verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12 | |
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„Willen“ in sich vereinigt, einen idealistischen (mystisch-pantheistischen), E. Dühring durch seine „P. der Wirklichkeit“ einen realistischen (atomistisch-materialistischen) Dogmatismus wiedererweckt, beiden gegenüber F. A. Lange (1828–75), auf Kant zurück- und von diesem fortschreitend, einen erkenntnistheoretischen Skeptizismus (Kritizismus) aufgestellt, welcher jeden Versuch einer (idealistischen wie realistischen) Metaphysik (mit Kant) für „Dichtung“, zugleich aber diese selbst (im Unterschied von Kant) für „die schönste und freieste“, vom ästhetisch-idealen Gesichtspunkt aus unentbehrliche Dichtung des Menschengeistes erklärt. Gleichzeitig macht sich in Frankreich dem Materialismus und Positivismus gegenüber eine durch die Schule Maine de Birans und des von Schelling und Hegel befruchteten V. Cousin (1792–1867) genährte idealistische Reaktion im Platonischen, in England dem Materialismus und Empirismus gegenüber eine solche (durch Collyns Simon, Fraser u. a.) im Berkeleyschen, durch (den zum deutschen Idealismus neigenden) Herbert Spencer im Hegelschen Geist geltend. In allen drei Ländern, in Frankreich seit der Restauration durch die Schulen Saint-Simons und Aug. Comtes sowie durch die „Radikalen“ Pierre Leroux und Proudhon, in England durch die Chartisten und englischen Positivisten Lewes, Buckle, Taylor u. a., in Deutschland neuestens durch Dühring und Lange, ist die P. (nicht eben zu ihrem Heil) mit der Gesellschaftswissenschaft und der sozialen Frage in Verbindung gebracht, ihr wissenschaftlicher Charakter aber (ähnlich wie in den letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts) durch Streben nach Popularisierung, Einmischung von religiösen, politischen und nationalen Parteitendenzen sowie Berufung auf den sogen. gesunden Menschenverstand vielfach geschädigt worden. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß, nachdem die P. aus Mangel eines herrschenden Systems lange Zeit bloß geschichtlich behandelt worden ist, für dieselbe infolge des kaum übersehbaren empirischen Materials, welches der kritischen Sichtung und systematischen Bearbeitung dringend bedarf, eine Zeit der Erneuerung auf Grundlage der Erfahrung und des Kantschen Kritizismus in Aussicht steht.
Vgl. über die Geschichte der P. außer den ältern Werken von Brucker, Buhle, Degérando, Tennemann (s. diese Artikel): Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der P. (2. Aufl., Berl. 1840–44, 3 Bde.); verschiedene Werke von V. Cousin (s. d.); Reinhold, Lehrbuch der Geschichte der P. (4. Aufl., Jena 1854, 3 Bde.); Ritter, Geschichte der P. (Hamb. 1836–53, 12 Bde.); Kuno Fischer, Geschichte der neuern P. (Heidelb. 1852–76, Bd. 1–6, mehrfach aufgelegt); Überweg, Grundriß der Geschichte der P. (7. Aufl. von Heinze, Berl. 1886–88, 3 Bde.); Erdmann, Grundriß der Geschichte der P. (3. Aufl., das. 1877, 2 Bde.); Lewes, History of philosophy (5. Aufl., Lond. 1878; deutsch, 2. Aufl., Berl. 1873–75); Zeller, Die P. der Griechen (4. Aufl., Leipz. 1876–81, 3 Bde.; „Grundriß“, 2. Aufl. 1886); Derselbe, Geschichte der deutschen P. seit Leibniz (Münch. 1872); Eucken, Geschichte der philosophischen Terminologie (Leipz. 1879); Dühring, Kritische Geschichte der P. (2. Aufl., das. 1873); Windelband, Geschichte der neuern P. (das. 1878–80, 2 Bde.); Falckenberg, Geschichte der neuern P. (das. 1886); Brasch, Die P. der Gegenwart (das. 1887); ferner Franck, Dictionnaire des sciences philosophiques (2. Aufl., Par. 1874); Noack, Philosophie-geschichtliches Lexikon (Leipz. 1878); „Archiv für Geschichte der P.“ (hrsg. von Stein, Berl. 1887 ff.), und die Abschnitte über P. in den Artikeln: Deutsche, Englische und Französische Litteratur.
