verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10 | |
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Als Maler hat er das Hauptverdienst, daß er der Zeichnung die sichere anatomische Grundlage gegeben und das Körperliche in der Beleuchtung zuerst dargestellt hat. Auch strebte er zuerst ein Helldunkel und eine möglichst vollkommene Modellierung an, die er durch zarte Übergänge der Umrisse und Töne ineinander (sfumato) zu erreichen suchte. Seine Karnation hat etwas Glatt-Marmornes; eigen ist sein Gesichtsausdruck bei den Frauen, der in das Lächelnde übergeht; er war hierin ein Vorbild Correggios. Er wußte die merkwürdigsten Verbindungen der menschlichen und der Tiergestalt zur Anschauung zu bringen und wandte letztere schon zu politischen Satiren an. Namentlich aber ist das Porträt durch ihn zur vollsten Selbständigkeit und Vergeistigung gebracht worden, indem es ihm zuerst gelang, das feine Spiel der Empfindungen in seinen Köpfen auszudrücken. Der Ernst männlichen, thätigen wie forschenden Geistes spricht sich besonders in dem heiligen Abendmahl und in dem Reiterkampf um die Standarte, die L. eigne Anmut und Lieblichkeit aber in seinen heiligen Familien aus. Da L. sich in der Ausführung nie genugthun konnte, erklärt es sich, daß er so wenige Gemälde hinterließ, und selbst diese sind zum Teil noch unvollendet. Fast nicht minder schätzbar als seine Gemälde sind Leonardos physikalische und mathematische Schriften. Seine von rechts nach links (in Spiegelschrift) geschriebenen Manuskripte sind mit Zeichnungen versehen, so daß der Gedanke mit der Illustration Hand in Hand geht. In der Mechanik kannte L. unter anderm die Gesetze der auf einen Hebelarm schief wirkenden Kräfte, den gegenseitigen Widerstand der Hebelarme, die Gesetze der Reibung, den Einfluß des Schwerpunktes auf ruhende und bewegte Körper, die Anwendung des Prinzips des Stoßes auf verschiedene Fälle etc. In der Optik beschrieb er vor Porta die sogen. Camera optica, erklärte das Wesen der farbigen Schatten, die Bewegungen der Iris, die Wirkungen, welche die Dauer des Eindrucks im Auge hervorbringt, u. a. Ein großer handschriftlicher und artistischer Schatz von L. war bis 1796 in der Ambrosiana zu Mailand. Man bewahrte daselbst 16 Bände Handschriften und Zeichnungen, wahrscheinlich zum Teil Studienbücher. Sie wurden in dem genannten Jahr als Kriegsbeute nach Paris gebracht, von wo nach dem Sturz Napoleons I. die Ambrosiana nur den berühmten „Codex atlanticus“ zurückerhielt, während 12 Bände in Paris (Bibliothek des Instituts) zurückblieben. Ein Band befindet sich im Britischen Museum zu London, andre Manuskripte in Windsor. Leonardos Schriften wurden herausgegeben von J. P. Richter („The literary works of L. da Vinci“, Lond. 1883, 2 Bde.), das „Buch von der Malerei“ von Ludwig (mit Übersetzung und Kommentar, Wien 1882, 3 Bde.). Die Herausgabe der Pariser Manuskripte begann Ravaisson-Mollien (Par. 1880 ff.). Vgl. L. Amoretti, Memorie storiche sulla vita, gli studj e le opere di L. da Vinci (Mail. 1804); Brown, The life of L. da Vinci (Lond. 1828); Fumagalli, Scuola di L. da Vinci in Lombardia (Mail. 1811); Gallenberg, L. da Vinci (Leipz. 1834); Rio, Léonard de Vinci et son école (Par. 1855); Clément, Michelangelo, L., Raffael (a. d. Franz. von Clauß, Leipz. 1870); Heaton und Black, L. da Vinci and his works (Lond. 1873); M. Jordan, Untersuchungen über das Malerbuch des L. da Vinci (Leipz. 1873); Grothe, L. da Vinci als Ingenieur und Philosoph (Berl. 1874); A. Houssaye, Histoire de Léonard de Vinci (2. Aufl., Par. 1876); Brun in Dohmes „Kunst und Künstler“ 3. Teil; Woltmann-Woermann, Geschichte der Malerei, Bd. 2 (Leipz. 1882).
Leona Vicario, s. Saltillo.
