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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

wozu der Boden des Landes noch immer reiches Material bietet. Unter den nordischen Ländern hat Rußland seine Philologen meist aus Deutschland berufen. In Schweden und Norwegen blieb man immer im Zusammenhang mit den Richtungen deutscher Philologen; Dänemark besaß in Nikolai Madvig (1804–86) einen der bedeutendsten Philologen dieses Jahrhunderts, der auch unter keineswegs günstigen Verhältnissen vortreffliche Schüler gebildet hat. Griechenland ist durch seine Vergangenheit auf antiquarische Untersuchungen angewiesen; es fehlt denselben nicht an tüchtigen Pflegern, besonders in Athen selbst.

Der große Umfang des Gebiets der P. hat Teilung der Arbeit notwendig gemacht: die Archäologie hat sich bereits isoliert, die Epigraphik wird es thun müssen und ebenso die Linguistik; aber gedeihen können alle einzelnen Zweige nur, wenn jeder Forscher sich des Zusammenhanges bewußt bleibt und das, was auf andern Gebieten erreicht wird, nicht unbeachtet läßt.

An Zeitschriften, welche teils die gesamte Wissenschaft umfassen, teils einzelne Zweige derselben behandeln, ist kein Mangel. Sie haben in Holland mit den „Observationes miscellaneae“ 1732 von d’Orville begonnen und sind von diesem mit dem ältern Burman noch von 1740 bis 1751 fortgesetzt; Wyttenbach gab 1779–1809 die „Bibliotheca critica“ heraus, auf welche Bake, Geel u. a. 1825–30 die „Bibliotheca critica nova“ folgen ließen. In den Jahren 1852–62 und in neuer Reihe seit 1863 haben die Leidener die „Mnemosyne“ herausgegeben, die hauptsächlich durch Cobets kritische Arbeiten gefüllt wird. In Deutschland wurden die (Göttinger) „Bibliothek der alten Litteratur und Kunst“ (1786 in 3 Bdn.) und die Sammlungen von Ruperti und Schlichthorst (seit 1794) von F. A. Wolfs „Museum der Altertumswissenschaft“ (1807–1809) und den „Litterarischen Analekten“ desselben (1816–20, 2 Bde.), vor allen aber von dem von Niebuhr 1827 begründeten „Rheinischen Museum“ überragt, das durch Ritschl und Welcker (zuletzt Klette) seit 1833 fortgeführt und 1877 in die Hände von Ribbeck und Bücheler übergegangen ist. In Göttingen begannen Schneidewin und v. Leutsch 1846 den „Philologus“, zu dessen Ergänzung der „Philologische Anzeiger“ (seit 1869) dient; in Berlin Hübner 1866 den „Hermes“, in München Bursian 1873 die „Jahresberichte über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaft“. Während diese vier fortbestehen, sind andre, z. B. das „Athenäum“ (1816), das „Archiv von Seebode“, die „Zeitschrift für die Altertumswissenschaft“ (1834–54), das „Schweizerische Museum“ und die „Eos“ (2 Bde.), wieder eingegangen. Die dem höhern Schulwesen gewidmeten Zeitschriften: die „Jahrbücher für P. und Pädagogik“ (bestehend seit 1826), die Berliner „Zeitschrift für das Gymnasialwesen“ (seit 1847), die „Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien“ (seit 1850), das „Gymnasium“ (Paderb., seit 1883), beachten auch die P. als Wissenschaft, die „Blätter für das bayrische Gymnasialwesen“ (seit 1865) dagegen fast nur die Zwecke der höhern Schulen. In der neuesten Zeit sind die „Philologische Rundschau“ (Brem., seit 1880), die Berliner „Philologische Wochenschrift“ (seit 1881) und die „Wochenschrift für klassische P.“ (Berl., seit 1884) entstanden. Daneben bestehen archäologische Zeitungen (in Berlin seit 1843, in Athen und Wien seit 1876, in den Rheinlanden seit 1842) sowie epigraphische und numismatische. Die vergleichende Sprachforschung hat seit 1851 in der Kuhnschen Zeitschrift ein ausgezeichnetes Organ. England hat erst 1809 mit „The classical Journal“ begonnen, welches sich bis 1829 hielt; daneben erschienen einige Jahre (bis 1833) ähnliche Zeitschriften in Cambridge und London („The classical Museum“); jetzt finden diese Arbeiten in dem „Journal of philology“ (seit 1868) oder in den allgemeinen Wochenschriften Platz. Frankreich hatte von 1845 bis 1847 eine „Revue de philologie“, die 1877 wieder aufgenommen worden ist; zahlreicher sind dort die linguistischen Zeitschriften und besonders die archäologischen (die „Revue archéologique“ seit 1844) und numismatischen. Dieselbe Richtung zeigt sich in Italien, wo jedoch 1873 auch eine „Rivista di filologia“ begonnen hat. In Kopenhagen erscheint seit 1860 eine „Nordisk Tidskrift for Philologi og Paedagogik“, ebenso in Petersburg seit 1872 eine Zeitschrift für P., deren größter Teil leider in russischer Sprache geschrieben wird. Für Griechenland gibt es archäologische und philologische Zeitschriften in griechische Sprache, eine derselben erscheint seit 1860 in Konstantinopel. Die in Nordamerika ihrem Titel nach hierher gehörenden Zeitschriften sind wesentlich linguistischen Inhalts. Vgl. Böckh, Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften (2. Aufl. von Klußmann, Leipz. 1886); Hirzel, Grundzüge zu einer Geschichte der klassischen P. (Tübing. 1873); Hübner, Grundriß zu Vorlesungen über die Geschichte und Encyklopädie der klassischen P. (Berl. 1876); Bursian, Geschichte der klassischen P. in Deutschland (Münch. 1883).

