Zum Inhalt springen

Seite:Meyers b12 s0818.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

welcher durch die Ränke seiner Gegner in den Hermokopidenprozeß verwickelt und auf Leben und Tod angeklagt wurde, lähmte den Unternehmungsgeist des athenischen Heers, welches überdies in Italien und Sizilien wenig Beistand fand. Nach glücklichen Anfängen stockte die Belagerung von Syrakus; die Verteidiger sammelten ihre Kräfte, stellten sich den Athenern auch zur See entgegen und errangen 413 über die athenische Flotte, obwohl sie durch 70 Schiffe unter Demosthenes verstärkt worden war, entscheidende Siege, welche die Athener zum Rückzug zu Lande zwangen, auf dem ihr Heer 413 am Assinaros gänzlich zu Grunde ging.

Hiermit war Athens Kraft gebrochen, seine Hilfsquellen fast erschöpft und seine Autorität über den Seebund erschüttert. Und nun veranlaßte Alkibiades, der schon durch die von ihm angeratene Unterstützung von Syrakus durch die Spartaner den Athenern großen Schaden zugefügt hatte, Sparta auch zum Wiederbeginn des offenen Kriegs durch die plötzliche Besetzung von Dekeleia in Attika und zur Errichtung einer Seemacht mit persischer Hilfe (Dekeleischer Krieg 413–404). Die Athener nahmen zwar den Kampf mannhaft auf, wurden aber durch die Verwüstung Attikas, den Abfall Euböas und vieler asiatischer Bundesgenossen daran gehindert, ihre Kräfte wieder zu sammeln, und rieben sich überdies durch innern Zwiespalt auf, der, ebenfalls von Alkibiades genährt, um seine Zurückberufung zu erlangen, 411 sogar zum Umsturz der Solonischen Verfassung und zur Einsetzung einer Oligarchie des Rats der Vierhundert, die aber nur drei Monate bestand, führte. Eine günstige Wendung für Athen schien einzutreten, als Alkibiades, von der Flotte bei Samos zurückgerufen, die Perser von kräftiger Unterstützung der spartanischen Flotte abhielt, diese bei Abydos und bei Kyzikos 410 besiegte, die Städte an der Propontis wiedereroberte und 408 in Athen selbst zum Oberfeldherrn mit unbeschränkter Vollmacht ernannt wurde. Jedoch der jüngere Kyros, welcher inzwischen die Statthalterschaft von Kleinasien übernommen, leistete jetzt den Peloponnesiern wirksame Hilfe; sie verstärkten ihre Flotte in Ionien und stellten sie unter die Oberleitung des Lysandros, welcher den Seekrieg mit überlegenem Geschick führte und durch rücksichtslose Unterstützung der oligarchischen Parteien in allen Städten der spartanischen Politik dauernden Halt verlieh. In Athen aber verhinderten die gewissenlosen Parteiführer, namentlich die Oligarchen, den Abschluß eines günstigen Friedens, benutzten 407 das Mißgeschick des Unterfeldherrn des Alkibiades bei Notion, um diesen selbst zu stürzen, und bewirkten 406 die Verurteilung der Feldherren, welche bei den Arginusen gesiegt hatten, und von denen sechs hingerichtet wurden, weil sie des Sturms wegen die Leichen nicht gesammelt hatten. Lysandros vernichtete darauf die letzte athenische Flotte 405 bei Ägospotamoi und erzwang, unterstützt von den verräterischen Oligarchen, im Frühjahr 404 die bedingungslose Übergabe der Stadt Athen, welche dem von Korinth und Theben geforderten völligen Untergang entging, aber sich den von den Spartanern diktierten Friedensbedingungen, Niederreißung der langen Mauern, Auslieferung der Flotte, Verzicht auf jede Herrschaft außerhalb Attikas und Unterordnung unter den Peloponnesischen Bund, unterwerfen mußte. Das Ergebnis des 27jährigen Kriegs war also der Sturz der athenischen Macht, aber ohne daß das siegreiche Sparta den Zweck des Kriegs, die Unabhängigkeit der griechischen Staaten, ehrlich und entschieden ins Werk gesetzt hätte oder im stande gewesen wäre, seinerseits Griechenland unter seiner Herrschaft zu einigen. Durch die Vernichtung des geistigen Mittelpunkts des griechischen Volkes, Athens, als politischer Macht, durch die Steigerung des Hasses und der Eifersucht zwischen den Staaten von Hellas war eine politische Einheit desselben unmöglich gemacht und damit sowie durch die Schwächung der Kraft des Volkes und durch die Bündnisse mit fremden Mächten auch seine Freiheit aufs höchste gefährdet worden. Die ausgezeichnete Geschichte des Kriegs von dem Zeitgenossen Thukydides (s. d.) aus Athen reicht bloß bis 411; der Rest ist in Xenophons „Hellenika“ beschrieben. Vgl. Gilbert, Beiträge zur innern Geschichte Athens im Zeitalter des Peloponnesischen Kriegs (Leipz. 1877).

