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Seite:Die Gartenlaube (1898) 0151.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)


waren die Freischaren, voran die zu einer wohlausgerüsteten Truppe vereinigten Turner, im Begriff nach Kassel zu ziehen, als die Nachricht von dem noch friedlich errungenen Sieg in Hanau eintraf. Nach dem Sturz des Reaktionsministers Scheffer ward dem bisherigen Bürgermeister von Hanau, Eberhard, und dem altbewährten Führer der Liberalen in Kassel, Wippermann, die Leitung des Staatsschiffs anvertraut. In München kam es am 5. zum Zeughaussturm, der zwar unblutig verlief, aber doch dahin führte, daß die bewaffnete Bürgerschaft und das Militär, das übrigens wenig Kampflust zeigte, sich stundenlang zum Schlagen bereit gegenüberstanden. Es waren Leute aus allen Ständen, Studenten, Künstler, Arbeiter, die in der Erregung zur Waffe gegriffen hatten, der Feingekleidete ging neben dem im Scharwerkskittel. „Man sah Waffen hier, die vielen Jahrhunderten angehört hatten, neben Gewehren und Säbeln: Piken, Streitäxte, lange und breite Schwerter, wie man eben solche im Zeughaus vorfand. Prinz Karl selbst brach in ein herzliches Gelächter aus, als er einem kleinen jungen Tambour begegnete, der eine alte Trommel umhängen hatte, mit einem Schlägel aus uralten Zeiten.“

v. Thon-Dittmer.

F. J. Willich.

Doch wenn auch König Ludwig mit seinem Volke grollte, weil es ihn kurz zuvor genötigt hatte, die schöne Unruhstifterin Lola Montez aus München zu verbannen – zum äußersten ließ er es nicht kommen. Was der in seinem Schwachsinn gutmütige Kaiser Ferdinand in Wien naiv heraussagte: „Ich laß nit schießen“, blieb auch der Grundsatz der anderen Fürsten; ihm hat auch Friedrich Wilhelm IV bis zum „Mißverständnis“ des 18. März nachgehangen. In München mußte der verhaßte Minister v. Berks, ein Schützling der Montez, dem Unwillen des Volks schließlich doch weichen: der allgemein beliebte Bürgermeister von Regensburg, v. Thon-Dittmer, ein bewährter Führer der Opposition im bayrischen Landtag, trat an seine Stelle. Von besonderer Wirkung auf die Entschlüsse des Königs waren die Vorstellungen des freisinnigen Fürsten v. Leiningen, des Präsidenten der Kammer der Reichsräte, gewesen. Im Sinne der Mannheimer Forderungen hatte ein Petitionssturm aus der Rheinpfalz unter Willichs Leitung gewirkt. Doch als sich Ludwig I nicht in die neue Regierungsweise zu finden vermochte, zog er es vor, abzudanken; sein den liberalen Ideen geneigter Sohn Maximilian übernahm die Regierung. Und auch der hartnäckigste Reaktionär unter den deutschen Fürsten, der König von Hannover, mußte schließlich seinen Trotz beugen. Der Urheber des verhängnisvollen Verfassungsbruchs vom Jahre 1837 hatte sich zu nichts verstanden, auch als am 17. März die Studentenschaft Göttingens ihre Auswanderung antrat – man hatte vorher ihre Zusammenkünfte mit Waffengewalt auseinandergesprengt. Als er aber vernahm, daß Metternich gestürzt und auch in Wien nachgegeben worden sei, da sagte der entsetzte Volksverächter in seinem gebrochenen Englisch-Deutsch resigniert: „Was soll ich machen? Wenn mein kaiserlicher Bruder in Wien hat nachgegeben, ich auch muß nachgeben!“

Ja, auch Metternich mußte dem „Märzsturm“ weichen. Sein System riß im Fallen ihn mit sich nieder. Das war der höchste Triumph im großen „Siegeszug des Deutschen Geistes“, der von Baden seinen Ausgang genommen hatte.

(Fortsetzung folgt.)     


Auf dem Kynast.

Historische Erzählung von Rudolf von Gottschall.

