verschiedene: Die Gartenlaube (1899) | |
|
Seite | ||
Nur ein Mensch. Roman von Ida Boy-Ed (1. Fortsetzung) | 293 | |
Carl Gehrts. Von W. Schleicher. Mit Abbildungen | 304 | |
Das Schweigen im Walde. Roman von Ludwig Ganghofer (9. Fortsetzung) | 306 | |
Die Ursachen der Bergkrankheit. Von M. Hagenau. | 316 | |
Emilie Uhland. Ein Gedenkblatt zu ihrem hundertsten Geburtstag, 15. Mail 1899. Von J. Hartmann. Mit Bildnis |
318 | |
Die Brockenbahn. Von Friedrich Seiler. Mit Abbildungen | 321 | |
Blätter und Blüten: Bartholomäus Ringwaldt. S. 322. – Die Windfahnen auf dem Berliner Dom. Von Dr. C. Kaßner. (Mit Abbildungen.) S. 322. – In den Maremmen. Von Woldemar Kaden. (Zu dem Bilde S. 293.) S. 323. – Bei der Parade auf dem Tempelhofer Feld. (Zu dem Bilde S. 296 und 297.) S. 323. – Der Bismarckturm auf dem Zeigerheimer Berge bei Rudolstadt. (Mit Abbildung.) S. 324. – Maienzeit. (Zu dem Bilde S. 301 und unserer Kunstbeilage.). S. 324. – Die Entdeckung des Aluminiums. S. 324. – Abschied des Verlogbten. (Zu dem Bilde S. 313.) S. 324. – Das Möskefest in Rheinsberg. (Zu dem Bilde S. 317.) S. 324. | ||
Illustrationen: Kohlenbrenner in den Maremmen. Von Cl. Origo. S. 293. – Auffahren der Wagen bei der Parade auf dem Tempelhofer Feld bei Berlin. Von M. Plinzner. S. 296 und 297. – Der Mai. Von Walther Püttner. S. 301. – Abbildungen zu dem Artikel „Carl Gehrts“. Odhin. S. 304. Carl Gehrts. S. 305. Die Kunst am Anfang. S. 308. Die Kunst unter Roms Kaisern. S. 309. – Abschied des Verlobten. Von E. B. Hirschfeld. S. 313. – Das Möskefest in RHeinsberg. Von E. Thiel. S. 317. – Emilie Uhland. S. 320. – Abbildungen zu dem Artikel „Die Brockenbahn“. Kurve im Rennethal. Blick in das Drengethal. Rückblick auf den Brocken vom Eckerloch aus. S. 321. Bahnhof Brocken. S. 322. – Die Windfahne auf dem nördlichen vorderen Turme des neuen Domes zu Berlin. S. 323. – Zigeunermusik. Von Hans Stubenrauch. S. 323. – Der Bismarckturm bei Rudolstadt. S. 324. |
Heinrich Pfeil †. Ein um die Pflege des deutschen Männergesangs als Komponist wie als Dichter hochverdienter Mann ist in Heinrich Pfeil am 17. April in Leipzig gestorben. Viele von den zahlreichen wahrhaft volkstümlichen Männerchören, die er komponiert hat, sind in ganz Deutschland zu großer Beliebtheit gelangt. Wir erinnern nur an „Still ruht oer See“ und „Ein Sohn des Volkes will ich sein“. Als Herausgeber der „Sängerhalle“, die er von 1862 bis 1887 in seiner Vaterstadt Leipzig redigierte, hat Pfeil sich als ein Vorkämpfer für Veredelung des deutschen Männergesangs bewährt. Pfeil war am 18. Dezember 1835 als Sohn eines Buchdruckfarbenfabrikanten geboren. Anfangs widmete er sich dem Buchhandel, folgte aber bald auch als Schriftsteller seinen litterarischen und künstlerischen Neigungen. Außer verschiedenen Liedersammlungen, wie „Brautlieder“, „Dur und Moll“, „Gut Sang“, „Leicht Gepäck“, veröffentlichte er u. a. „Musikantengeschichten“ und „Tonkünstlers Merkbüchlein“. Von 1891 bis 1896 lebte er in Glauchau als Redakteur der „Glauchauer Zeitung“. Dann kehrte er nach Leipzig zurück, und hier erfüllte sich nun, was er in seinem letzten Chorliede „Letzter Wille“ gesungen:
„Dort, wo mein Mütterchen mich sang zum Schlummer ein,
In jenem Heimatsort möcht’ ich begraben sein!“
Auf Anregung des Leipziger Männergesangvereins „Concordia“ hat sich ein Komitee gebildet, um zum Besten der Hinterbliebenen Heinrich Pfeils, die er in bedrängter Lage zurückließ, eine Sammlung ins Leben zu rufen. Wir empfehlen den Aufruf der Teilnahme unserer Leser.
Kinderspiele im Freien. Unter den vielen Freuden, die das Spielen im Walde den Kindern bietet, war uns eine der liebsten das Bauen einer Waldlandschaft. Den Schauplatz gab ein ausgehöhlter Baumstumpf oder der Raum zwischen zwei alten Tannenwurzeln, das Material allerhand Rinden, Brettchen, Streichholzschachteln, das Werkzeug ein Taschenmesser. Da wurden Hüttchen gebaut, Möbel in den Moosboden gestellt, Wege mit Sand markiert, Kieselsteine zu Felsenpartien verwendet, Treppen angelegt und ein Stückchen Spiegelglas zum See erklärt. Eichelschälchen dienten als Blumentöpfe, allerlei Kräuter wurden zu Ziersträuchern erhoben; das schönste aber war eine ganze Schachtel voll Landvolk und Viehstand, wie sie in der Berchtesgadener Gegend den Winter über geschnitzt und bemalt, im Sommer in den verschiedenen Schnitzereiläden verkauft werden, lustig anzusehen und billig dazu. Unsere jungen Freunde sollen nur anfangen, zu bauen, die Erfindungen sprießen dabei wie die Pilze, welche sich, nebenbei bemerkt, vorzüglich zu Aussichtspavillons eignen.
