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Seite:Meyers b13 s0702.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

von Reisfeldern geregelt wird. Nach Amerika kam der Reisbau erst 1701; durch ein Schiff aus Madagaskar gelangte eine kleine Quantität Saatreis nach Carolina, und bald darauf erhielt man auch R. aus Ostindien. 1724 wurden bereits 18,000 Faß ausgeführt; doch blieb auch später Mais und Weizen das Nahrungskorn der Bevölkerung, während in Asien der R. fast ausschließliches Nahrungsmittel ist. Überhaupt ist der R. insofern die wichtigste aller Getreidearten, als er weitaus die größte Zahl von Menschen ernährt. Man kann annehmen, daß über 750 Mill. Menschen in China, Japan, auf dem Malaiischen Archipel, in Indien, Persien, Arabien, in der Türkei, in Nordafrika und Portugal mehr oder weniger ausschließlich von R. leben. Produktion, Verbrauch und Exportfähigkeit (in Tonnen) der wichtigsten Reisexportländer zeigt folgende Tabelle:

  Ernte Verbrauch Export­fähigkeit
Britisch-Indien und Birma 16900000 15800000 1100000
Ceylon 480000 330000 150000
Java 3200000 3190000 10000
Kotschinchina ? ? 375000
Siam ? ? 235000
Manila 1800000 1750000 50000
Japan 3450000 3200000 250000
Italien 710000 610000 100000
Spanien 81000 80000 1000
Vereinigte Staaten 90000 90000

Außerdem wird R. auch von der asiat. Türkei, Ägypten und Hawai exportiert. In den Vereinigten Staaten ist der Reisbau andern Kulturarten gewichen, und die Produktion hat für Europa kaum noch Bedeutung. Die Vereinigten Staaten importierten vielmehr 1882/83 noch 49,000 Ton. Der Reiskonsum in Ostasien kann auf 100 Mill. T. geschätzt werden, während Europa nur 2 Mill. T. (vor 1870 halb soviel) verbraucht. Haupthandelsplätze sind hier London, Liverpool, Bremen, Rotterdam. Das Deutsche Reich importierte 1887: 91,701 T. im Wert von 15,954,000 Mk. Der Konsum pro Kopf betrug 1862: 0,82, 1883: 1,90 kg. Italien hat einen mittlern Kopfverbrauch von 22,8 kg.

Reis, peruanischer, s. Chenopodium.

Reïs (arab., „Oberhaupt“), in der Türkei Titel verschiedener Würdenträger, z. B. des Kapitäns eines Handelsschiffs; R.-Efendi, s. v. w. präsidierender Efendi, früher Titel des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten im osmanischen Reich. Außer den auswärtigen Angelegenheiten im eigentlichen Sinn des Wortes gehörten auch die Regelung der Verhältnisse der Rajah (s. d.) zu dessen Ressort. Sultan Mahmud II. schaffte diesen Titel ab. Der R. des Hohen Rats hat gleichen Rang mit dem Großwesir, nimmt jedoch nur an den Beratungen teil; R.-Ulema, der älteste der Rechtsgelehrten, ist dem Rang nach der zweite nach dem Scheich ul Islam.

Reïs (Rees, Einzahl: Real oder Reï), portugiesische und brasil. Rechnungseinheit, welche nur in höhern Stufen ausgemünzt wird und zwar in Kupfer zu 3, 5, 10 und 20 R., in Silber zu 50, 100, 200 und 500 R., in Gold zu 1000, 2000, 5000 und 10,000 R. Die letztere Goldmünze ist die neue portugiesische Krone. Der Wert eines Reï, aus den jetzigen portugiesischen Silbermünzen berechnet, ergibt 0,45357 deutschen Pfennig. Das Milreïs (s. d.) hat 1000 R. In Brasilien werden seit 1832 gar keine Kupfermünzen mehr geprägt; bis dahin gab es Kupferstücke zu 40 und 20 R. (Cobras, bez. Vintenes). Silberstücke gibt es dort zu 500, 1000 und 2000 R., Goldstücke zu 10,000 und 20,000 R. Doch ist die brasilische Valuta gegenwärtig weit niedriger als die portugiesische, und das Reï hat daselbst nur etwa die Hälfte vom Werte des portugiesischen. So sind 10,000 portugiesische R. = 45,357, dagegen 10,000 brasilische R. nur 22,928 Mk. wert.

