Verschiedene: Die Gartenlaube (1897) | |
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der teuflischsten Hinterlist durchgeführten Belagerungskrieg wider die von Pallisaden umgebene, kaum von einem halben hundert Männer verteidigte Urwaldfestung. Als alle Anstürme und Versuche, sie durch feurige Pfeile in Brand zu setzen, abgeschlagen wurden, versuchten die Belagerer durch einen in der Nacht gegrabenen unterirdischen Gang einzudringen. Boone aber grub mit seinen Tapferen einen Gegengang und pflanzte in demselben eine mit Kugeln und Nägeln vollgepfropfte hölzerne Kanone auf, um die Angreifer bei ihrem Eindringen sofort niederzuschießen. Als aber die Belagerer erkannten, daß ihr Anschlag entdeckt und den Ansiedlern nicht beizukommen sei, entschlossen sie sich endlich zum Abzug, zumal sie bereits 37 Tote und zahlreiche schwer Verwundete zählten. Die Belagerten die mit einem Verlust von nur 2 Toten, sowie mit mehreren Verwundungen davongekommen waren, sammelten nach dem Abzug der Feinde über 125 Pfund Bleikugeln, die aus den Pallisaden und den Wänden der Blockhütten herausgeschnitten wurden.
Noch gefährlicher war ein Angriff, den vier Jahre später eine mehrere hundert Mann starke Indianerbande gegen die in diesem Teil Kentuckys gelegenen Ansiedlungen, besonders gegen Bryan Station ausführten, wo sich drei Schwäger Boones niedergelassen hatten. Die Indianer standen unter der Leitung eines Weißen, Simon Girty, der, als Kind von den Senecas geraubt und bei den Shaunies großgewachsen, in sich die ganze Verschlagenheit und Grausamkeit der Rothäute mit den Lastern der Weißen vereinigte. Boone kam mit seinen Leuten den Bedrohten zu Hilfen und es gelang, die Indianer abzuschlagen, In der Hitze der Verfolgung aber fielen die Ansiedler in einen Hinterhalt und verloren gegen 50 Mann.
Wie gefahrvoll das Leben der Pioniere der Kultur in diesen Landstrichen war, lehrt die Thatsache, daß in Kentucky allein während der Jahre 1783 bis 1790 gegen 1500 Weiße durch Indianer umgebracht wurden. Schließlich aber behaupteten die zähen Hinterwäldler doch das Feld und zwangen, besonders als sie durch Zuzüge aus dem Osten Verstärkung erhielten, die Rothäute zu einer dauernden Aufgabe ihres Gebietes. In den vielen Gefechten erhielt Boone manche Wunde und geriet mehrmals in die Gefangenschaft der Wilden, wußte aber durch List dem drohenden Tode am Marterpfahl stets zu entrinnen.
Weniger gut verstand er es, sich der weißen Spekulanten zu erwehren die nach Vertreibung der Indianer ins Land kamen. Sie brachten ihn und andere der Pioniere durch gefälschte Papiere um Hab’ und Gut, so daß Boone im Jahre 1792 voll Mißmut Boonesborough verließ und sich nach den westlich vom Mississippi gelegenen Prairien wandte, die er, den Pelztieren nachgehend, meist allein bis an den oberen Missouri durchstreifte.
Nach Bestehung zahllosen Abenteuer starb der wackere Jäger hochbetagt um Sommer des Jahres 1820 am Femme Osagefluß in Missouri. Seine Ueberreste sollten dem Staat, dessen erster Ansiedler er gewesen war, doch erhalten bleiben, denn als die Bürger der von Deutschen in Kentucky gegründeten Stadt Frankfort im Jahre 1845 einen neuen Friedhof anlegten, meinten sie, daß derselbe nicht schöner eingeweiht werden könne, als wenn man auf ihm die Gebeine des ersten weißen Bewohners von Kentucky zur ewigen Ruhe bette. Dem Plan folgte alsbald die Ausführung, denn noch in demselben Sommer begab sich eine Abordnung der Frankforter nach Missouri. Die Ueberreste Boones wurden in einen neuen Sarg gelegt und nach Frankfort gebracht, wo sie am 20. August auf einem das Thal des Kentucky überschauenden Hügel unter Begehung würdiger Feierlichkeiten aufs neue beigesetzt wurden. Einige Jahre später schmückte man das Grab mit einem Denkmal, auf dessen vier Seiten Begebenheiten aus den Kämpfen Boones mit den Indianern, sowie aus seinem Ansiedler- und Jägerleben dargestellt sind.
