verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12 | |
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geschieht entweder in der Art, daß eine einzelne an der Spitze des ganzen Organismus oder des einzelnen Organs vorhandene Zelle (Scheitelzelle) sich fortgesetzt teilt und die Teilprodukte (Segmente) in gesetzmäßiger Weise die einzelnen Organe oder Organpartien zur Anlage bringen, wie bei sämtlichen Kryptogamen und in besondern Fällen auch bei Phanerogamen, oder dadurch, daß an der Spitze des Organs eine Gruppe ziemlich gleichartiger Zellen (Meristemzellen) nach bestimmten Teilungsgesetzen sich vermehrt. Als allgemeine Regel gilt dabei, daß die Richtung der Zellteilungen nur von der Wachstumsrichtung und der Gestalt des Organs, jedoch nicht von seiner morphologischen Natur abhängt, indem die neu auftretenden Teilungswände fast ausnahmslos senkrecht zu den schon vorhandenen auftreten. Aus diesem einfachen, zuerst von Sachs aufgestellten Prinzip lassen sich selbst die so kompliziert erscheinenden Zellnetze von Stengel- und Wurzelspitzen auf ein einfaches Schema zurückführen. Diejenigen Zellwandrichtungen, welche dem Umfang des Organs parallel sind, werden als Periklinen, diejenigen dagegen, welche nach dem Umfang hin gerichtet sind oder ihn schneiden, als Antiklinen bezeichnet; beide Richtungen bilden in den meisten Stamm- und Wurzelscheiteln zwei Systeme sich rechtwinkelig schneidender konfokaler Parabeln oder Hyperbeln. Die Vegetationspunkte der blattbildenden Sprosse und der Wurzeln sind insofern grundverschieden, als das Embryonalgewebe der letztern von einer Schutzschicht, der Wurzelhaube, bedeckt wird; neue Wurzelvegetationspunkte werden ferner immer nur innerhalb andrer Gewebe (endogen), nie an freien Vegetationspunkten (exogen), wie die Blätter und Sprosse, angelegt. Die spezielle Umrißform des Vegetationspunktes hängt von der Art des zu bildenden Organs ab; gewöhnlich hat er die Form eines parabolischen Kegels; soll ein flaches Organ sich bilden, so verflacht er sich zu einem Hügel oder einer Scheibe; nicht selten senkt sich der Vegetationspunkt auch napfförmig ein, wie besonders bei der Anlage von Blüten. Entweder kann sich ein ganzer Vegetationspunkt in ein Organ verwandeln, oder er besitzt unbegrenztes Wachstum und erzeugt unterhalb seines Scheitels fortgesetzt höckerartige Aussprossungen, deren jüngere jedesmal dem Scheitel näher stehen als die ältern (akropetale Entstehung). Die oberflächlichen Auswüchse sind entweder Blätter oder neue Sproßvegetationspunkte, durch welche die Verzweigung eingeleitet wird. Die Blattanlagen nehmen meist nur einen Teil des Scheitelumfangs ein, können jedoch auch eine volle Querzone desselben in Anspruch nehmen, wodurch eine die Sproßachse umfassende Scheide, wie am Blatte der Gräser, der Knötericharten und vieler Aroideen, entsteht. Die Verzweigung wird dadurch, daß die Sproßanlagen in der Achsel von Blatthöckern auftreten, zu einer axillären; es können jedoch auch, wie bei den Blütenständen der Kruciferen und bei vielen Gefäßkryptogamen, Sprosse außerhalb von Blattachseln auftreten; andernfalls kann sich ein Vegetationspunkt in zwei gleichwertige neue teilen, wie an den Sprossen der Lykopodien (Dichotomie). Die endogene Entstehung von Sproßanlagen ist in allen genau untersuchten Fällen nur eine scheinbare, indem die exogen entstandenen Vegetationspunkte nachträglich von dem Gewebe des Hauptsprosses eingehüllt werden. Außer dem embryonalen Gewebe am Stamm- und Wurzelscheitel verharren bei den mit Dickenwachstum begabten Pflanzen auch weiter rückwärts gelegene Schichten (Kambium) in teilungsfähigem Zustand, durch welche ein sekundärer Zuwachs in der Querrichtung vermittelt wird. Gleichzeitig finden in diesen Schichten auch die endogen entstehenden Nebenwurzeln ihren Ursprung. Schließlich können neue Vegetationspunkte auch aus Dauergewebe an beliebigen Stellen der Pflanze hervorgehen (Adventivbildungen), indem gewisse Zellen desselben von neuem Teilungsprozesse einleiten; es findet dies besonders bei der Wurzelbildung aus Blättern oder beliebigen Sproßachsen, ferner bei der Bildung der sogen. Brutknospen, z. B. an Blättern von Cardamine, Bryophyllum calycinum und von Farnen, statt.