Philosophisches Ei, eiförmige Phiole, in welcher die Alchimisten den Stein der Weisen zu erzeugen strebten.
Philosophisches Recht, s. Vernunftrecht.
Philostorgĭos, aus Kappadokien, geb. 368, gestorben um 430, schrieb eine Kirchengeschichte in zwölf Büchern, wovon noch ein von Photios bearbeiteter Auszug vorhanden ist (hrsg. Paris 1673 und Canterbury 1720).
Philostrătos, 1) Flavius P. der ältere, aus Lemnos, griech. Rhetor und Sophist zu Ende des 2. Jahrh., schrieb, von der Kaiserin Julia Domna veranlaßt, eine Biographie des Apollonios von Tyana: „Vita Apollonii“, welche die Verherrlichung der Pythagoreischen Philosophie bezweckt (hrsg. von Aldus, Vened. 1501; deutsch von Baltzer, Rudolst. 1883); dann „Vitae sophistarum“ (hrsg. von Kayser, Heidelb. 1838); „Heroica“, eine Erzählung und Charakteristik der von den Heroen vor Troja verrichteten Thaten, in dialogischer Form abgefaßt und auf Belebung der sinkenden Volksreligion abzweckend (hrsg. von Boissonade, Par. 1806); „Epistolae“, 73 an der Zahl, meist erotische Spielereien (hrsg. von Boissonade, das. 1842); „Imagines“, in 2 Büchern, eine Beschreibung einer Anzahl von (wahrscheinlich erfundenen) Gemälden (hrsg. mit des Kallistratos „Statuae“ von Jacobs und Welcker, Leipz. 1825; vgl. Goethes Aufsatz: „Philostrats Gemälde“, die Schriften von Friederichs, Erlang. 1860; Brunn, Leipz. 1861), und „De arte gymnastica“ (hrsg. von Volckmar, Aur. 1862). Sämtliche Schriften des P. wurden herausgegeben von Kayser (neue Ausg., Leipz. 1870–71, 2 Bde.) und Westermann (Par. 1849), ins Deutsche übersetzt von Jacobs und Lindau (Stuttg. 1829–39). Vgl. Bertrand, Un critique d’art dans l’antiquité. P. et son école (Par. 1882).
2) P. der jüngere, ebenfalls Rhetor und Sophist, Neffe des vorigen, hielt sich zeitweilig in Rom auf, wo er beim Kaiser Caracalla in Gunst stand, lebte und lehrte aber in Athen und starb 264 n. Chr. in Lemnos. Von seinen Schriften sind nur die „Imagines“ erhalten, ein Werk, welches dem gleichnamigen des ältern P. nachgebildet ist, jedoch an Reichtum der Erfindung wie an Gewandtheit in der Ausführung jenem weit nachsteht. Es findet sich in der Gesamtausgabe der Werke des vorigen.
Philōtas, Sohn des makedon. Feldherrn Parmenion, befehligte im Krieg Alexanders d. Gr. gegen Persien die Reiterei der Leibwache; tapfer, aber hochmütig und unzufrieden mit des Königs Verhalten gegen die unterworfenen Völker, machte er von einer Verschwörung gegen Alexanders Leben keine Anzeige, ward deswegen gefoltert und nach seinem Geständnis in Prophthasia 329 v. Chr. gesteinigt.
Philotechnīe (griech.), Liebe zu Kunst oder Gewerbe; daher Philotechnos, Kunstfreund.
Philoteknīe (griech.), Liebe zu den Kindern.
Philotesīe (griech.), s. Gesundheittrinken.
Philotimīe (griech.), Ehrliebe, Ruhmsucht.
Philoxenīe (griech.), Gastfreundlichkeit.
Philoxĕnos, 1) griech. Dithyrambendichter, auf der Insel Kythera um 435 v. Chr. geboren, kam als Kriegsgefangener in den Besitz des Musikers Melanippides, der ihn ausbildete und freiließ. Er hielt sich eine Zeitlang in Sizilien am Hof des ältern Dionysios auf, der ihn seines Freimuts wegen in die Steinbrüche steckte, wofür er sich durch witzige Verspottung des Tyrannen in seinem berühmtesten Dithyrambos: „Kyklops“, rächte. Er starb 380 in Ephesos. Seine Dithyramben waren wegen des originellen
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 1022. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s1022.jpg&oldid=- (Version vom 7.2.2022)