verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13 | |
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Posse, Arvid, Graf, schwed. Staatsmann, geb. 15. Febr. 1820 auf Rosendal in Schonen, studierte in Lund und war 1847–49 dem Hofgericht von Schonen beigegeben, wandte sich dann aber der Verwaltung seiner Güter zu. 1856 trat er in das Ritterhaus des Reichstags und verfocht hier die Vorrechte des Adels gegen die Versuche einer Verfassungsreform. Nach der Annahme derselben (1866) ward er in die Zweite Kammer des Reichstags gewählt und stellte sich als Verfechter radikaler Reformen an die Spitze der Landmannspartei. 1876 ernannte ihn der König zum Präsidenten der Zweiten Kammer. Als das Ministerium de Geer wegen der Ablehnung seines Wehrpflichtgesetzes seine Entlassung nahm, wurde P. 19. April 1880 zur Bildung eines neuen Kabinetts berufen. Er stellte sich die Durchführung einer gleichzeitigen Heeres- und Steuerreform zur Aufgabe, wurde aber dabei von seiner eignen Partei im Stiche gelassen und trat im Juni 1883 zurück, worauf er zum Präsidenten des Kammergerichts ernannt wurde.
Posselt, Ernst Ludwig, deutscher Historiker, geb. 22. Jan. 1763 zu Durlach in Baden, studierte zu Göttingen und Straßburg, ward 1784 Professor am Gymnasium zu Karlsruhe und 1791 Amtmann zu Gernsbach bei Rastatt. Wegen seiner Sympathien für die Ideen der französischen Revolution vielfach angefeindet, legte er 1796 sein Amt nieder. Die Verwickelung seines Freundes, des Generals Moreau, in den bekannten Hochverratsprozeß machte auf P. den tiefsten Eindruck; in einem Anfall von Irrsinn stürzte er sich in Heidelberg aus dem Fenster auf die Straße und starb infolge davon 11. Juni 1804. Ein sehr geschickter Kompilator, wußte P. seinen Schriften durch glänzende Darstellung einen nicht geringen Reiz zu verschaffen. Hervorzuheben sind von ihnen: „Geschichte der Deutschen“ (Leipz. 1789–90, 2 Bde.; fortgesetzt von Pölitz 1805–19, 2 Bde.; neue Ausg., Stuttg. 1828, 4 Bde.); „Taschenbuch für die neueste Geschichte“ (Nürnb. 1794–1803, 9 Bde.); „Europäische Annalen“, Monatsschrift (Tübing. 1795–1804, bis 1820 fortgesetzt); „Kleine Schriften“ (Nürnb. 1795). Sein Leben beschrieb Gehres (Karlsr. 1827, 2 Bde.).
Possen, Berg der Hainleite in Thüringen, 3,5 km südlich von Sondershausen, 461 m hoch; hier ein Jagdschloß des Fürsten von Sondershausen mit Wildpark, Fasanerie und hohem Aussichtsturm.
Possenhofen, Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt München II, links der Isar, am westlichen Ufer des Starnberger Sees und an der Linie München-Peißenberg der Bayrischen Staatsbahn, hat ein schönes Schloß des Herzogs Max von Bayern mit prachtvollem Park u. 99 kath. Einwohner.
Possession (lat.), Besitz, Besitzung.
Possessīv (lat.), besitzanzeigend; Pronomina possessiva, s. Pronomen.
Possessor bonae fidĕi (lat.), gutgläubiger Besitzer, einer, der im rechtmäßigen Besitz zu sein glaubt; s. Bona fides.
Possessōrische Rechtsmittel, Klagen, die den Schutz des Besitzes bezwecken, und durch welche entweder ein beanspruchter Besitz verschafft, ein gestörter erhalten, oder ein verlorner wiedergewonnen werden soll; im Gegensatz zu den petitorischen Klagen, welche den Schutz des Eigentums bezwecken.
