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Seite:Meyers b12 s0454.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

herausgegeben. Vgl. Mörner, De Orosii vita ejusque historiarum libris VII (Berl. 1844). Außerdem besitzen wir von ihm noch eine durch die Pelagianischen Streitigkeiten veranlaßte Abhandlung über die Freiheit des menschlichen Willens. Die Zeit seines Todes ist unbekannt.

Orotāva (sonst Aurotopala), Stadt auf der Nordwestküste der Kanarischen Insel Teneriffa, am Fuß des Pico de Teyde, 5 km vom Meer, wo in der offenen Reede ein lebhafter Verkehr herrschte, als die Insel berühmte Weine und Seide ausführte, hat einen schönen botanischen Garten und (1877) 8293 Einw. Die Stadt ist im Sommer Lieblingsaufenthalt reicher Kanaresen. In der Nähe das Landhaus La Paz, welches 1799 Humboldt bewohnte, der hier den berühmten „Drachenbaum von O.“ beschrieb, dessen Stamm 15 m Umfang hatte, der aber in einem Sturm 2. Jan. 1868 zu Grunde ging.

Orotschen (Orotschonen), Volk in Sibirien, tungusischen Stammes, dessen Wohngebiet an beiden Ufern des Amur im N. bis Jablonowoi Krebet von den Quellen des Amazor bis zu denen des Oldoi reicht. In diesem ausgedehnten Gebiet ermittelte man aber 1875 nur 260 Individuen. Im S. der russischen Küstenprovinz haben sie sich mit Mansen vermischt, und aus dieser Vermengung ist ein in Lebensweise, Sitte, Charakter und physischer Beschaffenheit von den O. abweichendes Volk entsprungen, das unter dem Namen der Tasen oder Tadse aufgeführt wird. Die O. sind meist umherstreifende Jäger und liegen nur nebenbei am Meer und an den Flüssen dem Fischfang ob.

Oroya (spr. orōja), Ortschaft im Departement Junin (Peru), am Jaujafluß, 3775 m ü. M., mit Lima durch eine Eisenbahn verbunden, welche in 4769 m Höhe über die Küstenkordillere führt.

Orphanīten („Waisen“), Partei der Hussiten, welche sich nach ihres Führers Ziska Tod (1424) so nannte und unter Führung Prokops des Kleinen und Bedrichs von Straznitz u. a. eine Mittelstellung zwischen den Kalixtinern und Taboriten einnahm, indes meist mit den letztern im Bund war.

Orphanotrophĭum (griech.), Waisenhaus.

Orphéon (spr. -ong), in Frankreich der allgemeine Name für Männergesangverein. Besondere Verdienste um die Einführung des Gesangunterrichts an den Volksschulen in Paris hat Bocquillon-Wilhem (1818). Als dieser Gesangunterricht 1825 obligatorisch wurde, eröffnete man gleichzeitig Gesangvereine für die Arbeiterklassen, und die Einrichtung fand begeisterte Aufnahme. Jetzt hat Frankreich etwa 1500 Orphéons mit über 60,000 Mitgliedern (Orphéonistes); mehrere Musikzeitungen vertreten speziell die Interessen dieser Vereine, welche auch in ihrer Gesamtheit als O. (etwa s. v. w. Sängerbund) bezeichnet werden. – O. heißt auch wohl die Drehleier.

Orpheus, griech. Sängerheros der mythischen Vorzeit, den man zugleich für den Repräsentanten einer eignen, nach Thrakien eingewanderten Dichterschule hält, war nach der gewöhnlichen Sage ein Sohn des Apollon und der Muse Kalliope und wurde nebst Thamyris und Herakles von Linos im Gesang unterrichtet. Der ursprüngliche Sitz der Sagen über ihn war Pierien mit den alten Musenquellen und das thrakische Hebronthal. Die Macht seines Gesanges zur siebensaitigen Leier war so gewaltig, daß er selbst Bäume und Felsen bewegte und die wildesten Tiere zähmte. Als er seine Gattin Eurydike durch den Biß einer Schlange verloren hatte, erfüllte er mit seinen Klagen Berge und Thäler, stieg endlich in den Hades hinab, um die Geliebte zurückzuholen, und rührte durch seinen Gesang und sein Saitenspiel das Herz Persephones so sehr, daß sie der Eurydike gestattete, dem Gemahl zur Oberwelt zu folgen, unter der Bedingung, daß er nicht eher nach ihr umblicke, als bis sie dieselbe erreicht hätten. Aber der Ungeduldige hielt diese Bedingung nicht, und so mußte die Gattin in den Hades zurückkehren. Eine vorzügliche antike Darstellung dieser erneuten Trennung der Liebenden durch den Seelenführer Hermes ist uns erhalten in einer Reliefkomposition, die in verschiedenen Exemplaren (in der

Hermes, Eurydike und Orpheus (Relief der Villa Albani in Rom).

Villa Albani zu Rom, s. Abbildung; im Neapeler Museum, in Paris etc.) auf uns gekommen ist. Ganz thrakisch gekleidet erscheint O. mehrfach auf Vasenbildern, die ihn leierspielend oder von den thrakischen Frauen verfolgt vorführen. O. soll auch die Argonauten begleitet haben. Seinen Tod fand er auf dem Hämos, wo er nächtlich während der Dionysosfeier von den rasenden Bacchantinnen zerrissen ward. Das Haupt aber und die Leier des Sängers schwammen auf den Wellen des Hebros und durch das Meer nach der Sängerinsel Lesbos, wo man beides in einem Grabe bei Antissa beisetzte. In späterer Zeit, besonders seit Peisistratos, bildete man O. zu einem Weihe- und Sühnepriester um, der fortan von dem Sänger O. ganz getrennt erscheint. Er galt als der Stifter und das Haupt der Orphiker, einer seit etwa 600 v. Chr. entstandenen mystischen Sekte, die in dem mystischen Kult des Dionysos Zagreus ihren Mittelpunkt hatte und eine eigentümliche spekulative Theologie mit pantheistischen Anschauungen sowie einer auf asketischen Lehren beruhenden Lebensweise ausbildete. Diese Sekte schrieb dem O. allerlei Sühngebräuche, Weihungen, wie sie bei den Mysterien üblich waren, sowie zahlreiche Dichtungen und Schriften zu, welche in ihrer Mitte, zum Teil erst ziemlich spät, entstanden waren. Die frühsten Anfänge dieser Orphischen Litteratur lassen sich in dem Zeitalter der Peisistratiden nachweisen, in dem Onomakritos (s. d.) die Orphischen Lieder und Sagen sammelte (zum Teil auch fälschte) und das Hauptwerk: „Orphische Theologie“, schrieb. Letztere bearbeiteten außerdem die Peripatetiker Eudemos und Hieronymos sowie der Stoiker

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0454.jpg&oldid=- (Version vom 26.8.2022)
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