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Seite:Die Gartenlaube (1898) 0291.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)


werden. In geringen Tiefen wird sie dem Schiffe durch hohle Masten, die über die Wasseroberfläche reichen, zugeführt; in größeren Tiefen entnimmt man sie Behältern, die mit stark komprimierter Luft gefüllt und im Innenraum des Fahrzeuges aufgestellt sind. Mit dem Unterseeboot, das den Namen „Argonaut“ erhalten hat, wurde neuerdings eine Probefahrt angestellt. Die Taucher blieben mit ihrem Fahrzeug vier Stunden auf dem Meeresgrund, konnten dasselbe nach Belieben verlassen und ihre Arbeit verrichten. Unsere Abbildung zeigt uns den „Argonauten“ unter Wasser in der unmittelbaren Nähe eines Wracks.

Der Gertelbachfall im Schwarzwald (Zu dem Bilde S. 277.) Wer vor etwa zwanzig Jahren auf den Höhen und endlosen Waldflächen, des nordöstlichen Schwarzwaldes mit den Thälern von Hundsbach, Schönmünzach und Herrenwies verweilte und, vom Zauber dieser herrlichen Gebirgslandschaft angezogen, diese auch heuer wieder zur Erholung aufsucht, vermag seinem Erstaunen kaum Ausdruck zu verleihen über die mannigfachen Neuschöpfungen, welche die Kunst im Verein mit der Natur dort in nie rastendem Fleiße geschaffen.

Hoch droben, auf einem Ausläufer des „Mehliskopfs“, 1000 m über dem Meere, wo in den 1870er Jahren noch der „Stabhalters Michel“ in einsamer, rauchgeschwärzter Hütte, von riesigen Tannen umrauscht, das beschauliche Leben eines Köhlers führte und dem müden Wanderer um billiges Geld erquickenden Trank und Weidmannskost verabreichte, erhebt sich nunmehr inmitten prächtiger Anlagen das mit reichstem Komfort ausgestattete Hotel Hundseck. Weithin schweift von seiner Terrasse aus der Blick über die dunklen Kuppen der Bergrücken hinaus auf die volkreiche Ebene, die im Westen das Silberband des Rheins durchzieht. Zu unsern Füßen aber bietet sich dem Auge ein ebenso interessantes als reizendes Bild. Hart in der Nähe in steil enger Schlucht drängen sich tosend und schäumend in eiliger Hast die krystallhellen Wasser eines rauschenden Baches über Felsen und Halden der Niederung zu. An den Wänden der zackigen Ufer, bald rechts, bald zur Linken über zahlreiche, luftige, hölzerne Stege schlingen sich moosige Treppen empor zu der Höhe.

Das ist der „Gertelbachfall“.

Viel und gern ist im Sommer dieses herrliche Thal von den Fremden besucht, das weithin als Perle des Schwarzwaldes gilt. J. J. Hoffmann.     

Photographie im Verlage von J. Loewy in Wien.
Abschied.
Nach dem Gemälde von J. Rolletschek.


Feuer im Schiff (Zu dem Bilde S. 280 und 281.) Zwei Feinde hat der Seemann, die er fürchtet. – Dazu gehört nicht der Sturm. Ein gutes Schiff und tüchtige Leute an Bord, die werden mit ihm fertig, wenn sie nicht Land in Lee, so daß der Wind das Schiff an die Küste treibt, zu nah’ dabei haben. Schlimmer, viel schlimmer sind Nebel und Feuer! Gegen den Nebel hilft keine Tüchtigkeit und keine Tapferkeit. Da liegt das beste, schönste, mit den auserlesensten Seeleuten bemannt Schiff wie außerhalb der Welt. Ringsum alles grau, alles still; verhüllt jedes Licht; wohin treibt Strom und Flut das Schiff? Drüben, in der Ferne, ein dumpfes Brüllen: ein Nebelhorn von einem andern Schiff; ein Läuten von einer Schiffsglocke: wo kommt der Schall her? Oder plötzlich ein Kanonenschuß! In nächster Nähe taucht aus dem grauen Nebel ein dunkler Koloß auf: kann er noch vorbeischeren? Rammt er jetzt? Gott sei Dank – er hat noch Ruder legen können – für einen kurzen Augenblick leuchtet durch die Nacht das rote glühende Licht seiner backbordschen Positionslaterne – ein Rauschen, Pusten, Dröhnen – und wieder alles still, alles dunkel, alles tot – –

