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Seite:Meyers b10 s0798.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10

Stimmen aller Nichtsklavenstaaten mit Ausnahme New Jerseys zum Präsidenten erwählt. Diese Wahl gab den über ihre Niederlage erbitterten Südstaaten Anlaß zum Abfall von der Union. L. selbst entging auf seiner Reise nach Washington im Februar 1861 nur mit Mühe einem Mordanfall. In der Rede, mit der er 4. März 1861 das Präsidium antrat, sprach er zwar den Südstaaten das Recht ab, aus der Union auszuscheiden, suchte sie aber zu beruhigen. Doch der Angriff derselben auf Fort Sumter 13. April gab das Signal zum Ausbruch des Bürgerkriegs. Am 15. April erließ L. seinen ersten Aufruf für 75,000 Freiwillige, und wenn er auch nicht gleich die prinzipielle Bedeutung des Kampfes erkannte, so bewahrte er doch auch in den Zeiten höchster Gefahr unerschütterlichen Mut und zähste Ausdauer und wußte diese Eigenschaften auch der Nation einzuflößen. Nachdem er einmal die Abschaffung der Sklaverei als den Preis des Siegs proklamiert, führte er den Krieg mit konsequenter Energie trotz aller Hindernisse und Schwierigkeiten fort, getragen von der begeisterten Anhänglichkeit des Volkes, welches in ihm die Eigenschaften verkörpert sah, auf die es besonders stolz ist. Er ward daher 1864 aufs neue als Kandidat für die Präsidentschaft ausersehen und erhielt die Stimmen fast aller an der Wahl teilnehmenden Staaten. Am 4. März 1865 erfolgte sodann sein zweiter Amtsantritt. Nach dem Fall von Richmond 3. April hielt L. unter dem begeisterten Jubel der Schwarzen seinen Einzug in die ehemalige Hauptstadt der südlichen Konföderation. Allein L. überlebte diesen glorreichen Augenblick nur um wenige Tage, indem am Abend des 14. April der Schauspieler J. Wilkes Booth, ein fanatischer Südländer, während einer Vorstellung in Fords Theater zu Washington dem Leben des Präsidenten durch einen Pistolenschuß ein Ende machte. Lincolns Leiche wurde in feierlichem Zug unter allgemeinster Teilnahme des Volkes nach Springfield in Illinois gebracht und dort auf einem der Nation gehörigen Grundstück beigesetzt. L. war von unbestechlicher Redlichkeit, großer Bescheidenheit und unerschütterlicher Festigkeit des Willens; er hatte einen klaren Verstand und treffendes Urteil, dabei Witz und Humor in der Unterhaltung. Indem er plötzlich starb, als er der Sache der Freiheit durch seine energische Ausdauer den glänzendsten Triumph verschafft hatte, wurde er der populärste, gefeiertste Mann seit Washington, dessen Andenken kein Fleck trüben konnte. Seine Herkunft, sein Vorleben, seine Erscheinung machten L. zum Ideal eines echten Republikaners. Am 14. April 1876 wurde sein Standbild zu Washington feierlich enthüllt. Von den zahlreichen Biographien Lincolns sind hervorzuheben die von Raymond (New York 1866), Lamon (Boston 1872), Stoddard (New York 1884), I. N. Arnold (Chicago 1885) und Thayer (deutsch, Gotha 1885). Vgl. auch Bancroft, Memorial adress of the life and character of A. L. (New York 1866), und „Reminiscences of A. L., by distinguished men of his time“ (hrsg. von Rice, das. 1886). – Lincolns einziger überlebender Sohn, Robert Todd L., geb. 1843, nahm noch am Bürgerkrieg teil, ließ sich dann in Chicago als Advokat nieder und ward 1881 unter Garfield Kriegsminister.

