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Seite:Die Gartenlaube (1899) 0292.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

nach „drüben“ zu bringen, als Wunder der Welt. Wie beträchtlich die Giganten jener Gattung von den modernen Ocean-Kolossen überragt werden, das erhellt schon daraus, daß die „Pretoria“ der Hamburg Amerika-Linie 3500 Personen zu beherbergen imstande ist, außer den 160 Schiffsleuten. Noch dazu darf diese ihre Bestimmung als „schwimmendes Hotel“ für nebensächlich gelten insofern, als die „Pretoria“ zugleich der größte Frachtdampfer der Welt ist; ihre Ladefähigkeit beträgt 14 000 Tonnen (ü, 2000 Pfund), die mittels 28 Ladebäumen, 14 Daurpfwinden und 8 Dampfkrähnen ebenso rasch verladen wie „gelöscht“ (ausgeschifft) werden können; „Zeit ist Geld“. – Dieser geschäftliche Wahlspruch der Neuzeit darf aber keineswegs hindern, daß von Zeit zu Zeit auch eine so schmucke Dame wie die „Pretoria“ sich von gewohnter Thätigkeit ein Weilchen zurückzieht, um ihren äußeren Aufputz frisch in stand zu setzen. Die hohe Frau (sie würde, wenn sie aus der wagerechten Lage in senkrechte Stellung versetzt werden könnte, die 156 Meter der Kölner Domtürme noch um 22,5 Meter überragen) bedarf natürlich eines entsprechend großen Toilettenkabinetts. Ein solches bietet ihr das von unsermBilde vorgeführte Schwiimndock von Blohm und Voss in Hamburg, ebenfalls das größte seiner Art. Am leichtesten kann sich der „Binnenländer“ die Einrichtungeines solchen Docks vorstellen, wenn er sich ein Cigarrenkistchen ohne Deckel denkt, dessen beide Schmalseiten fortgenommen sind, so daß nur Längswände und Boden bleiben. Ein Bauwerk von solcher Gestalt, aus doppelten Eisenplatten zusammengefegt, also hohl, besitzt so viel Schwimmkrast, daß fast das ganze Dock, die obere Fläche seines Bodens noch mit eingeschlossen, über Wasser gehalten wird. Soll nun ein Schiff „gedockt werden“, so läßt man Wasser in die Hohlräume des Docks einströmen, bis es sich soweit gesenkt hat, daß die obere Bodenfläche noch etwas tiefer unter Wasser liegt, als der Tiefgang des auszubessernden, selbstverständlich unbeladenen Schiffes beträgt. Dies wird dann ins Schwimmdock bugsiert, an beiden Seiten fest gegen die Dockwände abgestützt, und nunmehr entfernen die Dampfpumpen wiederum das Wasser aus den Hohlräumen des Docks, so daß es sich erhebt und die Bodenfläche, auf der das Schiff ruht, sich wieder über dem Wasserspiegel befindet. – Das scheint für den, der verniinmt, daß die „Pretoria“ 23 500 Tonnen Wasserverdrängung hat und, bei einer Breite von 18,9 Metern, vom Kiel bis zum Deck 12,8 Meter mißt, ein ansehnlich Stück Arbeit. Doch der urkräftige Knecht der Menschheit, der Dampf, schafft so wacker, daß beispielsweise zur Hebung der „Pretoria“ nur s/z Stunoen erforderlich sind. Hunderte von Händen machen sich jetzt ans Werk, um den Schiffsrumpf gründlich zu „überholen“, wie der Hamburger sagt, also etwa gelockerte Nieten oder schaohafte Platten durch neue zu ersetzen etc., bis schließlich ein hübscher neuer Anstrich „füget zum Guten den Glanz und den Schimmer“. Dann senkt sich abermals das Dock, bis das Schiff Schwimmkraft gewonnen zu neuer Fahrt. Vielleicht bedient sich die „Pretoria“ hierbei zum Einnehmen besonders schwerer Stücke der Ladung des im Hintergrund unseres Bildes fichtbaren großen Krahns; das ist gleichfalls ein Enaksfohn ersten Ranges, der 150 Tonnen, also 300000 Pfund, zu heben die Freundlichkeit hat. – Das Dock hat, wie noch erwähnt sein möge, eine Hebekraft von 17 500 Tonnen; die Breite beträgt 36 Meter, die Länge 190 Meter, d. h. die 7 einzelnen Pontons sind durch Seitenverbindung zu diesem großen Ganzen vereinigt worden. – Zweierlei Gesichtspunkte dürften schließlich bemerkenswert erscheinen, zunächst der, daß das Dock nach der Unterelbe, in die Nähe des Kaiser Wilhelm-Kanals, geschleppt werden kann, um erforderlichenfalls auch der deutschen Kriegsmarine Dienste zu leisten, was namentlich zu Kriegszeiten schätzbar ist. Und zum letzten, nichtzum wenigsten: mit stolzer Freude darf der Deutsche auf die drei Riesen unseres Bildes blicken. Sie legen Zeugnis dafür ab, daß das, wofür wir ehemals den Briten zinsbar werden mußten, jetzt im neuen Reiche ebenso tüchtig wie großartig beschafft wird durch eigene Kraft! G. K.     


Das „Haus im Busch“ im Haag, der Sitz der Friedenskonferenz.
Von der Gartenseite aus gesehen.

Das „Haus im Busch“. (Mit Abbildung.) Am 18. Mai soll die vom Kaiser Nikolaus II angeregte Friedenskonferenz im Haag zusammentreten. Als Stätte für die Zusammenkünfte der Diplomaten ist das Schloß „Het Huis ten Bosch“ („Das Haus im Busch“) bestimmt worden. Es ist ein herrlicher Fürstensitz, der abseits von dem Getriebe der Großstadt im Haagschen Wald in friedlicher Stille liegt. Vor mehr als 250 Jahren, noch zur Zeit der Freibeitskämpfe des niederländischen Volkes, ist er gegründet worden. Er sollte der Fürstin Amalia von Solms, der Gattin des großen Oraniers Frederik Hendrik, als Witwensitz dienen. Am 2. September 1645 wurde der Grundstein zu dem Lustschloß gelegt, das von dem berühmten Baumeister J. van Campen und seinem Kollegen Pieter Post ausgeführt wurde. Als jedoch Prinz Frederik Hendrik frühzeitig starb, beschloß die Fürstin Amalia, das Lustschloß zu einem Mausoleum zu gestalten, das „seinen Ruhm“ und „ihren Schmerz“ verewigen sollte. So entstand der prächtige „Oranjesaal“, der die Mitte des Gebäudes einnimmt und bei einem Durchmesser von 50 Fuß eine Höhe von 60 Fuß aufweist. Herrliche Gemälde niederländischer Meister, wie de Grebber, Jordaens, Honthorst, Everdingen u. a., schmücken die Decke und die Wände. In erster Linie gelten sie der Verherrlichung Frederik Hendriks. Im Jahre 1748 ließ Prinz Wilhelm IV das Schloß durch den Anbau zweier Seitenflügel erweitern, und in einem Teil der damals neu geschaffenen Räume wird die Friedenskonferenz ihre Sitzungen abhalten. Napoleon I verwandelte das Schloß zu einem Staatsgefängnis, aber der erste niederländische König, Wilhelm I, stellte es in der alten Pracht wieder her.


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Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0292.jpg&oldid=- (Version vom 27.6.2024)
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