Reis, Philipp, Physiker, geb. 7. Jan. 1834 zu Gelnhausen, trat 1850 in ein Farbengeschäft zu Frankfurt a. M., studierte aber seit 1853 privatim Mathematik und Naturwissenschaft, wurde 1858 Lehrer am Garnierschen Institut in Friedrichsdorf bei Homburg und starb 14. Jan. 1874. Er konstruierte 1860 das erste Telephon.

Reisberg, Berg in den Vogesen, auf der Grenze zwischen dem deutschen Bezirk Oberelsaß und Frankreich, westlich von Kaisersberg, 1280 m hoch. An seinem steilen Ostfuß der Weiße und Schwarze See; dem erstern entfließt die Weiß.

Reisdinkel, s. Spelz.

Reisebeschreibung, die litterarische Darstellung der Beobachtungen u. Erlebnisse eines Reisenden. Solche Beschreibungen haben einen sehr verschiedenen Inhalt und Wert, je nach dem Zweck, zu welchem Reisen (s. d.) unternommen wurden. Die ältesten Werke dieser Art sind die von Skylax von Koryanda und von Pytheas von Massilia. Die beiden letzten haben ihre Reisen beschrieben, Skylax die seinige unter dem Titel: „Periplus“, eine Bezeichnung, die in der Folge für ähnliche Reisewerke oft angewandt wurde. Die Geschichtsbücher des Herodot, welche eine Beschreibung seiner Reisen enthalten, müssen gleichfalls hierher gerechnet werden. Dagegen findet sich unter den Schriften der Römer, von denen doch viele große Reisen machten, eine eigentliche R. nicht, die Itineraria (s. d.) derselben waren nur Reiserouten oder erste Versuche von Verkehrskarten. Die Reiselitteratur des Altertums war demnach eine sehr dürftige, und auch aus dem frühen Mittelalter sind uns nur wenige und dazu sehr ungenügende Werke dieser Art erhalten, so die Berichte über die Unternehmungen der Skandinavier nach den Färöern, nach Island, Grönland und Winland (Nordamerika) und die auf Befehl des Königs Alfred unternommenen Expeditionen Othars und Wulfstans. Dagegen hat die jüdische und arabische Litteratur des Mittelalters eine ganze Reihe von Reisewerken aufzuweisen, wie die der Araber Ibn Batuta, Ibn Foslan, Alberuni, Ibn Djobair, des Juden Benjamin von Tudela u. a. Sie sind sämtlich wichtige Quellen für die Kunde der damaligen Verhältnisse in Ländern, die noch heute dem Europäer nur schwer zugänglich sind. Für die Kenntnis Ostasiens sind die Reisen buddhistischer Priester, solcher wie Faheang und besonders Hiuenthsang, von Wichtigkeit. Zentralasien wurde durch die 1246 vom Papst an Dschengis-Chan abgeordnete Gesandtschaft, welche Piano di Carpine führte, näher bekannt. Und als durch die Mongolen der Handel begünstigt wurde und ein geordneter Überlandverkehr bis nach Peking entstand, konnte der Florentiner Handlungsreisende Balducci Pegoletti 1376 über die hier verfolgte Straße berichten. Das spätere Mittelalter lieferte zahlreiche Berichte über das seit den Zeiten der Kreuzzüge vielbesuchte Heilige Land, so von Borchard, John Mandeville, Felix Fabri u. a., welche zum Theil in Feyerabends „Reyssbuch dess Heyligen Landes“ (Frankf. 1584) gesammelt wurden (vgl. Tobler, Bibliotheca geographica palaestinensis, Leipz. 1867). Gegen Ende des Mittelalters veranlaßte der Handelsgeist der Venezianer zur Abfassung von Reisewerken, von denen nur die des Venezianers Marco Polo (s. d.)

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 702. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0702.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2022)
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