Pelops, im griech. Mythus Sohn des phrygischen Königs Tantalos (s. d.), Bruder der Niobe, ward von seinem Vater in Stücke geschnitten und gekocht den Göttern als Speise vorgesetzt. Die Götter merkten aber den Betrug und ließen das Mahl unberührt; nur Demeter verzehrte die eine Schulter. Zeus befahl darauf dem Hermes, die Stücke wieder in den Kessel zu legen, aus welchem dann Klotho den Knaben in erneuter Schönheit hervorzog. Die fehlende Schulter ersetzte Demeter durch eine elfenbeinerne, daher alle Pelopiden als erbliches Abzeichen ihres Geschlechts ein weißes Mal auf der Schulter hatten. Zum schönen Jüngling herangewachsen, kam P. nach Pisa in Elis als Freier der Hippodameia, der Tochter des Königs Önomaos, welcher bereits viele Freier seiner Tochter im Wagenrennen besiegt und darauf erschlagen hatte. Mit Hilfe der geflügelten Rosse, welche ihm Poseidon geschenkt hatte, oder durch die Treulosigkeit von Önomaos’ Wagenlenker Myrtilos errang P. jedoch den Sieg und mit der Braut die Herrschaft von Pisa. Als hierauf Myrtilos den bedungenen Lohn seines Verrats verlangte, wurde er von P. bei Gerästos auf Euböa ins Meer gestürzt, und von dieser Frevelthat her schreibt sich der Fluch, der fortan auf dem Haus des P. ruhte und der ein fruchtbarer Stoff für die Tragödie wurde. Pindar leugnet, daß Demeter die Schulter des P. gegessen habe, und erzählt, Poseidon habe seinen Liebling P. in den Olymp entführt. Hippodameia gebar P. sechs Söhne: Atreus, Thyestes, Pitheus, Alkathoos, Pleisthenes und Chrysippos. Seine Herrschaft dehnte P. von Pisa zunächst über Olympia, wo er die Spiele erneuerte, dann über Arkadien aus. Die ganze südliche Halbinsel Griechenlands aber erhielt von ihm den Namen Peloponnes, und vor allen Heroen wurde er hoch verehrt. Sein Grabmal fand sich am Alpheios bei Pisa. Vgl. Klausen, Über den Mythus des P. (im „Philologus“, Bd. 7, Götting. 1853); Ritschl, Opuscula (Bd. 1, S. 795 ff.).

Pelorĭenbildung, das Auftreten einer regelmäßigen Blüte (Pelorie) an Stelle einer zygomorphen, kommt nicht selten bei Linaria vulgaris bei einzelnen Blüten und an ganzen Stöcken, auch bei Digitalis, Calceolaria und andern Lippenblütlern, ferner bei Violaceen, Papilionaceen und Orchideen vor. Die Blüten von Linaria erhalten bei der P. mehrere Sporne, bisweilen bis zu zehn, ebenso steigt häufig die Anzahl der Kronenabschnitte und der Staubgefäße. Pflanzen mit zygomorphen Blüten haben in der Regel keine Gipfelblüten; kommen aber solche ausnahmsweise zur Entwickelung, so werden sie durch P. aktinomorph. Jedoch können auch Seitenblüten pelorisch werden, wie dies unter andern bei manchen Gloxinia-Arten der Gärten regelmäßig geschieht.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 818. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0818.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2023)
OSZAR »