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Seite:Meyers b11 s0432.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

begreift unter M. im allgemeinen den vorsätzlich falschen Parteieid im Zivilprozeß (M. im engern Sinn, Strafe Zuchthaus von 1–10 Jahren, § 153) und das vorsätzlich falsche beschworne Zeugnis und Gutachten (gleiche Strafe, bei schwerem Erfolg noch erhöht, § 154). Wissentlich falsche Versicherung an Eides Statt, d. h. falsches Handgelübde u. dgl., ist mit Gefängnis von 1–3 Jahren bedroht (§ 156). Während andre Gesetzgebungen (richtiger) immer Vorsätzlichkeit und Wissentlichkeit voraussetzen, kennt das Reichsstrafgesetzbuch auch den fahrlässigen Falscheid (§ 163, Gefängnis von einem Tag bis zu einem Jahr). Wohl zu scheiden von „Versicherung an Eides Statt“ ist es, wenn gewisse Religionsgesetze die Ablegung eines Eides verbieten und die Gesetze den Religionsgenossen statt des Eides eine feierliche Beteurungsformel gestatten. Diese Beteurungen gelten dem Eid gleich, und ihre Falschheit wird als M. oder fahrlässiger Falscheid bestraft. Mit Recht hat das Reichsstrafgesetzbuch die Verleitung zum M. und Falscheid als besonderes Vergehen behandelt (§ 159, 160), ebenso den Bruch einer eidlichen Sicherheitsgelobung u. dgl.: „Eidesbruch“ (§ 162). Das österreichische Strafgesetzbuch (§ 199a, 204) behandelt den M. als eine Art Betrug und bestraft denselben unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Interessen, die durch den M. geschädigt wurden. Vgl. Liszt, M. und falsches Zeugnis (Wien 1876).

Meineke, August, ausgezeichneter Philolog, geb. 8. Dez. 1790 zu Soest in Westfalen, vorgebildet zu Schulpforta, studierte seit 1810 in Leipzig, besonders unter Hermann, wurde 1811 Lehrer am Conradinum zu Jenkau (bei Danzig), 1815 Professor am Danziger Gymnasium, 1817 Rektor desselben, 1826 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums zu Berlin, 1830 Mitglied der Akademie, trat 1857 mit dem Titel eines Geheimen Regierungsrats in den Ruhestand und starb in Berlin 12. Dez. 1870. M. war Meister der Konjekturalkritik. Sein Hauptwerk sind die „Poëtarum comicorum graecorum fragmenta“ (Berl. 1839–57, 5 Bde.; kleinere Ausg., das. 1847, 2 Bde.). Vorstudien dazu waren die „Curae criticae in comicorum fragmenta ab Athenaeo servata“ (Berl. 1814), „Quaestiones Menandreae“ (das. 1818), „Menandri et Philemonis reliquiae“ (das. 1823), „Quaestiones scenicae“ (das. 1826–30, 3 Tle.); damit verbindet sich die Textrezension des Aristophanes (Leipz. 1860, 2 Bde.; dazu „Vindiciae Aristophaneae“, das. 1865). Sodann hat M. hervorragende Verdienste um die alexandrinischen Dichter. Hierher gehören: „Analecta alexandrina“ mit den Fragmenten des Euphorion, Rhianos, Alexandros Ätolos, Parthenios (Berl. 1843) und die Ausgabe des Kallimachos (das. 1861); auch veröffentlichte er: „Delectus poëtarum anthologiae graecae“ (das. 1842) und „Choliambica poësis Graecorum“ (hinter dem Babrios von Lachmann, das. 1845). Sonst edierte er von den Geographen „Scymni Chii et Dionysii descriptio Graeciae“ (Berl. 1846), Stephanos von Byzanz (das. 1850, Bd. 1) und Strabon (Leipz. 1852–53, 3 Bde.; dazu „Vindiciae Strabonianae“, Berl. 1852); von spätern Prosaikern noch Alkiphron (Leipz. 1853), Stobäos (das. 1855–63, 6 Bde.), Athenäos (das. 1858–67, 4 Bde.; dazu „Exercitationes in Athenaei Deipnosophistas“, Berl. 1843–46, 2 Tle.); von griechischen Dichtern Theokrit, Bion und Moschos (das. 1825, 1836 u. 1856), des Äschylos „Perser“ (das. 1853) und „Prometheus“ (das. 1853), des Sophokles „Antigone“ (das. 1861) und „Ödipus Koloneus“ (das. 1863); von Lateinern den Horaz (das. 1834, 1844 u. 1854). Vgl. F. Ranke, Aug. M. (Leipz. 1871); Sauppe, Zur Erinnerung an M. und Bekker (Götting. 1872).

