verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10 | |
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jenen des Leibes) hängt davon ab, ob auch die Bewegungen zweier oder mehrerer „Automaten“ in Harmonie gebracht werden können. Letzteres könnte entweder (wie bei dem Okkasionalismus des Geulings) dadurch bewirkt werden, daß Gott (wie der „ungeschickte“ Uhrmacher die Zeiger seiner Uhren) die Zustände des einen gelegentlich nach jenen des andern regulierte, wodurch er zum „deus ex machina“ herabgewürdigt würde, oder dadurch, daß Gott (wie der „geschickte“ Uhrmacher seine Uhrwerke) die Natur jeder einzelnen Monas von Ewigkeit an so in Übereinstimmung mit der Natur aller übrigen gedacht und angelegt hätte, daß ihre innern Zustände mit jenen aller übrigen für alle Ewigkeit hinaus immer im Einklang bleiben müßten, was seiner als des zugleich intelligentesten und mächtigsten Wesens vollkommen würdig wäre. Es ist anzunehmen, daß Gott, wenn er überhaupt existiert, diese Harmonie aller Monaden und ihrer innern Zustände untereinander nicht nur von Anfang an erkannt, sondern gewollt und hergestellt, d. h. daß er eine prästabilierte Harmonie zwischen denselben geschaffen habe. Daß Gott aber existiert, folgt nach L. direkt aus seinem Begriff als dem eines Wesens, das alle Eigenschaften (also auch die Realität) im höchsten Grad in sich vereinigt, in welchem sie nebeneinander möglich sind. Letzterer Zusatz ist notwendig, weil es Eigenschaften gibt (z. B. Heiligkeit und Allmacht), welche beide zugleich im höchsten Grad nicht möglich sind. So ist es mit Gottes Heiligkeit unverträglich, das Böse zu thun, während dies aus seiner Allmacht, für sich betrachtet, als möglich folgen müßte. Aus dieser Selbsteinschränkung der göttlichen Eigenschaften folgt, daß Gott zwar alle möglichen Welten denken, aber nur die beste unter denselben wollen und demgemäß schaffen kann. Die Existenz der bestehenden Welt als der besten (Optimismus) folgt daher unmittelbar aus Gottes eigner Existenz; er ist die Urmonas, zu welcher sich alle übrigen Monaden als „Effulgurationen“ verhalten. Durch die Behauptung, daß jede andre mögliche Welt notwendig unvollkommener wäre als die wirklich vorhandene, wird das Vorhandensein mannigfacher Übel und Unvollkommenheiten (z. B. der Sünde und des Bösen) in dieser keineswegs, sondern nur die (irrige) Annahme geleugnet, daß eine Welt ohne dieselben überhaupt möglich wäre. Die Realisierung der besten Welt erfolgt dem göttlichen Weltplan gemäß (teleologisch) nach Zweck-, aber zugleich (mechanisch) durch wirkende Ursachen; jene, das Reich der Gnade, nach welchem der Weltlauf willkürlich (von Gottes „Gnade“ abhängig), diese, das Reich der Natur, nach welchem derselbe notwendig (von seinem Willen unabhängig) erscheint, sind beide wesentlich eins. Zwischen Freiheit und Notwendigkeit (Moral- und Naturgesetz) herrscht dieselbe prästabilierte Harmonie wie zwischen den einzelnen Monaden, kraft welcher jede von diesen ein „Spiegel des Universums“ ist. Die Natur führt zur Gnade, und diese vervollkommt die Natur, indem sie sich ihrer bedient; Gott als „Monarch“ und Gott als „Architekt“ der Welt stehen miteinander von Ewigkeit her in vollkommenster Übereinstimmung. Harmonismus und Universalismus machen den Grundzug der Philosophie wie der ganzen Persönlichkeit von L. aus. Auch die Entwürfe eines logischen Universalkalküls zur Begründung einer Universalwissenschaft, einer Universalsprache und Universalschrift, die ihn sein ganzes Leben hindurch beschäftigten, gehören dazu. Die eigentliche Tiefe seiner Gedanken ist von seinem unmittelbaren Nachfolger, dem nüchternen Systematiker Wolf, verkannt und erst von Spätern, wie Lessing, Schelling, Hegel, Herbart, Lotze u. a., richtig gewürdigt worden.
