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Seite:Meyers b10 s0472.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

auf „Mensur“, ein „Unparteiischer“ entscheidet, wer gesiegt hat, und läßt den Besiegten „abführen“. Der begleitende Arzt heißt Paukdoktor, die Wunden Schmisse. Der Seniorenkonvent vermittelt den Verkehr der verschiedenen L. einer Universität untereinander, daneben besteht ein Kartell einzelner L. verschiedener Universitäten und ein Verband der sämtlichen deutschen Korps, der alljährlich zu Pfingsten eine Delegiertenversammlung auf der Rudelsburg bei Bad Kösen (Kösener Seniorenkonvent oder Kösener S. C.) abhält. Die Zahl der Korpsstudenten geht übrigens in neuerer Zeit stetig zurück, was sich teils aus der wachsenden Ausbreitung eines freiern Vereinwesens, teils aus dem kostspieligen Leben vieler Korps erklärt. Vgl. „Das Korpsleben in Heidelberg“ (Festschrift, Heidelb. 1886) und Universitäten.

Landspitze, s. Kap.

Landstände, s. Volksvertretung.

Landsthing, in Dänemark (s. d., S. 506) Bezeichnung der Ersten Kammer.

Landstreicherei (Vagabondage), das gewohnheitsmäßige, zwecklose Umherziehen, ohne die Mittel zum Lebensunterhalt zu besitzen und ohne eine Gelegenheit zum rechtmäßigen Erwerb derselben aufzusuchen. Die L. wird nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 361, Nr. 3, 362) mit Haft bis zu sechs Wochen bestraft; auch kann zugleich erkannt werden, daß der Verurteilte nach verbüßter Haft der Landespolizeibehörde zu überweisen sei, welch letztere alsdann die verurteilte Person auf einen Zeitraum bis zu zwei Jahren in einem Arbeitshaus unterbringen oder zu gemeinnützigen Arbeiten verwenden kann.

Landstube, in Altpommern ehedem Bezeichnung für den Verwaltungsausschuß des Kommunallandtags, welcher die gemeinsamen Interessen des Kommunalverbands wahrzunehmen hatte.

Landstuhl, Stadt in der bayr. Pfalz, Bezirksamt Homburg, Knotenpunkt der Linien Neunkirchen-Worms und L.-Kusel der Pfälzischen Ludwigsbahn, ist schön gebaut, hat ein Amtsgericht, Torfgräberei, Steinbrüche, Wattenfabrikation und (1885) 3704 meist kath. Einwohner. Östlich über der Stadt die Ruinen der Burg L., in der Franz v. Sickingen 1523 bei ihrer Eroberung durch die verbündeten Fürsten starb. Unweit der nahen Kaiserstraße die sogen. Sickinger Würfel, große, mit Inschriften und Figuren versehene Steine, Überreste eines römischen Denkmals.

Landsturm, das letzte Aufgebot aller Wehrpflichtigen, welche weder dem Landheer noch der Marine angehören, zur Abwehr eines feindlichen Einfalls. In Preußen waren nach einer Verordnung von 1814 alle Waffenfähigen vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 49. Lebensjahr verpflichtet, dem Aufgebot des Landsturms Folge zu leisten. Das norddeutsche Bundesgesetz vom 9. Nov. 1867 über die Verpflichtung zum Kriegsdienst und das Reichsgesetz über den L. vom 12. Febr. 1875 beschränkten jene Verpflichtung auf die Zeit vom 17. bis 42. Lebensjahr; in Österreich durch Gesetz vom 6. Juni 1886 vom 19. bis 42. und bis zum 60. Lebensjahr für die in den Ruhestand getretenen Offiziere und Militärbeamten. Die Landsturmpflicht tritt im Gegensatz zur regelmäßigen Kriegsdienstpflicht nur ausnahmsweise und zwar dann ein, wenn ein feindlicher Einfall Teile des Reichsgebiets bedroht oder überzieht. Der L. erhält bei Verwendung gegen den Feind militärische Abzeichen und tritt dadurch unter völkerrechtlichen Schutz, er wird in Truppenteile wie die Armee formiert. In Fällen außerordentlichen Bedarfs kann die Landwehr aus dem L. ergänzt werden, jedoch nur dann, wenn bereits sämtliche Jahrgänge der Landwehr und die verwendbaren Mannschaften der Ersatzreserve einberufen sind. Die Einstellung erfolgt nach Jahresklassen, mit der jüngsten beginnend. Ist der L. nicht aufgeboten, so sind die Landsturmpflichtigen keinerlei militärischer Kontrolle unterworfen. In Österreich gilt das Landsturmgesetz vom 6. Juni 1886 zwar formell nur für die im Reichsrat vertretenen Länder, die in Tirol und Vorarlberg (s. Landesschützen) sowie Ungarn geltenden Landsturmgesetze stimmen indes in allen wesentlichen Punkten mit jenen überein, auch die Durchführungsverordnungen vom Januar 1887.