Daß die Persönlichkeit Boones dem Schriftsteller James Fenimore Cooper vorschwebte, als er seine berühmten Lederstrumpfromane schrieb, ist nicht bloß aus einer mündlichen Aeußerung Coopers bekannt, sondern geht auch aus der unverkennbaren Aehnlichkeit des Namens Daniel Boone (sprich Buhn) mit Nathanael Bumppo, dem Namen Lederstrumpfs, hervor. Ferner stimmt die Personalbeschreibung, die Cooper in den Romanen „Die Ansiedler“ und „Die Prairie“ von Leberstrumpf entwirft, vollkommen mit einem Porträt Boones überein, welches von dem amerikanischen Maler Chappel gemalt wurde und lange Jahre im Besitz einer Newyorker Verlagsfirma war. Boone ist auf diesem Bilde als ein bereits in hohem Alter befindlicher Mann und in dem Anzug dargestellt, der von den abgehärteten Grenzjägern seiner Zeit allgemein getragen wurde. Derselbe bestand aus einem aus grobem Zeug ober gegerbtem Hirschleder gefertigten Rock, der oft am Nacken und an den Schultern mit Pelzwerk oder aber mit einer Garnierung von 8 bis 10 Centimeter langen, dünnen Lederfransen besetzt war. Die letzteren dienten weniger als Schmuck, sondern ersetzten dem Jäger die häufig benötigten Bindfaden. Ueber den kurzen, grobwollenen Beinkleidern und den derben Strümpfen wurden fast bis an den Leib reichende Ledergamaschen getragen, deren Nähte häufig gleichfalls mit Fransen versehen waren, eine Nachahmung der indianischen Sitte, die „Leggins“ oder Beinkleider mit den Kopfhaaren erschlagener Feinde zu besetzen. Die Füße staken in Mokassins aus weichem Hirschleder, die wie die Gamaschen und der lederne Rock durch eine besondere den Indianern abgelernte Gerbung völlig wasserdicht waren. Die Kopfbedeckung bestand zumeist aus einem mützenartig verarbeiteten Fuchsfell, dessen Schwanz über den Rücken des Jägers hinabhing.
An Waffen führte der Jäger außer einem breiten, haarscharfen Messer, das über der Brust in einer sofort erreichbaren Tasche stak, eine Büchse, sowie ein leichtes Beil, den Tomahawk. Der letztere, ein in den Wäldern unentbehrlicher Gegenstand und im Handgemenge eine äußerst brauchbare Waffe, wurde an einem breiten, die Hüften umspannenden Gurt getragen, an dem auch die Kugeltasche hing. Zur Aufbewahrung des Pulvers diente ein Ochsenhorn, das an einem Riemen befestigt und der rechten Seite des Jägers so angepaßt war, daß es die Bewegungen desselben nicht hinderte und sich auch nicht im Gestrüpp verfangen konnte. Nicht selten waren Waffen und Pulverhorn nach indianischer Weise mit Perlstickereien oder Bemalung geschmückt. Ein wachsamer Hund bildete mitunter den Begleiter des Jägers.
Vergleicht man die Personalbeschreibung, die Cooper in seinen „Ansiedlern“ und in der „Prairie“ von dem alten Lederstrumpf und seinem treuen Hektor entwirft, mit dem von Chappel gemalten Bilde, so ist kaum zu bezweifeln, daß das letztere dem Schriftsteller im Original oder in einer Nachbildung bekannt
Verschiedene: Die Gartenlaube (1897). Leipzig: Ernst Keil, 1897, Seite 798. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1897)_798.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)