verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12 | |
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den Vizeadmiral Cruys Peter d. Gr. empfohlen, 1704 in russischen Seedienst, gewann bald des Zaren vollstes Vertrauen und ward zu den wichtigsten Geschäften verwendet. Er wirkte wesentlich zur Abschließung des Friedens am Pruth (23. Juli 1711) und leitete die Friedensunterhandlungen zu Nystad (10. Sept. 1721), worauf er zum Freiherrn und Geheimrat und 1725 zum Reichsvizekanzler ernannt wurde. Katharina I. bestimmte ihn auf dem Sterbebett zum Oberhofmeister und zum Mitglied des Regentschaftsrats während der Minderjährigkeit ihres Nachfolgers Peter II. 1730 ward O. in den Grafenstand erhoben und von der Kaiserin Anna mit dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten betraut. Als 1740 die Prinzessin Anna von Braunschweig sich zur Reichsverweserin erklärte, behauptete O. seine einflußreiche Stellung; die Thronbesteigung Elisabeths aber führte seinen Sturz herbei. Unter der Anschuldigung, Elisabeths Ausschließung von der Thronfolge bei der Kaiserin Anna bewirkt und das Testament der Kaiserin Katharina I. unterschlagen zu haben, wurde er zur Hinrichtung durch das Rad verurteilt. Schon hatte er 27. Jan. 1742 das Blutgerüst bestiegen, als das Todesurteil in lebenslängliche Verbannung nach Sibirien verwandelt wurde. Hier starb er 25. Mai 1747 in Beresow. Seine beiden Söhne, welche kinderlos starben, adoptierten die Söhne ihrer an den General Tolstoi verheirateten Schwester, die seitdem O.-Tolstoi hießen. Unter ihnen zeichnete sich besonders aus
2) Alexander Iwanowitsch, Graf O.-Tolstoi, geb. 1772, nahm an den Kriegen gegen die Türken und Polen rühmlichen Anteil, wurde 1798 Generalmajor und erhielt 1805 als Generalleutnant den Oberbefehl über das russische Korps, welches mit schwedischen und englischen Hilfstruppen die Diversion nach dem nördlichen Deutschland zu machen bestimmt war. Nach seiner Rückkehr ward er Gouverneur von Petersburg. 1806 führte er eine Division in Bennigsens Heer, erhielt 1812 das Kommando des 4. Armeekorps und nahm mit diesem an dem ganzen Feldzug von 1812 mit Auszeichnung teil. 1813 ward er bei Bautzen verwundet, focht dann bei Dresden und befehligte das russische Gardekorps 29. und 30. Aug. bei Kulm, wo ihm der linke Arm zerschmettert wurde. Vereinigt mit Klenau bewirkte er die Übergabe Dresdens; dann war er 1815 kurze Zeit Gesandter in Paris. 1817 erhielt er das Patent eines Generals der Infanterie. Nachdem er mehrere Jahre in Frankreich und Italien zugebracht, unternahm er 1831 in Begleitung Fallmerayers eine Reise nach dem Orient und ließ sich 1837 zu Petit-Saconnex am Genfer See nieder, wo er 12. Febr. 1857 starb.
Ostermonat, deutscher Name des Aprils.
Ostermundingen, kleiner Ort in der Nähe von Bern, bekannt durch die in großem Maßstab ausgebeuteten Sandsteinbrüche, welche (seit 1871) mit der Bahnstation O. (Linie Bern-Luzern) durch eine Zweigbahn verbunden sind. Die Ausbeutung des sehr kompakten Sandsteins, der in einer Mächtigkeit von 45–60 m auf einer Nagelfluhschicht ruht, geschieht durch eine Aktiengesellschaft (seit 1865).