Landsturmbezirkskommandos, in Österreich Unterbehörden der Landwehrkommandos in Bezug auf das Landsturmwesen.

Landtafel, in Mähren die erste und ursprünglichste Art eines Grundbuchs. Auf fichtene Tafeln ward dort im Mittelalter das Grundvermögen der Gemeindeangehörigen verzeichnet, und diese einfachste Art eines Grundbuchs bildete die Grundlage für das gesamte „Tabularwesen“ der österreichischen Monarchie, indem sich das Institut der Landtafeln von Mähren nach Böhmen, Steiermark etc. verpflanzte. An die Stelle jener Holztafeln waren freilich schon zuvor öffentliche Urkunden und Bücher getreten. Mit der Zeit wurde nun der Ausdruck L. auf das öffentliche Verzeichnis derjenigen Güter beschränkt, mit deren Besitz Landstandschaft verbunden war; daher der Ausdruck Landtafelgüter oder landtäfelige Güter für diejenigen Besitzungen, mit welchen das Recht verbunden war, Sitz und Stimme auf dem Landtag zu führen. Dazu wurde bis zum Jahr 1848 die Landtafelfähigkeit erfordert, welche nur dem Herren-, Ritter- und Prälatenstand sowie einigen privilegierten Städten und Personen, Universitätsprofessoren u. dgl., zukam. Seitdem kann jeder Staatsbürger landtäfelige Güter erwerben. Verschieden von der L. ist die Lehentafel, in welche die lehnbaren Güter eingetragen waren. Noch jetzt ist der Begriff von land- und lehentäfeligen Gütern in Österreich um deswillen von Wichtigkeit, weil mit ihrem Besitz das Wahlrecht in der Klasse der Großgrundbesitzer für die Landtage und für den Reichsrat verknüpft ist.

Landtag, die periodische Versammlung der Landstände (s. Volksvertretung). Aber nicht bloß die Repräsentativversammlung eines ganzen Staats, welche in größern Staaten in zwei Kammern zerfällt, wird L. genannt. Man spricht auch von Provinziallandtagen (s. Provinzialverfassung) und Kommunallandtagen als den ständischen Vertretungen einzelner Landesteile. In Österreich ist der L. (Landesvertretung, Landesversammlung) die parlamentarische Volksvertretung eines einzelnen Kronlandes.

Landtagsabschied, s. Abschied.

Landtagsmarschall, s. Landmarschall.

Landtagsordnung, die Geschäftsordnung (s. d.) eines Landtags.

Land tax, die ältere englische Grundsteuer.

Landtorpedos, mit 1–5 kg Dynamit gefüllte metallene Gefäße, die, mit Perkussions- oder elektrischem Zünder versehen, an solchen Stellen eingegraben werden, die der Feind bei einem Angriff oder auf dem Marsch betreten muß. Hierbei sollen die L. durch Berührung mit dem Fuß oder elektrisch entzündet werden. Bei der Verteidigung von Charleston und Paris haben L. jedoch ohne nennenswerten Erfolg Verwendung gefunden. In neuerer Zeit haben die von Zubowitz

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 472. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0472.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2024)
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