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Seite:Meyers b12 s0627.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

ein Findelhaus, Irrenhaus etc. Theater gibt es in P. vier, von denen das königliche Teatro Bellini und das Teatro Massimo für die Oper bestimmt sind. Ferner besitzt P. ein prachtvolles Sommertheater, Politeama genannt. Spaziergänge sind das Foro Italico mit dem anstoßenden Floragarten, dann der Englische Garten. Merkwürdig ist in P. das jährlich im Juli mehrere Tage hindurch mit Ausschmückung der Stadt, Illumination und Feuerwerken gefeierte Fest der heil. Rosalia. P. ist der Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs, Kassations- und Appellhofs, Zivil- und Korrektionstribunals und Handelsgerichts, einer Finanzintendanz, eines Hauptzollamtes, einer Post- und Telegraphendirektion, eines Generalkommandos, einer Handelskammer und zahlreicher Konsuln fremder Staaten (darunter auch eines deutschen). Die Hauptzierde der Umgebung der Stadt ist der 597 m hohe Monte Pellegrino mit prachtvoller Aussicht und der Grottenkirche der heil. Rosalia, in welcher dieselbe im 12. Jahrh. gestorben sein soll. Ihre Gebeine wurden im 17. Jahrh. aufgefunden, und da sie, nach P. gebracht, der Pest ein Ende machten, so wird sie seitdem als Schutzheilige verehrt und zu ihrer Grotte gewallfahrtet. Sehenswert sind auch die in den Vororten gelegenen beiden alten normännischen, in würfelartiger Grundform erbauten Paläste Zisa (mit herrlicher Aussicht vom Dach) und Cuba (jetzt Kaserne), der berühmte Dom von Monreale (s. d.) und das palastähnliche ehemalige Benediktinerkloster San Martino. Erwähnung verdienen noch die Villen Belmonte, Serradifalco, Tasca, Favorita u. a. mit ihren herrlichen Gärten. Merkwürdig ist endlich das westlich von der Stadt gelegene Kapuzinerkloster mit seinem Friedhof (mumifizierte Leichen).

[Geschichte.] P., das Panormos der Alten, wurde von den Phönikern, bei denen es Machanath Choschbim („Lager der Buntwirker“) hieß, gegründet, gehörte später den Karthagern und war im ersten Punischen Krieg die Hauptstation der Flotte derselben. Nachdem die Römer die Stadt 254 v. Chr. erobert und einen Angriff der Karthager 250 zurückgeschlagen hatten, machten sie dieselbe zur Kolonie (Colonia Augusta Panormitanorum). 515 wurde es zwar von den Goten erobert, doch 534 von Belisar wieder besetzt. 831 eroberten es die Sarazenen. 1072 bemächtigte sich der Normanne Robert Guiscard der Stadt. Die spätern Könige von Sizilien, Roger II., Wilhelm I. und Wilhelm II., wurden in P. gekrönt, das nun Residenz wurde. Durch Constantia, Tochter Rogers II., kam es an den hohenstaufischen Kaiser Heinrich VI. Kaiser Friedrich II. wurde hier erzogen, hatte hier als König beider Sizilien seinen prächtigen Hofhalt und wurde, wie sein Vater, hier begraben (s. oben). Sein natürlicher Sohn Manfred regierte von P. aus Sizilien erst als Reichsverweser, dann (seit 1258) als König. Nachdem er bei Benevent 1266 gefallen, bemächtigten sich die Franzosen Siziliens und seiner Hauptstadt. Aber das Volk rächte blutig das Andenken Konradins, des letzten Sprößlings des schwäbischen Herrschergeschlechts; die Sizilianische Vesper, durch welche alle Franzosen auf der Insel ermordet wurden, begann 1282 in P. Hierauf ward Peter von Aragonien in P. zum König gekrönt. Dieses blieb nun Hauptstadt und nominell Residenz, wenigstens Sitz des Vizekönigs. Am 3. Juni 1676 wurde die spanisch-holländische Flotte bei P. von der französischen unter Vivonne und Duquesne geschlagen. 1693 und 1. Sept. 1726 wurde die Stadt durch Erdbeben bedeutend beschädigt. 1799 mußte sich Ferdinand IV. vor den Franzosen von Neapel nach P. flüchten und residierte hier mit kurzer Unterbrechung bis 1815. Als Ferdinand IV. Neapel und Sizilien als „Königreich beider Sizilien“ zu Einem Reich vereinigte, brach in P. 1820 ein Aufruhr aus, welcher die Stadt allen Greueln einer Pöbelherrschaft preisgab, bis sie 5. Okt. sich dem General Pepe ergeben mußte. Am 5. März 1823 wurde P. abermals durch ein Erdbeben bedeutend beschädigt. 1837 raffte die Cholera in P. innerhalb 6 Wochen 26,000 Menschen hinweg. Im September 1847 brachen in P. neue Unruhen aus, die 12. Jan. 1848 zu einem allgemeinen Aufstand führten. Nach blutigem Kampf wurden die königlichen Truppen zurückgeschlagen und zogen sich in die nahegelegenen Forts und in den königlichen Palast zurück, der 25. Jan. aber ebenfalls vom Volk erstürmt wurde. Am 4. Febr. konstituierte sich das Generalkomitat von P. als provisorische Regierung für ganz Sizilien, und 25. März wurde das sizilische Parlament nach P. einberufen. Nachdem aber Messina gefallen und der größte Teil der Insel von den königlichen Truppen besetzt worden war, ergab sich 15. Mai 1849 auch P. Am 26. Mai 1860 erschien Garibaldi vor der Stadt und nahm sie, vom Volk unterstützt, tags darauf. Nur die Citadelle hielten die königlichen Truppen noch besetzt und bombardierten von hier aus die Stadt, wurden aber schon 30. Mai zur Kapitulation gezwungen und schifften sich einige Tage später nach Neapel ein. Seitdem gehört P. zu Italien, ist aber wieder der Hauptherd der Unzufriedenheit gegen die neue Regierung. Vgl. Oppermann, Palermo (Bresl. 1860); Löher, Palermo (Münch. 1864); Springer, Die mittelalterliche Kunst in P. (Bonn 1869); Schubring, Historische Topographie von Panormus (Lüb. 1871).

