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Seite:Die Gartenlaube (1898) 0132.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

umgeben. Diese Schichten bestanden in dem ersten Keller alle drei aus Backstein, in dem zweiten enthielt die innerste Schicht Backstein, die mittlere Korkstein, die äußerste Backstein. In dem dritten Keller bestand die innerste und äußerste Schicht aus Backsteinen, die mittlere aus einem leeren Luftraum; in dem vierten endlich waren für die zwei inneren Schichten Hohlsteine und für die äußere Backsteine verwendet. Der Wert der Keller wurde durch den Verlust an Schmelzwasser in gleicher Zeit und unter gleichen Temperatur- und sonstigen Bedingungen geprüft. Es erwies sich dabei der Keller Nr. 2, der in der Mitte Korkstein enthielt, als der bei weitem vortheilhafteste, denn er ergab einen Schmelzverlust von nur 0,7 bis 0,9 Prozent, während z. B. unter gleichen Bedingungen der mit Nr. 1 bezeichnete Keller 2,11 bis 4,35 Prozent Schmelzverlust zeigte. Die Korksteine, die aus zerkleinertem durch Kalk gebundenen Kork bestehen, sollen zum Schutz gegen Feuchtigkeit mit Steinkohlenpech eingesetzt werden. Dr. Jul. Thilo.     

Im Lawinenschnee. (Zu dem Bilde S. 105.) Erst vor zwei Wochen haben sie das Vieh auf die Alm getrieben, unter Jodeln, und Singen, an einem herrlichen Maientag. Es ist ungewöhnlich früh „aper“ (schneefrei) geworden auf den „Niederlegern“ (den unteren Alpen). Auf den „Hochlegern“ lagert allerdings noch der Winter. Diese höchsten Almen wird man erst unter dem Einfluß der wärmeren Junisonne beziehen können. Die Trennung des Viehes hat daher noch nicht stattgefunden. Das „Galtvieh“, unter welchem gemeinsamen Namen man alles nicht Milch gebende Rindvieh zusammenfaßt, ist noch mit dem übrigen Vieh auf den gleichen Almen vereinigt. Selbst die Schafe und Ziegen, die sonst die allerersten in der Höhe sind, müssen sich noch in den Niederungen der Almenwelt gedulden. – Das schönste gestickte Halsband und die größte „Schell’n“ hatte die Sennerin Rosl ihrer besten Milchkuh, der „Scheckaten“ angelegt, als man heuer auf die Alm trieb.

Vor einer Woche war plötzlich rauhe Witterung eingetreten. Es hatte fast bis zur Sennhütte hernieder geschneit. Mit der „Graswand“, die gerade über der Alm drohend emporragt, war es von jeher nicht geheuer. In den Rissen und Schrunden des mächtigen Felsriesen pflegten sich turmhohe Schneewehen anzusammeln … „Aber is dö ganze Zeit her nix g’schehen, wird uns Gott und unsere liabe Frau wohl auch weiterhin behüten!“ dachte sich die Rosl und widmete ihre ganze Sorgfalt der Milchwirtschaft. Jeden dritten oder vierten Tag kam der Hiasl, der Großknecht ihres Bauern, zur Alm herauf, um das Galtvieh zu salzen. In der Salztasche brachte er dann gewöhnlich noch einen Leckerbissen für die Sennerin mit. – Knapp auf das rauhe Wetter hatte sich der Wind gedreht. Seit zwei Tagen wehte ein „bacherlwarmer Südinger“ (Südwind).

Es ist noch zeitlich am Vormittag. Das Vieh ist auf die Weide getrieben, bis auf die „Scheckate“, den Liebling der Rosl. Vor einer Viertelstunde ist auch der Hiasl wieder „z’weg’n“ gekommen. Man war gerade im gemütlichsten Plaudern, als ein entsetzliches Getöse, donnerähnlich, jäh anschwellend, brausend und die ganze Luft erschütternd, jedes Wort im Munde ersterben machte. Dann Totenstille. Die Sennerin und der Knecht sind beide „kasweiß“ geworden. „Jessas! die Lahn!“ schreit die Rosl auf. Sie fliegt mehr, als sie läuft, nach der Alm. Der Hiasl folgt ihr. Der Anblick, der sich beiden darbietet, ist freilich trostlos genug.

Der Künstler hat auf unserm Bilde die Verwüstungen der Lawine naturwahr veranschaulicht. Das Dach der Sennhütte eingedrückt, die zunächst stehenden Bäume entwurzelt – alles unter den Schneemassen verschüttet! Auf einem Stein vor ihrer zerstörten Alm hockt die Rosl. Heiße Thränen rollen ihr über die Wangen. Sie denkt nicht daran, daß ihr geringes Hab’ und Gut dort unter der Lawine liegt – sie denkt nur an die „Schekate“, die von den Schneemassen erstickt und begraben wurde. Da legt sich ihr eine Hand tröstend auf die Schulter … „Schau’, Diandl, wein’ nit gar so! Wenn dich selber die Lahn in der Hütten erwischt hätt’ – das hätt’ i nit überlebt!“ Es ist der Hiasl, der so zu ihr spricht … Vielleicht blüht da mitten im Schnee „a Blüamerl“ auf, das sorgsame Pflege finden wird von zwei treuen Herzen. R. G.     

