verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10 | |
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vollbürtigen vorverstorbenen Brüdern des letzten Vasallen mit ihren Oheimen, den noch lebenden Brüdern des Erblassers, zusammen vermöge des Repräsentationsrechts zur Erbschaft gerufen werden. Werden bei dem Tod eines Vasallen verschiedene Personen zur Lehns- und zur Allodialerbfolge berufen, so muß eine sogen. Lehnssonderung, d. h. eine Ausscheidung des Lehnsguts von dem Allodialvermögen, vorgenommen werden. Schulden des Vasallen ergreifen das Lehen nur dann, wenn sie Lehnsschulden sind. Als solche gelten die Ansprüche der an und für sich zur Lehnsfolge berufenen, aber wegen Gebrechlichkeit davon ausgeschlossenen Personen auf die Verabreichung von Alimenten. Partikularrechtlich gehören auch die Verpflichtung zur Alimentation und Ausstattung von Töchtern früherer Vasallen, die Pflicht zur Auszahlung des Leibgedinges oder Wittums an die Witwe des verstorbenen Vasallen und die Verbindlichkeit zur Zahlung der Begräbniskosten und der Kosten der letzten Krankheit desselben zu den Lehnsschulden. Auch die durch eine sogen. Lehnsverbesserung, d. h. durch einen von dritten, hierzu nicht verpflichteten Personen in das Lehen gemachten Aufwand, begründete Schuld gilt als Lehnsschuld. Auch pflegt man hier gewöhnlich noch die sogen. konsentierten Lehnsschulden mit aufzuführen, d. h. diejenigen, welche mit Zustimmung sämtlicher Lehnsinteressenten auf das Lehnsgut gelegt werden. Die Abfindung eines an sich Lehnsfolgeberechtigten und die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindungssumme begründen ebenfalls eine Lehnsschuld, welche allerdings nur diejenigen belastet, die durch jene Abfindung gewonnen haben (sogen. respektive Lehnsschuld). Die Abfindungssumme selbst ist aber an und für sich durchaus allodialer Natur; doch wird nicht selten verabredet, daß dieselbe als sogen. Lehnsstamm (constitutum feudale) auf dem Gut haften und in Ansehung der erbrechtlichen Verhältnisse nach Lehnrecht behandelt werden soll.
Eine Beendigung des Lehnsverhältnisses wird durch den Untergang der Sache, durch gültige Veräußerung derselben zum Allod und durch Ersitzung des Eigentums an dieser Sache durch einen Dritten herbeigeführt. Außerdem wird der Lehnsnexus zwischen zwei Personen durch den Heimfall (Inkorporation, Inkameration, Konsolidation) des Lehens aufgehoben, d. h. dadurch, daß das nutzbare Eigentum des Vasallen wieder mit dem Obereigentum des Lehnsherrn vereinigt wird, dieser also wieder volles Eigentumsrecht erhält. Die Veranlassung dazu kann eine Felonie des Vasallen oder eine sogen. Quasi-Felonie, d. h. ein schweres Verbrechen desselben, sein. Auch wird eine solche Konsolidation durch das Absterben aller Deszendenten des ersten Vasallen und der etwanigen Mitbelehnten, durch die Auflösung einer beliehenen juristischen Person, durch Ersitzung des nutzbaren Eigentums durch den Lehnsherrn, durch Verzicht (Refutation) des Vasallen auf das Lehen und durch Veräußerung des Lehens seitens des Vasallen an den Lehnsherrn bewirkt. Geht dagegen das Obereigentum des Lehnsherrn auf den Vasallen über, so daß dieser nunmehr das volle Eigentum erwirbt, so spricht man von einer Appropriation des Lehens, welch letztere bei einer Felonie des Lehnsherrn und infolge einer Ersitzung des Eigentums durch den Vasallen, hauptsächlich aber durch Allodifikation, d. h. durch Übertragung des vollen Eigentums auf den Vasallen, eintritt. Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts Böhmer, Principia juris feudalis (1765; 8. Aufl. von Bauer, Götting. 1819); Weber, Handbuch des in Deutschland üblichen Lehnrechts nach den Grundsätzen G. L. Böhmers (Leipz. 1807–18, 4 Bde.); Pätz, Lehrbuch des Lehnrechts (2. Aufl., Götting. 1819); Mayr, Handbuch des gemeinen und bayrischen Lehnrechts (Landsh. 1831); Zachariä, Handbuch des sächsischen Lehnrechts (1796; 2. Ausg. von Weiße und v. Langenn, Leipz. 1823); Roth, Mecklenburgisches Lehnrecht (Rostock 1858); Kremer, Das longobardisch-österreichische Lehnrecht (Wien 1838, 2 Bde.).