Lincolnshire (spr. lingkö̆nschĭr), Grafschaft im östlichen England, an der Nordsee, zwischen dem Ästuar des Humber und dem Wash, umfaßt 7154 qkm (129,9 QM.) mit (1881) 469,919 Einw. Die Küste ist flach, mit einem Saum von Marschland, der sich im südlichen Teil der Grafschaft zum ausgedehnten, von zahlreichen Kanälen durchschnittenen Fendistrikt erweitert. Ein mäßiger, aus Kreide bestehender Höhenzug (Lincoln Wolds) erstreckt sich vom Humber bis in die Nähe von Wainfleet, etwa 75 km weit. Westlich kommen unter der Kreide Grünstein und Eisenstein vor, und ein breiter Strich von Oxfordthon trennt die Wolds von einem aus Oolithenstein bestehenden Höhenzug (Lincoln Heights), der sich gegen die Westgrenze hin von S. nach N. erstreckt. Die Hauptflüsse sind Trent (zum Humber) und Witham (zum Wash fließend). Das Land ist äußerst fruchtbar und enthält ausgezeichnete Weidebezirke. Die Pferde von L. sind gesucht; die Lincolnschafe (ungehörnt) liefern die beste englische Langwolle; auch Schlachtvieh von vorzüglicher Qualität wird gezüchtet. Von der Oberfläche waren 1886: 59 Proz. unter dem Pflug, 27 Proz. bestanden aus Wiesen- und Weideland. An Vieh zählte man: 67,262 Ackerpferde, 237,775 Rinder, 1,232,377 Schafe und 88,936 Schweine. Der Bergbau lieferte 1885: 1,188,524 Ton. Eisenerz, und in den Hochöfen der Grafschaft wurden 235,381 T. Roheisen hergestellt. Die Industrie ist im allgemeinen unbedeutend. Am wichtigsten ist noch der Maschinenbau, die Herstellung von Ölkuchen und Kunstdünger etc. Die Grafschaft zerfällt in die drei Landesteile Lindsay im N., Kesteven im SW. und Holland (s. Fens) im S. Hauptstadt ist Lincoln.

Lind, Jenny, Opernsängerin, geb. 6. Okt. 1821 zu Stockholm, besuchte die Stockholmer Theaterschule, erhielt ihre künstlerische Ausbildung namentlich unter der Leitung der Musiker Berg und Lindblad und betrat mit 16 Jahren als Agathe im „Freischütz“ zum erstenmal die Bühne unter großem Beifall. Bald darauf (1841) begab sie sich nach Paris, um sich hier bei Garcia weiter auszubilden, und kehrte nach Jahresfrist nach Stockholm zurück; wo sie als Meisterin in Vortrag und Darstellung mit Enthusiasmus aufgenommen wurde. Einer Einladung Meyerbeers folgend, trat sie 1844 in Berlin auf, ging von da nach Wien und Paris und besuchte während der folgenden Jahre fast alle größern Städte Deutschlands sowie Englands, überall die höchsten Triumphe feiernd. Im August 1850 wandte sie sich in Begleitung Benedicts nach den Vereinigten Staaten Nordamerikas, wo sie in Konzerten denselben Enthusiasmus erweckte wie in Europa. Nachdem sie sich in Boston 1851 mit dem Pianisten Otto Goldschmidt (s. d.) vermählt hatte, kehrte sie im Juni 1852 nach Europa zurück und lebte zunächst auf einem Landgut bei Dresden, seit 1858 aber in London. Nach ihrer Rückkehr von Amerika ist sie nur noch in Konzerten und bei Musikfesten aufgetreten, das letzte Mal 1870 zu Düsseldorf in dem von ihrem Gatten komponierten Oratorium „Ruth“. Jenny L., eine edle, hochpoetische Künstlernatur, war ohne Zweifel eine der größten und vielseitigsten Sängerinnen unsers Jahrhunderts. Im Besitz einer bis in die kleinsten Details durchgebildeten Gesangstechnik, ausgestattet mit einem offenen Sinn für das Schöne in der Kunst und besonders begabt zur Darstellung des Anmutigen und Gefühlvollen, errang sie ihre größten Triumphe im lyrischen Genre, sowohl auf der Bühne als Vielka, Nachtwandlerin, Regimentstochter etc. als auch im Vortrag einfacher Volkslieder. Von dem großen Vermögen, welches sie sich auf ihren Kunstreisen erworben, hat sie stets den Bedürftigen aufs freigebigste mitgeteilt; unter anderm überwies sie von Amerika aus die Summe von 500,000 Frank ihrer Vaterstadt zur Gründung einer Erziehungsanstalt für unbemittelte junge Mädchen. Sie starb 2. Nov. 1887.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 798. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0798.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)
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