Possevīno, Antonio, päpstl. Legat, geb. 1534 zu Mantua, trat 1559 in den Jesuitenorden. 1577 sandte ihn der Papst nach Schweden, woselbst es ihm gelang, den König Johann III. 1578 zum Übertritt zur katholischen Kirche zu bewegen. 1581 ging P. nach Rußland, wo er den Hauptzweck der Reise, die Vereinigung der russischen mit der römischen Kirche, nicht erreichte. Dann reiste er als Missionär durch Livland, Böhmen, Sachsen, überall für den Katholizismus Propaganda machend. Seit 1587 lebte P. zu Padua, Bologna, Venedig und Ferrara, wo er 1611 starb. Sein Werk „Commentarii de rebus moscoviticis etc.“ (Wilna 1586) ist eine wichtige Quelle für die Kirchengeschichte. Aus der Zahl seiner andern Schriften ist zu erwähnen die „Bibliotheca selecta de ratione studiorum“ (Rom 1593, 2 Bde.). Biographie von Jean d’Origny (Par. 1712).
Possībel (lat.), möglich; Possibilität, Möglichkeit.
Pößneck (Pösneck), Stadt im Herzogtum Sachsen-Meiningen, Kreis Saalfeld, an der Kotschau, nahe deren Mündung in die Orla, und an der Linie Gera-Eichicht der Preußischen Staatsbahn und der Eisenbahn Orlamünde-P., 214 m ü. M., hat eine gotische Kirche (von 1390), ein schönes, 1443 in gotischem Stil erbautes Rathaus, eine landwirtschaftliche Schule, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, 2 große Porzellan- und 8 Flanellfabriken, Gerberei, Färberei, Lackleder-, Möbel-, Farben- und Puppenfabrikation, Bierbrauerei, Gärtnerei und (1885) 7653 fast nur evang. Einwohner. – Der Ort kam 1011 als Reichsdomäne an den Pfalzgrafen Ego zu Aachen, 1057 an den Erzbischof Anno von Köln, der ihn 1100 dem Grafen Wiprecht von Groitzsch schenkte, dann nach dem Erlöschen dieser Familie an die Grafen von Arnshaugk, 1303 an den Landgrafen Friedrich den Freidigen, der 1324 die Grafen von Schwarzburg damit belehnte. Später gehörte die Stadt zu Meißen, war bis 1826 koburgisch u. kam durch den gotha-altenburg. Teilungsvertrag von 1826 an Sachsen-Meiningen.
Post (lat.), hinter, nach.
Post (franz. poste, v. mittellat. posta [gekürzt aus posita] im Sinn von Station, Standort der zur Weiterbeförderung aufgestellten Laufboten oder Pferde), Staatsanstalt zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen, Gedrucktem sowie in einigen Staaten auch von Personen zwischen bestimmten Orten und zu festgesetzten Taxen; auch Bezeichnung der Gebäude dieser Anstalt, der von ihr verwandten Wagen und durch sie beförderten Sendungen.
Die assyrische Sage erzählt von Boten, welche die Befehle der Semiramis in die Provinzen des Reichs beförderten. Im Buch Esther (Kap. 3, 12) wird von berufsmäßigen Läufern berichtet, und einen ziemlichen Umfang hatte der Nachrichtendienst durch berufsmäßige Boten bei den Ägyptern unter der 12. Dynastie, insbesondere aber bei den Griechen und Römern. Die griechischen Hemerodromen hatten den Regierenden auf schnellste Weise Nachrichten zu überbringen. In der römischen Republik wurde der obrigkeitliche und private Verkehr durch cursores, auch statores, später viatores und tabellarii (von tabella, Brieftäfelchen) wahrgenommen. Nach Marco Polo scheint auch in China schon seit alten Zeiten eine Nachrichtenbeförderung durch Läufer bestanden zu haben, welche sich stationsweise ablösten und dadurch Erhebliches in der Schnelligkeit der Beförderung leisteten. Kyros verband die Provinzen seines weiten Reichs durch reitende Boten, welche auf zweckmäßig verteilten Stationen die Pferde wechselten, und deren Organisation die erste eigentliche postmäßige Einrichtung darstellt (Angareion). Cäsar ahmte dieselbe zunächst für den Nachrichtendienst im Krieg nach (reitende Kuriere, veredarii), und unter Augustus entwickelte sich hieraus die römische Staatspost (cursus publicus), welche bis zum Untergang des weströmischen Reichs durch regelmäßige Verbindung zwischen der Hauptstadt
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0273.jpg&oldid=- (Version vom 9.8.2022)