„Schiff ahoi!“ klingt nicht gut im Nebel; aber fürchterlicher klingt der Ruf: „Feuer im Schiff!“ – Wenn an Land die strohgedeckte Hütte brennt, so liegt ringsum das weite Feld, und wenn auch das Dach herniedersaust, das nackte Leben kann der Bauer doch retten. Aber aus dem brennenden Schiff giebt’s kein Entrinnen. Drinnen der Tod – draußen der Tod! Der draußen freilich besser als der drinnen. Aber es ist immer ein Sterben. Und die Boote? Ein Kauffarteifahrer mag zur Not seine ganze Bemannung in die Boote aufnehmen können; aber wie wenige gewinnen in diesen „Rettungsfahrzeugen“ das Land! Und ein großer Passagierdampfer? – Ja, wenn die Botte überhaupt noch zu Wasser gelassen werden können! Es ist bald 40 Jahre her, da verbrannte am 13. September 1858 auf offener See das Auswandererschiff „Austria“, ein Ereignis, das an Grausigkeit durch keine der neuen und neuesten Brandkatastrophen übertroffen wird. Mit 600 Fahrgästen war sie von Hamburg nach New York unterwegs, als sie durch Unvorsichtigkeit Feuer fing. Es war eine glühende Kette in Teer getaucht, um im Zwischendeck zu räuchern. Sie entfiel vorzeitig den Händen der Leute und steckte sofort die Planken des Decks in Brand, und der Kessel mit Teer fiel um! Siebzig von sechshundert wurden, zum Teil furchtbar verbrannt, von einem französischen Segelschiff aufgenommen, dessen Kapitän in seinem Bericht das gräßliche Elend schilderte: „Als meine Boote sich näherten, warfen sich eine Menge Leute ins Wasser, von denen die meisten ertranken. Eine Mutter stürzte sich hinab mit ihren drei Kindern: wir retteten nur die Mutter! – Ueberall die gleichen Schreckensscenen, überall Schreien und Kreischen der Wut und der Verzweiflung und der fürchterlichsten Qualen.“

An der Küste von Florida trieb 1889 eine mit Moos bewachsene Flasche an, in welcher sich ein Zettel befand, auf dem in etwas verwischter Schrift stand: „Der Dampfer ‚Germania‘ steht in Flammen und wir sinken. Wind heftig; Boote unbrauchbar. Alle Hoffnung aufgegeben.“ Die „Germania“ war ein AUswandererschiff mit 1000 Fahrgästen, das 1884 verschollen ist. – Wenn die rote Flagge am Großmast ausflattert: „An den Feind!“ da mag sich’s gut sterben; aber im Nebel und in Feuersglut ruhmlos in Qual verderben, davor behüte Gott jeden braven Seemann in Gnaden! P. G. Heims.     


Abschied (Zu dem obenstehenden Bilde.) Die Abschiedsstunde ist da, der künftige Student kann es kaum erwarten, endlich aus dem kleinen Nest heraus in die Freiheit zu kommen. Das Elternhaus mit mütterlichen Thränen und väterlichen Ermahnungen liegt bereits hinter ihm, nun schnell noch zur Großmutter hinauf! Aber seltsam – wie ihn da im wohlbekannten einfachen Stübchen die alten, treuen unbestechlichen Augen so eindringlich ansehen, da schlägt er die seinigen nieder und horcht, gegen seine Absichtm, auf die ernsten Abschiedsworte der alten Frau. Sie weiß manches von ihm, was die Eltern nicht wissen, hat’s verschwiegen und sorgenvoll im Herzen getragen, hat ihm geholfen, wo es Not that, und ihn weiter geliebt, denn er ist ja ihr erster, liebster Enkel und er ist ja gut im innersten Herzen, das weiß sie gewiß – nur leichtsinnig und bestimmbar!

Drum legt sie jetzt ihre ganze Liebe und Sorge in den Druck der runzelvollen, arbeitsamen Hand, in die Ermahnungen dieser Scheidestunde. Und der Junge fühlt wieder einmal, wie so oft früher, sein Herz weich werden … und vielleicht wird er sich später doch, wenn die bösen Buben locken, dieser alten treuen Augen erinnern und der schwachen Stimme, die so flehentlich bittet: „Bleibe brav, mein Junge, bleibe brav!“ ..Bn.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0291.jpg&oldid=- (Version vom 23.4.2024)
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