verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11 | |
|
an mehrere Jahre in Wien, hier namentlich mit Kompositionsstudien sich beschäftigend, und in Ungarn, wo er seine ersten Opern komponierte. Eine derselben, „Heinrich IV. und Aubigné“, schickte er an K. M. v. Weber in Dresden, der sie 1819 mit Beifall zur Aufführung brachte. 1822 ließ er sich selbst in Dresden nieder, wo Weber ihm im folgenden Jahr die Stelle eines Musikdirektors an der Hofoper verschaffte. Nachdem er diese Stellung 1827 aufgegeben, ging er als Kapellmeister nach Leipzig und folgte 1831 einem Ruf als Hofkapellmeister nach Hannover, in welcher Stellung er bis 1859 thätig war. Als Generalmusikdirektor pensioniert, begab er sich 1860 nach Paris, um seine neueste und letzte Oper, „Hjarne“, dort zur Aufführung zu bringen, was ihm indessen nicht gelang. Er starb 14. Dez. 1861 in Hannover. Marschners Bedeutung liegt vorwiegend in seinen Opern, die ein echt deutsches Gepräge tragen und sich insbesondere eng an die Webersche Romantik anschließen. Er erscheint auf diesem Gebiet ebenso glücklich in der Schilderung bewegter Seelenzustände wie auch des Volkstümlichen und Humoristischen. Als seine Meisterwerke sind zu nennen: „Der Vampir“ (1828), „Der Templer und die Jüdin“ (nach W. Scotts „Ivanhoe“, 1829) und „Hans Heiling“ (1833), die letztere Oper ohne Zweifel Marschners abgerundetstes und selbständigstes Werk. Weitere Opern von ihm sind: „Der Kyffhäuserberg“, „Adolf von Nassau“, „Austin“, „Das Schloß am Ätna“, „Der Holzdieb“, „Der Bäbu“, „Des Falkners Braut“ u. a. Außerdem schrieb M. zahlreiche Lieder für eine und mehrere Stimmen (auch in den Opern tritt seine ungemeine Begabung für charakteristische Liedform hervor), Chorgesänge, Quartette, Klavier- und Orchesterwerke. Als Künstler wie als universell gebildeter Mensch allgemein geschätzt, hat M. namentlich in Hannover, wo ihm neuerdings vor dem Hoftheater ein Denkmal errichtet worden ist, eine große Zahl warmer Verehrer hinterlassen. – Seine erste Gattin, Marianne, geborne Wohlbrück, geb. 6. Jan. 1806 zu Hamburg, war früher als Sängerin in Darmstadt, später in Leipzig angestellt, wo sie sich 1826 mit M. verheiratete; sie starb 1834. Seine zweite, ihn überlebende Gattin, die Sängerin Therese Janda, verheiratete sich später mit dem Komponisten Otto Bach (s. d., S. 212) und starb 2. Okt. 1884.
Marschregimenter (Marschbataillone), Truppenteile, welche aus Ersatzmannschaften verschiedener Regimenter nur für den Marsch von der Garnison bis zum mobilen Heer zusammengestellt werden. 1870/71 wurden in Frankreich nach dem Verlust des größten Teils der Feldarmee die aus den vierten Bataillonen aufgestellten Regimenter M., die aus Freiwilligen der Nationalgarde zusammengestellten Truppenkörper, welche mit zum Dienst im offenen Feld verwendet werden sollten (bis 9. Nov. 1870 bereits 80 Bataillone), Marschbataillone genannt.
Marschroute, die für Truppenteile, Kommandos oder einzelne Mannschaften ausgefertigte schriftliche Marschanweisung mit Angabe des einzuhaltenden Wegs, der Quartiere und der etwa zu benutzenden Verkehrsmittel (Eisenbahn, Dampfschiff etc.).
Marschtiefe, s. Marsch.
Marsdiep, Meerenge zwischen der niederländ. Insel Texel und der Provinz Nordholland, 2–4 km breit, führt aus dem Zuidersee in die Nordsee. An ihrer Südseite liegt der Kriegshafen Helder (s. d.).