Ein anderes sehr beliebtes Spiel war „Waldhütten bauen“; das durfte aber nur in der echten Waldwildnis geschehen, fern von allen künstlichen Anlagen, denn wir mußten starke lange Aeste dazu haben, wie man sie auf dem Waldboden findet. Vier solche wurden im Geviert in den Roden gerammt als Eckpfeiler und ein grünes Dach aus leichteren Zweigen darüber gelegt, geflochten, gebunden, wie’s eben kam; die Wände stellten wir ebenso her und ließen Fensteröffnungen darin; mit Guirlanden von Waldrebe schmückten wir den Eingang, die langen Stengel des blauen Schlangenenzians und die feinen Büschel der weißen Spiräa wehten von den Eckpfosten herab, ein Busch von roten Vogelbeeren hielt sie fest. Eine natürliche Moosbank war das Sofa, ein Kistendeckel auf zwei Pflöcken der Tisch, dahinter, zwischen ein paar großen Steinen, lag die Speisekammer, die wir mit ringsum gesammelten Beeren, mit ausgesparten Vier-Uhr-Aepfeln, mit Zwieback und Haselnüssen immer reichlich versahen. Wir waren „Familien“, jede im eignen Haus, und erfanden uns die merkwürdigsten Schicksale von verlorenen und wiedergefundenen Kindern, von Rittern, Feen, Indianern, und waren seelenvergnügt. Die Stilleren unter uns thaten sich dann wieder gern zum „Blättersticken“ zusammen. Da wurde erst ein großes, gutgeformtes grünes Blatt gesucht – Eichenblätter waren beliebt – und dann den bunten Herbstblumen, Astern, Georginen, Phlox etc. einzelne Blättchen ausgerupft. Diese steckten wir in hübschen Mustern mit feinen Tannennadeln auf das grüne Blatt fest, ein breites rotes Dahlienblatt in die Mitte, einen Kranz von blauen und weißen schmalen Asternblättchen rings herum, drei rote Geranienblätter in Kleeblattform darunter etc.: wenn auch unsere Arbeit nicht haltbar war – außer in gepreßtem Zustande – und höchstens daheim den Müttern gezeigt wurde, so hatten wir doch unsere Freude an der lustigen Blumenarbeit, und ich kann sie meinen kleinen Freundinnen nur empfehlen. J. B.
Einfluß seelischer Erregungen auf den Blutumlauf. Daß seelische Erregungen auf das Herz und den Blutumlauf einwirken, ist jedem aus eigener Erfahrung bekannt. Freude läßt unsere Pulse kräftiger schlagen und rötet unsere Wangen, während wir vor Schreck erblassen und unser Herz still zu stehen scheint. Diese Veränderungen der Herzthätigkeit machen sich auch an unseren Gliedmaßen bemerkbar. Je nach der Menge des Blutes, die jeder Pulsschlag zum Beispiel in die Hand hineintreibt, wird ihr Umfang größer oder kleiner. Wir sehen diese Größenveränderungen mit bloßem Auge nicht. Man hat aber Apparate erfunden, welche uns dieselben erkennen lassen. Sie werden Plethysmographen genannt.
Befestigt man die Hand an einen solchen Apparat, so wird jede Veränderung der Größe durch einen Stift auf einem fortlaufenden Papierstreifen aufgeschrieben. Wir erhalten so Kurvenlinien, die über die Beschaffenheit des Pulses und die Blutfülle der Hand während des Versuches Auskunft geben. Wie die Zeitschrift „La Nature“ berichtet, haben neuerdings die Physiologen Binet und Courtier den Einfluß seelischer Erregungen auf den Puls geprüft. Unsere Figur 1 zeigt die Kurve, die der Puls eines Kindes verzeichnet hat. Es wurde dem leichtgläubigen Kinde mitgeteilt, daß man ihm einen Zahn ziehen lassen werde. Diese Ankündigung geschah in dem Augenblick, der aus der Figur durch ein weißes Kreuzchen bezeichnet ist; das Kind wurde beängstigt und die Furcht drückte den Puls nieder; erst allmählich, nachdem das Kind beruhigt wurde, nahm er, wie es sich am rechten Ende der Figur zeigt, seine normale Beschaffenheit an.
Die zweite Figur stellt die Veränderungen des Pulses durch eine unangenehme Erwartung dar. Ein Professor sah sich genötigt, einem Studierenden, der oft zu spät in das Laboratorium kam, einen Tadel zu erteilen. Der Professor prüft gerade seinen Puls mittels des Plethysmographen. Da klingelt es an der Thür; der verspätete Zuhörer kommt. Dieser Augenblick ist unter der Pulskurve links auf der Abbildung durch ein Kreuz vermerkt. Der Professor wird durch die Erwägung, daß ihm nun eine unangenehme Auseinandersetzung bevorstehe, verstimmt. Er unterdrückt zwar rasch diese Gemütswallung, sie hat aber seinen Puls beeinflußt und spiegelt sich in der herabgedrückten Pulskurve wider, die der Apparat sofort gezeichnet hat.
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 292_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0292_d.jpg&oldid=- (Version vom 5.9.2020)