Pales, altitalische Gottheit der Weiden, als Gott, häufiger jedoch als Göttin gedacht und mit der Vesta oder mit Anna Perenna zusammengestellt. Ihr zu Ehren wurde 21. April das ländlichheitere Fest der Palilien oder Parilien (zugleich Stiftungsfest der Stadt Rom) gefeiert, an welchem die Hirten nebst dem Vieh zur Reinigung durch ein angezündetes Strohfeuer springen mußten und die Göttin aus Hirse gebackene Kuchen und Milch als Opfer erhielt.

Palestrīna (das alte Präneste, s. d.), Stadt in der ital. Provinz Rom, südöstlich von Tivoli, terrassenförmig am steilen Monte Glicestro gelegen, Sitz eines Bischofs, mit einer Kathedrale, einem Seminar, dem weitläufigen Palazzo Barberini, interessanten Mauern aus verschiedenen Epochen (von den vorrömischen Kyklopenmauern bis zu den sarazenischen Arbeiten des Mittelalters) und (1881) 5855 Einw. Die Stadt ist an der Stelle eines antiken Fortunatempels erbaut, von welchem noch Reste vorhanden sind, darunter ein prächtiger Mosaikfußboden mit ägyptischen Darstellungen (gegenwärtig im Palast Barberini). Über der Stadt liegt auf steiler Höhe mit herrlicher Aussicht die antike Arx Pränestina, jetzt Kastell San Pietro, mit Resten der 1332 erbauten Burg der Familie Colonna und hübscher Kirche, die ganz mit Alabaster und Marmor verkleidet ist. P. ist die Vaterstadt des berühmten Musikers Palestrina.

Palestrīna, Giovanni Pietro Aloisio Pierluigi da, mit dem Familiennamen Sante, nach seinem Geburtsort, der Stadt Palestrina, P. (lat. Praenestinus) genannt, wurde wahrscheinlich 1514 oder 1515 (nach andern erst 1524 oder 1529) geboren, kam 1540 nach Rom, wo er in der Schule des Goudimel seine Ausbildung erhielt, war 1544–51 Organist an der Hauptkirche seiner Vaterstadt und wurde 1551 zum Magister puerorum (Lehrer der Singknaben)

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 627. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0627.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2024)
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