Lehnware, s. Laudemium.
Lehnwörter, s. Fremdwörter.
Lehon (spr. lö-óng), Charles Aimé Joseph, Graf von, belg. Staatsmann, geb. 1792 zu Tournai, praktizierte nach beendeten Rechtsstudien als Advokat in Lüttich, bis er 1825 Abgeordneter in der Zweiten Kammer der Generalstaaten ward. Er schloß sich den Gegnern der damaligen Regierung an, ohne jedoch an der belgischen Revolution von 1830 unmittelbaren Anteil zu nehmen. Zum Mitglied des belgischen Kongresses erwählt, gehörte er in demselben zu den gemäßigten Doktrinären, deren Werk die Errichtung des neuen Königreichs Belgien und seine Verfassung war. Von 1831 bis 1842 war er belgischer Gesandter in Paris, 1836 ward er in den belgischen Grafenstand erhoben, und 1847–57 war er Mitglied der Zweiten Kammer. Seit 1857 lebte er in Paris und starb daselbst 30. April 1868. Vgl. Juste, Le comte Le Hon (Brüss. 1867). – Sein Sohn Louis Xavier Léopold, Graf L., geb. 1831, war 1851–1856 Kabinettschef des Grafen Morny in Paris, 1856 bis 1870 Mitglied des Gesetzgebenden Körpers; starb 2. Nov. 1879.
Le Houx (spr. lö̆ uh), Jean, s. Basselin.
Lehr, Julius, Nationalökonom, geb. 18. Okt. 1845 zu Schotten im Großherzogtum Hessen, studierte Staats- und Kameralwissenschaften, dann auch Forstwissenschaft an der Universität Gießen, war seit 1868 Privatdozent für Nationalökonomie an der Forstakademie zu Münden und seit 1874 Professor der Volkswirtschaftslehre am Polytechnikum zu Karlsruhe, von wo er 1885 an die Universität München berufen wurde. Er schrieb außer verschiedenen in staatswissenschaftlichen und technischen Zeitschriften erschienenen Abhandlungen: „Schutzzoll u. Freihandel“ (Berl. 1877), „Eisenbahntarifwesen und Eisenbahnmonopol“ (das. 1879), „Die deutschen Holzzölle und deren Erhöhung“ (Frankf. 1883), „Beiträge zur Statistik der Preise“ (das. 1884), die Abhandlungen: „Waldwertrechnung und Statik“ sowie „Forstpolitik“ in Loreys „Handbuch der Forstwissenschaft“ (Tübing. 1887) und redigiert seit 1878 mit T. Lorey die Frankfurter „Allgemeine Forst- und Jagdzeitung“.
Lehramtsprüfungen, staatlich geordnete Prüfungen, durch deren Bestehen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Lehrämter dargethan werden muß, bestehen in allen gebildeten Staaten, in denen das Schulwesen als Angelegenheit des Staats oder wenigstens als der Aufsicht des Staats unterliegend betrachtet wird. Abgesehen von den technischen Prüfungen (für Turn-, Zeichen-, Musik-, Handarbeitslehrer und -Lehrerinnen) und denen für einzelne besondere Zweige des Erziehungs- und Unterrichtswesens (Taubstummen-, Bandenwesen, Landwirtschaftslehrer etc.), sind im allgemeinen zu unterscheiden Lehrer- und Lehrerinnenprüfungen sowie Prüfungen für das Lehramt an Volksschulen und für das höhere Lehramt. Wegen der Lehrerinnenprüfungen s. Lehrerinnen. Für die Prüfungen der Lehrer dürfen die preußischen Ordnungen um so mehr als typisches
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 634. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0634.jpg&oldid=- (Version vom 18.3.2023)