[Litteratur.] Biographisches über L. haben geschrieben: Fontenelle (1716), Bailly (1769), v. Eccard (hrsg. von Murr, 1779), Jaucourt (1757), Kästner (1769), am gründlichsten Guhrauer („G. W. Freiherr v. L., eine Biographie“, Bresl. 1842, 2 Bde.; mit Nachträgen 1846), E. Pfleiderer („L. als Patriot, Staatsmann und Bildungsträger“, Leipz. 1870), Kirchner („G. W. L., sein Leben und Denken“, Köthen 1877) und Merz (a. d. Engl., Heidelb. 1885). Über seine Philosophie vgl. Ludw. Feuerbach, Darstellung, Entwickelung und Kritik der Leibnizschen Philosophie (Ansb. 1837); folgende Schriften von R. Zimmermann: „L.’ Monadologie“ (Wien 1847), „L. und Herbart“ (gekrönte Preisschrift, das. 1849), „Das Rechtsprinzip bei L.“ (das. 1852), „Über L.’ Konzeptualismus“ (das. 1854), „L. und Lessing“ (das. 1855); K. Fischer, L. und seine Schule (2. Aufl., Heidelb. 1867); Pichler, Die Theologie des L. (Münch. 1869, 2 Bde.).
Leibregimenter, s. Leibkompanien.
Leibrente, s. Rente und Leibgedinge.
Leibschmerz, s. Kolik.
Leibtruppen, s. Garde und Leibkompanien.
Leibung, s. Laibung.
Leibwache, s. Garde.
Leibzins, s. Bauer, S. 464.
Leibzucht, s. v. w. Leibgedinge.
Leicester (spr. lésster), Hauptstadt von Leicestershire (England), am schiffbaren Soar, inmitten eines berühmten Weidebezirks, ist unregelmäßig gebaut, hat noch Reste seiner römischen Mauer und viele altertümliche Gebäude (darunter das alte Schloß, jetzt Gerichtshof), ein Museum, ein kath. Seminar und (1881) 122,376 Einw., mit dem anstoßenden Belgrave aber 129,636. L. ist Hauptsitz der Strumpfwirkerei und betreibt außerdem namentlich noch die Fabrikation von elastischen Geweben und Stiefeln. – L. war vielleicht das alte Ratä oder Ragä der Coritani, jedenfalls aber Sitz einer römischen Ansiedelung; Reste der römischen Stadtmauer bestehen noch, und Altertümer aus der Zeit der Römer und Normannen sind in großer Zahl aufgefunden worden. 680 wurde hier ein Bistum errichtet, aber bald wieder verlegt. Während der Herrschaft des Hauses Lancaster war das von Heinrich II. zerstörte Schloß häufig königliche Residenz. Dicht bei der Stadt die Ruinen der 1143 gegründeten Abtei St. Mary Pré oder de Pratis, in welcher Kardinal Wolsey starb. Vgl. Curtis, Topographical history of the county of L. (Lond. 1831).
Leicester (spr. lésster), Robert Dudley, Graf von, Günstling der Königin Elisabeth von England, geb. 1532, jüngster Sohn des Herzogs von Northumberland, wurde nach seines Vaters Hinrichtung 1553 im Tower eingeschlossen und mit Härte behandelt. Die Königin Elisabeth, die ihn hier kennen lernte, schenkte dem schönen, gewandten Hofmann sehr unzweideutig ihre Gunst, und Dudley war ehrgeizig genug, dieses Verhältnis in jeder Weise auszubeuten. Sogleich nach der Thronbesteigung seiner Gönnerin 1558 zum Oberstallmeister und, trotz seiner Geistesbeschränktheit, zum Geheimrat erhoben und dabei mit Gütern und Gnaden überhäuft, hoffte er sogar auf die Hand der Königin, intrigierte deshalb gegen die Vermählungsanträge von seiten Österreichs und Frankreichs und soll auch seine Gemahlin Amy Robsart, welche von ihm getrennt lebte, vergiftet haben, welcher Verdacht
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 649. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0649.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2023)