Stellungs- und Symmetrieverhältnisse wachsender Organe. Wachsende Pflanzenorgane zeigen in der Regel einen Gegensatz zwischen der Basis, mit welcher sie aus ihrem Träger entspringen, und einem frei beweglichen Scheitel; verbindet man die organischen Mittelpunkte aufeinander folgender Querschnitte eines Organs durch eine Linie, so erhält man die Wachstumsachse. Längs derselben können sich dieselben Organbildungen als Folgeglieder (Metameren) wiederholen, wie z. B. an blattbildenden Sprossen die Internodien. Nach dem Bauplan der Querschnittsfläche eines Organs lassen sich drei verschiedene Typen unterscheiden. Radiär gebaut sind diejenigen Organe, bei welchen auf dem Querschnitt 3, 4 oder mehr Radialrichtungen die gleiche Organisation aufweisen wie die Hauptwurzeln und senkrecht wachsenden Sproßachsen. Bilateral sind solche, bei denen zwei zu einander symmetrische Hälften vorhanden sind, wie z. B. bei einem mit zwei gegenüberliegenden Blattreihen besetzten Sproß. Bei dem dorsiventralen Typus endlich tritt quer zur Wachstumsachse ein scharfer Gegensatz zwischen Ober- und Unterseite auf; diesem Typus gehören viele horizontal kriechende Sprosse an, welche oberseits Blätter und Seitenachsen, unterseits Wurzeln erzeugen, ferner die meisten Blätter, auch einige Blütenstände, wie die Wickel der Borragineen, die zu den Wasserfarnen gehörige Pilularia u. a. Mit dem radiären oder dorsiventralen Bau hängt aufs engste die Art und Weise zusammen, mit der sich unter Einwirkung äußerer Kräfte, wie Schwerkraft, Licht etc., das Organ gegen den Horizont richtet (s. unten). Ferner wird aber auch die Anordnung der Blätter und Seitensprosse durch diese verschiedenen Typen bestimmt. So erzeugen radiäre Organe quirlig oder spiralig gestellte Blätter, während sich die ein- oder zweireihige Blattanordnung an dorsiventralen Sprossen nicht auf spiralige Anordnung zurückführt läßt. Die Anschauungen der ältern morphologischen Schule über die Bedeutung der Spiralstellung sind überhaupt als zu idealistisch zu betrachten, da die sogen. Divergenz (s. Blatt, S. 1012 f.) durch mechanische Ursachen, besonders durch den Druck der jüngern Blattorgane und des Mutterorgans, zu stande kommt.
Allgemeine Ursachen des Wachstums. Die Form eines wachsenden Pflanzenorgans wird von der neuern Botanik nicht als bloß thatsächlich gegeben, sondern als ursachlich bedingt betrachtet; nur hat es große Schwierigkeiten, diese Ursachen im speziellen aufzufinden. Der Nachweis, daß das Wachstum eines Organs mit dem eines zweiten ursachlich verknüpft ist, läßt sich bisweilen leicht führen. Schneidet man z. B. an einer wachsenden Kartoffelpflanze vor Beginn der Knollenbildung die oberirdischen Teile fort, so verwandeln sich die Endknospen der unterirdischen fadenförmigen Ausläufer, statt in Knollen, in Laubsprosse, welche sich aufrichten
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 967. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0967.jpg&oldid=- (Version vom 7.4.2024)