Kochunterricht.
Nach einem Gemälde von R. Epp.

Ein Löwensäugling (Zu dem Bilde S. 125.) F. Specht hat das originelle Bild, das uns den jungen, etwa drei Wochen alten König der Tiere auf dem Schoß seiner Pflegerin an der Milchflasche vorführt, nach dem Leben in Nills Zoologischem Garten zu Stuttgart gezeichnet. Solche Scenen sind in unseren Zoologischen Gärten nicht gerade selten, denn die Besitzer und Leiter derselben sehen sich oft genötigt, zur künstlichen Ernährung der in Gefangenschaft geborenen jungen Löwen zu schreiten. Bei vielen Löwinnen, die Junge zur Welt gebracht haben, fehlt nämlich die Milch oder sie versiegt früher oder später infolge der Ernährung, die natürlich der im Freileben nicht gleichkommen kann. Dieser Milchmangel verursacht nicht nur ein vorzeitiges Absterben der Jungen, sondern erweckt auch in den Müttern unnatürliche Instinkte, so daß sie oft ihre Jungen auffressen. – Um dies zu verhüten, versucht man allerorts die jungen Löwen künstlich aufzuziehen. Eine frischsäugende Hündin ist für sie die beste Amme, da aber nicht jede Säuglinge aus dem Katzengeschlecht annimmt, muß man häufig zur Aufzucht mit der Milchflasche greifen. Dieselbe erfordert viel Mühe und Erfahrung. Hat sie aber den gewünschten Erfolg, so wird man für diese Arbeit reichlich belohnt. Während die von der Mutter aufgezogenen Jungen wenig zugänglich sind, werden die „Flaschenjungen“ sehr anhänglich und machen durch ihr munteres und zutrauliches Wesen viel Freude.

Der auf unserm Bild dargestellte Stuttgarter Löwe verbrachte die erste Zeit seiner Jugend zumeist auf dem Arbeitszimmer des Herrn Adolf Nill, wo er sich „sehr anständig“ benahm. Freilich kommt bald die Zeit, wo man auch solche Tiere in den Käfig sperren muß, damit sie mit zunehmender Kraft und Wildheit kein Unheil stiften.

Rosetta. (Zu unserer Kunstbeilage) Wie befremdend! Vor drei-, vierhundert Jahren malten die großen Maler Venedigs ihre entzückenden Madonnen und irdisch schönen Weiber, und heute laufen ihre Modelle, es ist wie ein Traum, noch lebendig auf den Plätzen mit Blumen-, Frucht- und Fischkörben und Wassereimern herum!

Aber auch diejenigen Venetianerinnen, deren Angesicht nicht besonders schön ist, haben in ihrem Wesen, in Haltung und Sprache etwas ungemein Anziehendes. Und alle, besonders aber die Mädchen aus dem Volke, schreiten mit einer leichten Grazie, manchmal auch mit wahrhaft königlicher Majestät daher, das Haupt auf dem biegsamen Halse mit herausforderndem Stolz erhoben. Ihr Schmuck ist eine von jeder Künstelei freie Grazie, eine festliche Heiterkeit des Charakters, die in dem weichen Dialekt widerglänzt, der „wie auf Atlas geschrieben“ scheint.

Diese „Rosetta“ ist keine Karnevalsfigur, obgleich sie wie eine verkleidete Herrscherin erscheint, die dem ihr erstaunt Nachschauenden das Almosen eines ihrer Blicke zuwirft. Woldemar Kaden.     


Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Mehrere Abonnenten in Hamburg. Es freut uns, aus Ihrer Zuschrift ersehen zu können, daß Inhalt und Ausstattung der „Gartenlaube“ Sie so besonders befriedigt haben. Die farbigen Illustrationen in Halbheft 1 des laufenden Jahrganges sind in der That überall mit Beifall aufgenommen worden. Wir werden darum nicht verfehlen, diese „erfreuliche Ueberraschung“ unsern Lesern von Zeit zu Zeit bei besonderen Anlässen wieder zu bereiten.

A. V. in Berlin. Auf Ihre Anfrage, ob in Deutschland Versuche mit ähnlichen Apparaten wie die von uns auf Seite 867 des Jahrgangs 1897 der „Gartenlaube“ abgebildete „Schneeschmelzmaschine“ in New York angestellt worden sind, können wir Ihnen folgende Auskunft geben. Im Jahre 1880 ließ Gustav Hennigke in Leipzig einen „Transportablen Eis- und Schneeschmelzapparat“ patentieren, bei dem sowohl die Wärme der Feuergase sowie die des Dampfes dem Schmelzprozeß zu gute kommt. Versuche mit diesem Apparat wurden im Jahre 1881 in Leipzig, Halle a. d. S. und andern Städten angestellt.

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Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0132.jpg&oldid=- (Version vom 22.4.2024)
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