Philologie der neuern Sprachen. Wenn unter „Philologie“ diejenige berufsmäßig gelehrte Thätigkeit verstanden wird, welche die Erforschung der Litteratur- und Kunstschätze, namentlich aber auch die Erforschung und wissenschaftliche Darstellung der Sprache eines Volkes zum Gegenstand hat, und wenn wir unter „neuern Sprachen“ die noch gegenwärtig lebenden Sprachen, insbesondere die lebenden Kultursprachen, und unter diesen wieder vorzugsweise die dem indogermanischen Stamm angehörigen europäischen Sprachen verstehen, so ergibt sich der Begriff der P. sehr leicht. Nur werden wir denselben im Vergleich zu demjenigen der „klassischen Philologie“ etwas enger fassen und ihn auf die wissenschaftliche Erforschung und Darstellung der Sprachen und Litteraturen der modernen (europäischen Kultur-) Völker beschränken müssen, während die klassische Philologie außer den Sprachen und Litteraturen auch die Kunst, ja das gesamte Kulturleben des griechisch-römischen Altertums in den Kreis ihrer Forschung und Darstellung einbezieht. Eine derartige Ausdehnung der philologischen Wissenschaft würde in Bezug auf das ganz ungleich vielseitigere und ausgedehntere Geistesleben der modernen Kulturvölker geradezu unmöglich sein, selbst wenn auch nur diejenigen Europas berücksichtigt werden sollten. Es ist daher vollkommen berechtigt, wenn man nicht im allgemeinen von einer „modernen Philologie“, sondern lediglich von einer P. spricht. Indessen auch der Umfang der P. ist ein so bedeutender und so Verschiedenartiges in sich schließender, daß er niemals von einem Einzelnen in seiner Totalität zum Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung gemacht worden ist, noch je wird gemacht werden können. Es scheiden sich vielmehr aus dem Gesamtgebiet der P. große Einzelgruppen aus: die romanische, die germanische, die slawische Philologie, von denen sich eine jede dann wieder in Einzelphilologien (z. B. die französische, englische, deutsche, russische etc.) spaltet. Wissenschaftlich nicht berechtigt, aber im praktischen Leben sehr üblich ist es, die den drei modernen Hauptkultursprachen (der französischen,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 1014. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s1014.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2022)
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