Hell stand der Mond über dem Kamm des Riesengebirges; der Turm der alten Feste Kynast warf seinen schweren Schatten hinunter in den „Höllenschlund“ und über die Burghöhe war ein breiter Lichtschein ausgegossen; drunten aber über dem Hirschberger Thal lag ein träumerisch Dämmerlicht, Baumgruppen, Häuser, Villen und Gärten verschmolzen zu einem märchenhaften Bilde, hier und dort blitzte im Mondlicht der Zackenbach auf, der sich wie eine leuchtende Schlange hindurchwand.

Das Mädchen, das von der Ballustrade des Burgplatzes aus den Blick über die Landschaft streifen ließ, gab sich nur halb den Träumereien hin, welche der Mondeszauber in ihr erweckte. Mit einer gewissen Spannung sah sie hinab auf den Weg, der aus dem Waldesdunkel heraus durch schattenlose Felspartien zum Vorthor der Burg emporführte. Es war so hell, daß sie von ihrem Standorte aus den ganzen Weg beherrschte, und kein Wachtposten hätte mit schärferem Auge hinunterspähen können, ob irgend eine feindliche Patrouille herangeschlichen kam.

So friedlich der Mondabend war, so sanft die Landschaft gebettet lag in seinem weichen Schimmer – es herrschte keine friedliche Zeit im Schlesierland und nicht selten sah man Waffen blitzen auf den Heerwegen, die in die Berge führten. Es war im Sommer 1807. Bei Jena und Auerstädt war des Großen Friedrich ruhmvolles Heer den Waffen des Korsen erlegen, Breslau war in die Hände der Franzosen gefallen. Doch noch hielt sich Glatz, und das Freikorps des Grafen Götzen, verstärkt durch neue Zuzüge aus den Bergen, kämpfte tapfer mit dem Feind – General Vandamme konnte der Provinz Schlesien nicht Herr werden.

Die Würfel der großen Entscheidungen aber rollten auf den Schlachtfeldern im Osten des Königreichs, wo Preußen und Russen vereint den Kerntruppen Napoleons gegenüberstanden. Gar trüb sah es aus in den preußischen Landen, am trübsten in dem schönen, noch immer durch blutige Kämpfe zerrissenen Schlesierlande: in alle Gemüter warf das traurige Geschick des Vaterlandes seine Schatten.

Auch das Mädchen, das dort an der Ballustrade des Vorplatzes stand, war nicht heiteren Sinnes, obschon die freundliche Kindlichkeit seiner Züge und seines ganzen Wesens auf keine düstere Gemütsart deutete. Hatte wirklich die Trauer um das zertretene Land aus diesen klaren, blauen Augen, von diesen rosigen Lippen das Lächeln verscheucht, das dort heimisch sein mußte? Und waren die Truppenmärsche drunten im Thal wirklich die Ursache, daß das Mädchen so gespannt von der Höhe in die Nacht hinaus spähte?

Da lauschte sie auf. Und gleich danach trat aus dem Schatten des Waldes eine Gestalt hervor, in der Hand den knorrigen Wanderstab, einen Rucksack auf dem Rücken. Ein langer, silberner Bart wallte dem Mann auf die Brust herab; mit rüstigem Schritt klomm der Wanderer die Höhe hinan dem ersten Mauerring zu, der das hochragende Felsennest umgab. Das Mädchen flog ihm entgegen, sie öffnete das Vorthor mit einem Schlüssel des Schlüsselbundes, den sie im Gürtel trug. „Gott zum Gruß, Rübezahl,“ rief sie dem Eintretenden entgegen. Der Alte drückte ihr herzhaft die Hand.

„Ihr kommt von Schreiberhau, Rübezahl! Ein Briefchen von ihm?“

„Muß ich erst auskramen aus dem Sacke hier.“

„So kommt herauf, ruht Euch aus, erquickt Euch mit einem Gläschen Branntwein. Wenn Ihr ein Briefchen bringt, dann ist’s schon gut – er lebt und denkt an mich!“

Der wackere Bergführer, der in Ehren den Namen „Rübezahl“ führte, setzte sich neben das Mädchen an einen Holztisch, von dem aus der freie Blick über die mondhelle Landschaft drunten

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0151.jpg&oldid=- (Version vom 23.4.2024)
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