.


[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht transkribiert.]



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_772.jpg&oldid=- (Version vom 8.7.2023)
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