Leonberg, Oberamtsstadt im württemberg. Neckarkreis, an der Glems und der Linie Zuffenhausen-Kalw der Württembergischen Staatsbahn, hat ein Schloß, ein Amtsgericht, ein Rettungshaus für gefallene Mädchen, Fabrikation von Gartenmöbeln, landwirtschaftlichen Maschinen und Schuhwaren, 2 große Hundezüchtereien und (1885) 2240 fast nur evang. Einwohner. L. ist Geburtsort des Philosophen Schelling und des Theologen Paulus.
Leon di Modena (Leo Mutinensis, eigentlich Jehuda Arje di Modena), jüd. Schriftsteller, geb. 23. April 1571 zu Venedig, ward Rabbiner daselbst und starb 1648. Seine Hauptschriften sind: „Bechinat Hakabbala“ (gegen die rabbinische Tradition), „Ari Nohem“ (gegen die Kabbala), „Ben David“ (gegen die Seelenwanderung), „Sur me-ra“ (gegen das Spiel), welch letzteres Werk auch ins Deutsche, Lateinische und Französische übersetzt wurde. Auch hat man von ihm eine Beschreibung der jüdischen Gebräuche: „Historia dei riti ebraici“ (ins Italienische, Englische und Französische übersetzt), ein hebräisch-italienisches und ein chaldäisches Wörterbuch u. a. Vgl. Geiger, L. di Modena (Bresl. 1864).
Leōne, Monte, s. Sankt Gotthard.
Leonforte, Stadt in der ital. Provinz Catania (Sizilien), Kreis Nicosia, auf einer Anhöhe über dem Fluß Dittaino und der Eisenbahn Catania-Licata gelegen, hat Ringmauern, (1881) 15,645 Einw., Bergbau, Baumwollspinnerei, Getreide-, Wein- u. Obsthandel.
Leonhard, Karl Cäsar von, Mineralog und Geolog, geb. 12. Sept. 1779 zu Rumpenheim bei Hanau, studierte 1797–99 in Marburg und Göttingen Cameralia und Mineralogie, trat 1800 zu Marburg als Assessor in den Staatsdienst, folgte 1816 einem Ruf an die Akademie der Wissenschaften zu München und erhielt 1818 den Lehrstuhl für Mineralogie und Geologie an der Universität zu Heidelberg. Hier starb er 23. Jan. 1862. Er schrieb: „Charakteristik der Felsarten“ (das. 1824, 3 Bde.); „Handbuch der Oryktognosie“ (Heidelb. 1826); „Die Basaltgebilde“ (Stuttg. 1832); „Lehrbuch der Geologie und Geognosie“ (das. 1833–35, 2. Aufl. 1849); „Geologie oder Naturgeschichte der Erde“ (das. 1836–45, 4 Bde.); „Naturgeschichte des Steinreichs“ (2. Ausg., das. 1854). Daneben redigierte er von 1830–58 mit Bronn das „Jahrbuch für Mineralogie“. Noch schrieb er: „Aus unserer Zeit in meinem Leben“ (Stuttg. 1854–56, 2 Bde.). – Sein Sohn Gustav, geb. 22. Nov. 1816 zu München, gest. 27. Dez. 1878 als Professor der Geologie in Heidelberg, schrieb: „Handwörterbuch der topographischen Mineralogie“ (Heidelb. 1843); „Geognostische Skizze des Großherzogtums Baden“ (Stuttg. 1846, 2. Aufl. 1861); „Die quarzführenden Porphyre“ (das. 1851); „Die Mineralien Badens“ (das. 1855, 3. Aufl. 1876); „Grundzüge der Mineralogie“ (Leipz. 1851, 2. Aufl. 1860); „Katechismus der Mineralogie“ (3. Aufl., das. 1878); „Grundzüge der Geognosie und Geologie“ (4. Aufl. von Hörnes, das. 1885 ff.). Nach seines Vaters Tod gab er mit Geinitz das „Neue Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie“ heraus.
Leonhardi, 1) Hermann Karl, Freiherr von, Philosoph, geb. 12. März 1809 zu Frankfurt a. M., studierte in Göttingen unter Krause, dessen begeisterter Anhänger (später auch Schwiegersohn) er wurde, in München unter Schelling und Baader Philosophie, an letzterm Ort auch Naturwissenschaften (insbesondere
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 697. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0697.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2021)