Marseillaise (spr. -ssäjähs’), der bekannte franz. Freiheits- und Revolutionsgesang: „Allons, enfants! de la patrie le jour de gloire est arrivé, etc.“, der während der großen Revolution Volk wie Soldaten zu wilder Begeisterung entflammte und seitdem zur republikanischen Hymne par excellence geworden ist. Verfasser der M. ist Rouget de Lisle (s. d.), welcher Text wie Melodie in der Nacht vom 24. auf 25. April 1792 (nach der Kriegserklärung) in Straßburg als „Chant de guerre de l’armée du Rhin“ niedergeschrieben haben soll. Nachdem sie durch Abschriften im Elsaß bereits weit verbreitet war, wurde sie 25. Juni 1792 vom Bürger Mireur, einem Abgeordneten von Montpellier, bei dem Bankett, das der Klub der Verfassungsfreunde in Marseille den Marseiller Freiwilligen gab, gesungen. Am folgenden Tag brachte sie das „Journal des départements méridionaux et des amis de la Constitution“ in seinen Spalten unter dem Titel: „Chant de guerre aux armées des frontières“. Einzelabdrücke davon wurden den Freiwilligen, die nach Paris abrückten, geschenkt, und von diesen ward das Lied bei ihrem Einzug in Paris 30. Juli sowie beim Sturm auf die Tuilerien gesungen. Seitdem wurde es unter dem Namen Chant des Marseillais oder M. volkstümlich. Vgl. Le Roix de Sainte-Croix, La M. par Rouget de Lisle (Straßb. 1880); Loth, Le chant de la M., son véritable auteur (Par. 1886).
Marseillan (spr. -ssäjāng), Stadt im franz. Departement Hérault, Arrondissement Béziers, an der Lagune von Thau, mit Hafen, Branntweinbrennerei, Weinhandel und (1881) 3894 Einw.
Marseille (spr. -ssǟj, hierzu Stadtplan), Stadt und Seehafen im südlichen Frankreich, Hauptort des Departements der Rhônemündungen, erste Seehandelsstadt
Wappen von Marseille. | |
Frankreichs und der ganzen Mittelmeerküste, nach London und Liverpool das bedeutendste Küstenemporium Europas, ist amphitheatralisch auf felsigem Terrain in der Form eines Hufeisens um den alten Hafen herumgebaut, ein ehemals viel tiefer ins Land eindringendes, länglich viereckiges Becken mit engem Eingang, dem die Stadt ihre Gründung durch die Phokäer verdankt, die hier die heimatliche Felsenküste wiederfanden. Die Lage von M. ist wie zur Entwickelung einer großen Handelsstadt geschaffen. Der treffliche, leicht zu verteidigende Hafen liegt nahe der für keine Stadtanlage geeigneten, ungesunden Rhônemündung, vor den Anschwemmungen des Flusses geschützt, aber aller Vorteile teilhaftig, die er gewährt, das natürliche Aus- und Eingangsthor des ganzen Rhônebeckens nach dem Mittelmeer hin, der Endpunkt der großen althistorischen Handels- und Völkerstraße im Rhônethal aufwärts nach Deutschland, Nordfrankreich und Nordeuropa überhaupt, zu welchen Ländern, wie die Reisen des Pytheas zeigen, schon das griechische M. Beziehungen unterhielt. So war und ist M. die Vermittlerin zwischen den Gestadeländern des Mittelmeers und dem Orient einerseits, Frankreich und Westeuropa anderseits. Da es seitwärts des Rhônebeckens, nicht in demselben liegt, so ist es niemals der Mittelpunkt einer dasselbe umfassenden politischen Einheit gewesen.
[Stadtteile, Straßen, Plätze.] Die Stadt M. zerfällt in drei Teile: die Altstadt auf der östlichen und nördlichen Seite des Hafens, gegenwärtig der Sitz der Industrie, der maritimen Bevölkerung und der weniger bemittelten Klassen, das Quartier der eigentlichen Marseiller; die bischöfliche Stadt auf der
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0286.jpg&oldid=- (Version vom 16.1.2024)