Ostern (Osterfest), das Fest der Auferstehung Jesu, hat wahrscheinlich seine deutsche Benennung von dem Feste der altsächsischen Frühlingsgöttin Ostara. Mit dem Kultus, der ihr vor Einführung des Christentums gewidmet wurde, hängen die Namen der Osterwälder, Osterberge und die Gebräuche des Osterfeuers, der Ostereier etc. (s. Ostergebräuche) zusammen. Der Ursprung des Festes dagegen ist jüdisch (s. Feste und Passah). Die judenchristlichen Gemeinden hielten sich an den 14. Nisan des jüdischen Kalenders, während die römischen und andern an sie sich anschließenden Gemeinden davon ausgingen, daß vor allem die Jahresfeier der Auferstehung an einem Sonntag begangen werde, wobei sie zur Erinnerung an das Leiden und den Tod Jesu den vorhergehenden Freitag ausersahen und denselben kalendarisch so feststellten, daß er entweder mit dem 14. Nisan zusammenfiel oder demselben folgte. Seit Mitte des 2. Jahrh. wurde diese Verschiedenheit der Feier Gegenstand des Streits (Osterstreit) zwischen den verschiedenen Kirchen, und das nicäische Konzil (325) entschied sich im wesentlichen für die römische Sitte, indem es die Feier des seitdem vorzugsweise der Auferstehung geltenden Osterfestes auf den Sonntag nach dem 14. Nisan festsetzte. Die Anhänger der judenchristlichen Osterfeier bezeichnete man mit dem Ketzernamen „Quartodezimaner“ oder „Tessareskaidekatiten“. Der Feier des Auferstehungsfestes ging schon früh ein vorbereitendes Fasten (s. d.) voran. Das Fest selbst galt als die beliebteste Taufzeit, auch nahm die Kirche an demselben die reuigen Gefallenen (s. Lapsi) wieder auf. Die Bedeutung des Festes sowie der Umstand, daß nach ihm alle übrigen „beweglichen“ Feste des Sommers berechnet wurden, führte dahin, daß man an vielen Orten mit dem Osterfest das Jahr begann. Ihm unmittelbar voraus ging die mit dem Palmsonntag (s. d.) beginnende Karwoche (s. d.). Am Mittwoch derselben wird noch jetzt zu Rom in der Sixtinischen Kapelle das „Miserere“ gesungen. Es folgen der Gründonnerstag (s. d.) und der Karfreitag (s. d.), das sogen. Leidensostern (pascha staurosimon), welches im Lauf des 3. Jahrh. vom Auferstehungsostern (pascha anastasimon) unterschieden wurde. Der dazwischenliegende Ostersonnabend war in der alten Kirche ein allgemeiner Fasttag, bestimmt zur Vorbereitung auf die Taufe. Am Abend versammelte sich die Gemeinde zu einem feierlichen Nachtgottesdienst (Ostervigilie), der bis zum Ostermorgen dauerte. Jetzt zeichnet sich der Ostersonnabend in Rom durch die Taufe und Konfirmation der Neubekehrten im Lateran und durch die große Messe in der Sixtinischen Kapelle aus. In der päpstlichen Kapelle werden das Feuer und die Osterkerze (cereus paschalis) geweiht; alle Familien lassen das Ostermahl segnen, welches in einer Eiersuppe, einem Fladen und einem gerösteten Zicklein besteht. Auch werden an diesem Tag in der römischen Kirche die Ampeln in den Gotteshäusern mit frischem Öl versehen, alle Kerzen ausgelöscht und frische angezündet (Lichtersabbat). Die Glocken schweigen vom Karfreitag bis zum Ostersonntagmorgen. Dieser Ostersonntag wurde schon in der alten Kirche als erstes Freudenfest begangen. Die Christen empfingen sich frühmorgens mit dem Osterkuß und dem Zuruf: „Er ist auferstanden“, worauf der Begrüßte antwortete: „Er ist wahrhaftig auferstanden“. Ähnliches existiert heute fast nur noch in der griechischen Kirche. Eine mittelalterliche Sitte war das sogen. Ostergelächter (risus paschalis). Es wurden nämlich in den Osterpredigten zur Erheiterung der Zuhörer allerlei Schwänke (Ostermärlein) erzählt. Die Dauer der Feier erstreckte sich in der alten Kirche auf die ganze Osterwoche, daher der nächste (sogen. weiße) Sonntag Osteroktave hieß, jetzt ist fast allgemein nur der Ostermontag noch ein kirchlicher Feiertag. Gegenwärtig wird das Osterfest immer am Sonntag nach dem Frühlingsvollmond und, wenn dieser selbst auf einen Sonntag trifft, an dem nächstfolgenden gefeiert. Unter dem
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0479.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2022)