verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10 | |
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Verfassung war das Ziel seines Strebens. Großes Aufsehen erregte seine Schrift „Über das Verfassungswerk in Schleswig-Holstein“ (1830), wegen der L. verhaftet und vom schleswigschen Obergericht zu Amtsentsetzung, einjähriger Festungsstrafe und Erstattung sämtlicher Untersuchungskosten verurteilt wurde. So kurz und beschränkt seine politische Wirksamkeit gewesen war, so tief eingreifend war bei der Reinheit der Gesinnung, die ihn leitete, ihre Nachwirkung auf den öffentlichen Geist seiner Landsleute. Die Regierung versprach 1831, beratende Stände einzuführen, die bekanntlich 1834 wirklich ins Leben traten. Aus der Haft, die er teils in Rendsburg, teils in Friedrichsort verbüßt, entlassen (Juni 1832), begab sich L. zunächst nach Sylt, dann zur Herstellung seiner zerrütteten Gesundheit 1833 nach Rio de Janeiro, von da 1837 über Marseille in die Schweiz, um sein größeres Werk: „Die Unionsverfassung Dänemarks und Schleswig-Holsteins“ (hrsg. von Beseler, Jena 1841), zu vollenden. Er verlebte in und bei Genf, erkrankt und in der düstersten Gemütsstimmung, noch einige Monate und erschoß sich Ende Februar 1838 bei Pressy am Genfer See. Vgl. Jansen, Uwe Jens L. (Kiel 1872).
Lörrach, Hauptstadt des bad. Kreises L., welcher 960 qkm (17,44 QM.) mit (1885) 93,315 Einw. umfaßt, liegt im alten Markgräflerland an der Wiese und der Linie Basel-Zell i. W. der Badischen Staatsbahn, 296 m ü. M., hat eine evangelische und eine kathol. Kirche, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, zwei Bezirksforsteien, ein Hauptsteueramt, eine große Woll- und Baumwolldruckerei (1753 gegründet) mit 1400 Arbeitern und Export nach vielen überseeischen Ländern, eine große Tuchfabrik, Seidenbandfabrikation, Baumwollspinnerei und -Weberei, eine Schokoladenfabrik, 2 mechanische Werkstätten, Eisen- und Messinggießerei, starken Obst- und Weinbau und (1885) 6795 meist evang. Einwohner. Nahebei Burg Rötteln, früher Sitz der Markgrafen von Hochberg, 1678 von den Franzosen zerstört, seit 1867 restauriert. Vgl. Höchstetter, Die Stadt L. (Lörrach 1883).
Lorrain, Claude, Maler, s. Claude Lorrain.
Lorraine (franz., spr. -rähn), s. v. w. Lothringen.
Lorsch, Marktflecken in der hess. Provinz Starkenburg, Kreis Bensheim, an der Linie Bensheim-Worms der Hessischen Ludwigsbahn, hat ein Amtsgericht, ein Forstamt, eine Oberförsterei, bedeutende Zigarrenfabrikation, Tabaksbau und (1885) 3724 meist kath. Einwohner. Die ehemalige fürstliche Abtei L. (Laurissa), eins der reichsten Klöster in Deutschland, wurde 774 als Benediktinerkloster gestiftet, 1340 in ein Prämonstratenserkloster umgewandelt und im Dreißigjährigen Krieg 1621 durch Feuer zerstört. In der 876–882 als Grabkapelle vorgebauten architektonisch interessanten Vorhalle („bunte Kirche“) die Ruhestätten Ludwigs des Deutschen und seines Sohns Ludwig des jüngern. Die Sage schreibt die Gründung des Klosters der Nibelungenkönigin Ute zu, wie denn auch Siegfried (nach dem Nibelungenlied) in L. bestattet ward. Die Besitzungen des Klosters gingen 1621 an Kurmainz und 1802 an Hessen über. Vgl. Falk, Geschichte des ehemaligen Klosters L. (Mainz 1866).