Meiners, Christoph, Geschichtschreiber, geb. 31. Juli 1747 zu Warstede bei Otterndorf im Land Hadeln, ward 1772 außerordentlicher, 1775 ordentlicher Professor der Philosophie in Göttingen; starb daselbst 1. Mai 1810. Von seinen Werken, meist philosophisch-geschichtlichen Inhalts, sind hervorzuheben: „Geschichte des Ursprungs, Fortgangs und Verfalls der Wissenschaften in Griechenland und Rom“ (Lemgo 1781–82, 2 Bde.); „Vergleichung der Sitten des Mittelalters mit denen des 18. Jahrhunderts“ (Hannov. 1793–94, 3 Bde.); „Geschichte des weiblichen Geschlechts“ (Zürich 1798–1800, 4 Bde.); „Über die Verfassung und Verwaltung deutscher Universitäten“ (1801); „Geschichte der Entstehung und Entwickelung der hohen Schulen“ (Zürich 1802–1805, 4 Bde.).

Meinersen, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, Kreis Gifhorn, an der Oker und der Linie Berlin-Lehrte der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, eine Ackerbauschule, ein Amtsgericht und (1885) 752 Einw.

Meinerzhagen, Marktflecken im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Altena, an der Volme, 360 m ü. M., hat ein Amtsgericht, Gelbgießerei, Papier-, Eisen- und Stahlwarenfabrikation, Branntweinbrennerei und (1885) 2567 meist evang. Einwohner.

Meine Tante, deine Tante, Hasardspiel mit Karte, unterscheidet sich vom Landsknecht oder Kümmelblättchen (s. d.) nur dadurch, daß der Bankier nicht Ein in die Mitte zu legendes Blatt abzieht, sondern zwei, wovon eins auf seine, eins auf die Karte der Pointeurs zu liegen kommt. Der Teil gewinnt, dessen Blatt zuerst erscheint. Fallen beide gleichzeitig, so ist das Spiel nach Abmachung unentschieden oder für die Bank gewonnen.

Meinhold, Johann Wilhelm, Dichter und Schriftsteller, geb. 27. Febr. 1797 zu Netzelkow auf der Insel Usedom, studierte zu Greifswald, ward sodann Rektor in Usedom, bald darauf Pfarrer in Koserow auf Usedom, 1826 zu Krummin bei Wolgast, 1844 zu Rehwinkel bei Stargard. Seit 1850 im Ruhestand, starb er 30. Nov. 1851 in Charlottenburg. M. trat zuerst mit „Gedichten“ auf (2. Aufl., Leipz. 1835), die von kräftiger Gesinnung zeugen; später zeigte er eine Hinneigung zum Katholizismus, die schon aus seinem romantisch-religiösen Epos „Otto, Bischof von Bamberg“ (Greifsw. 1836) ersichtlich ward. Am bekanntesten machte er sich durch den angeblich aus alten Kirchenbüchern entnommenen, in Wirklichkeit aber von ihm erfundenen und mit künstlichem Archaismus in der Sprache des 17. Jahrh. gehaltenen Roman „Maria Schweidler, die Bernsteinhexe“ (3. Aufl., Leipz. 1872), dessen Stoff H. Laube dramatisch bearbeitete. Das Gegenstück dazu: „Sidonia von Bork, die Klosterhexe“ (Leipz. 1847, 3 Bde.) fand weniger Beifall. Die Bewegung von 1848 veranlaßte M. zu der sehr konservativen Schrift „Die babylonische Sprachen- und Ideenverwirrung der modernen Presse“ (Leipz. 1848). Seine „Gesammelten Schriften“ (Leipz. 1846–47, 7 Bde.) enthalten auch einige Schauspiele und die „Humoristischen Reisebilder von Usedom“. Als Band 8 und 9 erschien der von seinem 1852 zum Katholizismus übergetretenen Sohn Aurel Emanuel (gestorben als Pfarrer zu Hochkirch 14. Jan. 1873) vollendete Roman „Der getreue Ritter oder Sigismund Hager und die Reformation“ (Regensb. 1858) und als Supplement eine Ausgabe der Lehninschen Weissagung (Leipz. 1849) mit Übersetzung und wunderlicher Erklärung.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0432.jpg&oldid=- (Version vom 23.8.2021)
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