verschiedene: Die Gartenlaube (1899) | |
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Riesenflöße auf dem Ocean. (Mit Abbildung.) Während bisher alles nach überseeischen Holzarmen Ländern bestimmte Holz, nachdem es die Ströme hinab bis zur Meeresküste geflößt worden war, dort auf Schiffe verladen werden mußte, wodurch sein Preis naturgemäß erheblich stieg, ist es jetzt den Amerikanern schon zum zweitenmal gelungen, ein großes Floß zu bauen und dasselbe durch einen Schleppdampfer über das Meer an Ort und Stelle transportieren zu lassen. Frühere Versuche in dieser Richtung, die mehrfach angestellt wurden, endeten stets mit einem Mißerfolg. Die Konstruktion der Flöße war der Gewalt der Meereswellen nicht gewachsen, und die wertvolle Ladung ging verloren. Aber der Gewinn, der mit diesem direkten Floßtransport zu erzielen war, trieb, trotz des großen Risikos, immer wieder Unternehmer zu Versuchen an, und ihre Anstrengungen haben, wie bemerkt, jetzt Erfolg gehabt.
Es ist interessant,
zu erfahren, welch ungeheure
Holzmassen in
solchem Floß stecken;
man kann sich dann
einen Begriff machen
von dem Wert und
auch von dem Gewinn,
der bei einem günstigen
Ausgang dem
Unternehmer winkt.
So hatte das Floß,
das vor kurzem nach
einer Seereise von700
Meilen im Hafen von
San Francisco wohlbehalten
ankam, eine
Länge von 200 m,
eine Breite von 16 m
und eine Tiefe von
14 in und enthielt mehr als 10 000 ganze Stämme von durchschnittlich
1/2 m Durchmesser. Zu ihrem Transport wären etwa 20 Dampfer von
gewöhnlicher Größe notwendig gewesen. Bei der Konstruktion des Flosses
sind nicht weniger als 1200 Centner eiserne Ketten, in Längen von 18
bis 50 m und einer Dicke von 11/2 Zoll, verwandt worden.
– t.
Ein Motorschlitten. (Mit Abbildung.) Langsam aber stetig sichern sich die Motorwagen einen Platz unter den Verkehrsmitteln der Neuzeit. Immer häufiger begegnen wir ihnen auf den Straßen der Großstädte und auf gut gebahnten Wegen auf dem Lande. Unsere Abbildung zeigt uns eine Verwendung des Motors zum Schlittenbetrieb. Das Fahrzeug ist von Dr. E. Casgrain zu Quebec in Kanada aus einem Motordreirad gebaut worden. Die beiden Vorderräder sind durch Schlittenkufen ersetzt, das Hintere Triebrad erhielt an Stelle des Pneumatikreifens einen zackigen Radkranz aus Holz. Die Triebkraft wird durch einen Gasolinemotor nach dem Bolleeschen System erzeugt. Derselbe liefert zwei Pferdestärken, und das Gasolinereservoir ist so groß, daß der Vorrat zum Durchlaufen einer Strecke von etwa 80 Km genügt. Der Motorschlitten hat zwei Sitze, von denen der hintere für den Lenker bestimmt ist.
Ein Morgen vor der Breslauer Hütte in den Oetzthaler Alpen. (Zu dem
Bilde S. 89.) Herrlich sind die Thäler, die von dem mächtig
schwellenden Inn sich südwärts in die Tiroler Alpen
hinaufziehen. Das größte unter ihnen ist das
Oetzthal, das die nach ihm benannte Oetzthaler Ache
durchrauscht. In einer Länge von 86 km
klimmt es von Stufe zu Stufe, bald als breites grünendes Gelände, bald
als eine Kette wilder Schluchten und Klausen hoch in das Gebirge hinan,
bis es sich mit seinen äußersten Ausläufern in der starren Wildnis des
ewigen Schnees und Eises verliert. Gegen siebzig über 3000 m hohe
gletscherumpanzerte Spitzen bilden die Zinnen des gewaltigen
Gebirges, in das es eingezwängt ist, und bis zu der stolzen Höhe von
3776 m steigt die Wildspitze, die Königin der Oetzthaler Alpen, empor.
Seit lange wandern die Touristen in dieses Gebiet, in dem die Ferner
oder Gletscher sich in ihrer funkelnden Pracht und in mannigfaltigsten
Gestalten dem staunenden Auge des Beschauers darbieten.
Die Rundsichten von der Wildspitze und der nur um 30 m
niedrigeren Weißkugel zählen zu den großartigsten in den Alpen. Der
Weg zu diesen Gipfeln führt durch einen der südlichen Ausläufer
des Oetzthales, durch das Vent- oder Fendthal. Das Dörfchen Vent, am Fuße
der Thalleitspitze in 1893 m Höhe gelegen, bildet überhaupt einen
wichtigen Ausgangspunkt für die Hochgebirgstouristen, denn
von ihm führen fünfundzwanzig Hochpässe in die benachbarten
Thäler. Von ihm aus kann auch die Wildspitze bestiegen
werden; auf dem Wege hat die Sektion des Deutschen und
Oesterreichischen Alpenvereines Breslau bereits
im Jahre 1882 eine Schutzhütte errichtet. Das durch mächtige Felsen
geschützte Haus liegt in der Höhe von 2848 m am Fuße des Oetzthaler
Urkunds inmitten der prächtigsten Hochgebirgsscenerie. Im Jahre 1896
wurde die Hütte durch einen Anbau vergrößert; während des Sommers
ist sie ständig bewirtschaftet. Unser Bild zeigt uns einen Morgen
vor der Hütte. Bei Sonnenaufgang wallten die Nebel in den Thälern,
verdächtiges Gewölk ballte sich um die schneeigen Häupter der Bergriesen
und die Alpenkrähen wichen nicht von dem Dache des Hauses. Nun
aber sind die Anzeichen des schlechten Wetters geschwunden; die
Sonne siegt und unter klarer werdendem Himmel blitzen bereits die
Gletscher wie Silberpanzer; in weite Ferne entfliegen die Alpenvögel
und nun brechen auch die Touristen auf, um von den hohen und höchsten Zinnen Berge und Thäler aus der Vogelschau zu bewundern. *
Zu Wilhelm Jordans achtzigstem Geburtstag. Als vorm Jahre die fünfzigjährige Gedenkfeier der Eröffnung des ersten deutschen Parlaments in Frankfurt a. M. stattfand, war es nur wenigen der „Veteranen der Paulskirche“ vergönnt, in gleicher Rüstigkeit wie Wilhelm Jordan den Jubiläumstag zu begehen. In zündender markiger Rede brachte er damals das vor fünfzig Jahren Erstrebte in Zusammenhang mit dem politischen Bewußtsein der Gegenwart, und die „Marine-Erinnerungen“, die er um die gleiche Zeit für die „Gartenlaube“ niederschrieb, spiegelten ungeschwächt die Begeisterung wider, mit der er 1848 seine kräftige Mannesjugend für die Schaffung einer deutschen Flotte eingesetzt
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0098.jpg&oldid=- (Version vom 12.8.2023)