Lortzing, Gustav Albert, Opernkomponist, geb. 23. Okt. 1803 zu Berlin als Sohn eines Schauspielers, bestimmte sich zunächst für den Stand seines Vaters und wurde, nachdem er die Bühne schon in Kinderrollen betreten, 1819 als jugendlicher Liebhaber und Tenorist in Düsseldorf engagiert, von wo er später an verschiedene andre Theater überging, bis er 1833 in Leipzig festen Fuß faßte. Hier wirkte er nicht nur als Schauspieler und Sänger, sondern auch als Dichter und Komponist zahlreicher Opern mit dem größten Erfolg bis 1844, wo er seine Thätigkeit auf der Bühne mit der des Kapellmeisters vertauschte. Zwei Jahre später ging er in gleicher Eigenschaft an das Pokornytheater zu Wien und 1850 an das Friedrich-Wilhelmstädtische zu Berlin, wo er 21. Jan. 1851 in dürftigen Umständen starb. L. ist der erste und einzige Künstler, der sich seit Dittersdorf mit Erfolg der deutschen komischen Oper gewidmet hat, und seine Arbeiten dieser Gattung tragen schon deshalb den Stempel echter Kunstwerke, weil hier Dichtung und Musik in jenem unmittelbaren Zusammenhang stehen, welcher sich durch die Einheit des Dichters und Komponisten ergab. Dazu war Lortzings Begabung auf beiden Gebieten eine glänzende, und wenn sein Humor auch der Vornehmheit entbehrt, gelegentlich sogar ans Hausbackene und Triviale streift, so leistet er durch gesunde Naivität, volkstümliche Innigkeit, vor allem durch richtige Erkenntnis des dramatisch Wirksamen dafür reichlichen Ersatz. Seine erfolgreichsten Opern: „Die beiden Schützen“ (1837), „Zar und Zimmermann“ (1838) und „Der Wildschütz“ (1842), sind bis zur Gegenwart beliebte Repertoirestücke geblieben und werden sich noch lange auf der deutschen Bühne erhalten. Vgl. Düringer, Albert L. (Leipz. 1851).
Lorze, rechtsseitiger Zufluß der Reuß im schweizer. Kanton Zug, entspringt im Ägerisee (s. d.) in 726 m Seehöhe, zwängt sich dann durch enge Schluchten aus der Bergwelt heraus in das Flachland und mündet in den Zuger See (417 m). Die Wasserkraft des kleinen Flusses wird schon bei Unter-Ägeri, dann in Baar, wo er die Ebene betritt, für die Zwecke der Baumwollspinnerei verwertet. Bei dem Uferort Cham, nahe der Einflußstelle, verläßt die L. den Zuger See und wendet sich zur Reuß.
Los, das unverdiente Glück oder Unglück, insofern wir beides als Wirkung des Zufalls betrachten, daher jede Entscheidung, die dem Zufall oder der Gottheit anheimgestellt wird, besonders der willkürlich gewählte Gegenstand, durch welchen etwas entschieden werden soll. Schon die Hebräer gebrauchten das L. bei wichtigen Angelegenheiten und besonders bei Teilungen; das heilige L. war bei ihnen das Urim und Thummim (s. d.). Etwas Ähnliches hatten die Griechen und Römer in ihren Losorakeln, die gewöhnlich im Herkules- oder Fortunatempel, z. B. in Bura (Achaia) oder zu Präneste (Latium) und Cäre (Etrurien) stattfanden. Man warf mit vier Astragalen, Würfeln oder Stäben, an deren Enden Buchstaben eingegraben waren. Ebenso gebräuchlich war das Losen mit geworfenen Pfeilen oder Zweigstückchen bei den alten Skythen (nach Herodot) und Germanen (nach Tacitus) und ist es noch heute in China. Die Halmwahrsagung („den längern oder kürzern ziehen“ bei den Minnesängern), die Orakel- und Rupfblumen, jetzt durch das Knöpfeabzählen ersetzt, gehören hierher. Im Christentum war es ebenfalls seit jeher gebräuchlich, so ward z. B. der Apostel Matthias (Apostelg. 1, 26) durch das L. gewählt, und noch jetzt werden bei den Brüdergemeinden durch dasselbe Anstellungen und Heiraten entschieden. Im gewöhnlichen Leben wird das L. in vielfacher Beziehung als Entscheidungsmittel gebraucht, und zwar werden dazu vorzüglich Würfel, Zettel oder Täfelchen von gleicher Gestalt und Größe, mit Namen oder Zahlen etc. angewendet, welche gezogen werden, z. B. bei Militärkonskriptionen, Lotterien u. dgl. L. nennt man auch
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 10. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 916. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b10_s0916.jpg&oldid=- (Version vom 10.8.2021)