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Seite:Meyers b13 s0925.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

Rominte, linker Nebenfluß der Pissa im preuß. Regierungsbezirk Gumbinnen, kommt als Blinde aus einem See auf der preußisch-russischen Grenze und mündet nach 45 km langem Lauf bei Gumbinnen.

Römische Kamille, s. Anthemis.

Römische Litteratur. Man kann die Geschichte der römischen Litteratur in fünf Perioden einteilen. In der ersten, von Erbauung Roms bis auf Livius Andronicus, 240 v. Chr., kann von einer eigentlichen Litteratur noch nicht die Rede sein. Einige religiöse und andre Lieder, die dem spätern Rom schon unverständlich waren, spärliche und rohe dramatische Versuche, Bruchstücke von Gesetzen und Inschriften etc. sind die einzigen Denkmäler dieser Periode, von denen wir etwas wissen. Die zweite Periode beginnt mit Livius Andronicus, einem latinisierten Griechen, welcher mit seinen Übertragungen griechischer Dramen und der Homerischen „Odyssee“ die griechische Litteratur in Rom einführte und den ersten Anstoß zur Entwickelung einer sich ganz an die griechischen Muster anschließenden Kunstpoesie gab. Die vielfachen Berührungen mit den Griechen, welche die Folgezeit mit sich brachte, ließen griechische Bildung trotz manches Widerstandes patriotischer Römer immer mehr in Rom Platz greifen, und selbst ein solcher Gegner alles griechischen Wesens wie der alte Cato, der Begründer der römischen Prosa, vermochte sich dem Einfluß der griechischen Litteratur nicht mehr zu entziehen. Während die Prosa römischen Staatsmännern vorwiegend ihre Weiterbildung verdankt, sind die Hauptvertreter der Poesie dieses Zeitalters durchaus Nichtrömer. Zur selbständigen Entwickelung gelangte nur eine den Griechen nicht entlehnte Dichtgattung, die Satire. Die Dauer dieser Periode reicht bis zum Tod Sullas (78 v. Chr.); es ist die Periode der beginnenden Blüte. Die dritte Periode, gewöhnlich das „goldene Zeitalter“ der römischen Litteratur genannt, reicht bis zum Tode des Augustus (14 n. Chr.). Die Ausbildung der Sprache erscheint vollendet, griechische Muster sind durchaus der Maßstab für die Darstellung geworden. Überhaupt wird das ganze römische Leben von griechischer Bildung durchdrungen. Von Griechen wurde der junge Römer erzogen, und nach Griechenland zog er, um seine Bildung zu vollenden. Doch konnte sich der römische Charakter, der sich besonders in der Richtung auf das Praktische zeigte, auch hier nicht ganz verleugnen: die eigentliche Spekulation, wie sie in der griechischen Philosophie hervortritt, fand bei den Römern wenig Beifall; dagegen bildeten sie alles mit Vorliebe weiter, was auf das Leben unmittelbar Einfluß hatte, besonders was die politische Thätigkeit unterstützte und förderte. Daher sorgsames Studium der Dialektik und ihre Anwendung auf die Beredsamkeit und Pflege der Ethik in den das öffentliche und Privatleben unmittelbar berührenden Fragen. Mit der Beredsamkeit, welche in dieser Periode unter Cicero ihren Kulminationspunkt erreichte, erhob sich auch die Geschichtschreibung, nach griechischen Mustern gebildet oder genährt. Auf dem Gebiet der Poesie trat das Drama, das in der vorigen Periode eine Reihe von Vertretern gehabt hatte, immer mehr zurück; dagegen fand namentlich im Augusteischen Zeitalter das Epos, das heroische wie das didaktische, vielseitige Pflege, und die römische Lyrik bildete sich eigentlich erst jetzt aus. Die Sprache erreichte in dieser Periode ihre höchste Ausbildung. Die vierte Periode oder das „silberne Zeitalter“ beginnt mit dem Tode des Augustus und dauert ungefähr bis zum Anfang der Regierung des Hadrian (von 14–117). Daß in diesem Zeitraum die Litteratur ihrem Verfall entgegenging, darf nicht wundernehmen bei der überhandnehmenden Sittenverderbnis, dem Hereinfluten fremdländischer Elemente und der despotischen Regierungsweise einzelner Kaiser. Die Anstellung öffentlicher Lehrer konnte den Verfall der Sprache und Litteratur nicht hindern. Dichtkunst und Dichter sanken immer mehr in ihrem Ansehen; Gelehrsamkeit und rhetorischer Schmuck herrschten vor, Originalität fehlte meist, man begnügte sich mit Nachahmung klassischer Muster. Nur die Satire war noch originell und geißelte, wenn auch mit mehr rhetorischem als sittlichem Ingrimm, den Verfall der Sitte im öffentlichen und Privatleben. Besser als um die Poesie stand es um die Beredsamkeit, obgleich natürlich mit der Freiheit auch ihr das eigentliche Lebensmark genommen war. Sie blieb auch in diesem Zeitraum noch Hauptbeschäftigung der Römer, weil sie Einfluß und Ehre verlieh und, wenigstens die gerichtliche, auch erträglich war. In der Rede herrschten nicht mehr die Kraft und Einfachheit der frühern Zeit; Schwulst und leeres Wortgepränge sollten ersetzen, was dem Inhalt an Wahrheit und Wärme abging. Auch die Geschichtschreibung vermochte unter dem Druck der staatlichen Verhältnisse ihre Aufgabe nicht mehr zu lösen. Die fünfte Periode reicht bis zum gänzlichen Untergang des weströmischen Reichs (476). In dieser Periode des immer maßloser auftretenden Despotismus, des überhandnehmenden Synkretismus und der schwindenden Nationalität arteten Sprache und Litteratur immer mehr aus. Erstere wurde durch fremde Bestandteile mehr und mehr verunreinigt, und in der Litteratur herrschten Künstelei, Überladung, Schwulst, Phrasenwesen. Die Poesie, der weder Pflege noch Aufmunterung zu teil ward, diente bloß äußern Zwecken. Die Beredsamkeit, aus der Öffentlichkeit, vom Forum, zurückgedrängt in die Schulen, fristete kümmerlich ihr Dasein und sank im Dienste der Kaiser zur Lobrednerei herab. Daher kann man mit dem Ende der fünften Periode auch das Ende der lateinischen Sprache und Litteratur setzen; denn wenn auch Sieger und Besiegte sich der römischen Sprache noch bedienten, so drängten sich doch immer mehr fremde Elemente in sie ein, besonders seitdem fremde Völker sich in Italien festgesetzt hatten.

Die poetische Litteratur.

Wenn Livius Andronicus der Begründer der römischen Kunstpoesie, von den griechischen Kunstgattungen das Drama 240 v. Chr. zuerst in Rom einführte, so geschah dies aus dem rein praktischen Grunde, daß für diese Gattung sich damals allein ein Anknüpfungspunkt bot in der Vorliebe der italischen Völker für dramatische Darstellungen und in dem Vorhandensein einer stehenden Bühne in Rom, auf welcher im Anschluß an die römischen Spiele von gewerbsmäßigen Schauspielern sogen. Saturae, mit Flötenspiel und mimischem Tanz verbundene Gesangvorträge, aufgeführt wurden. An improvisierten dramatischen Spielen mancher Art hatte sich von jeher die italische Bevölkerung bei festlichen Gelegenheiten erlustigt; diese volkstümlichen Spiele bestanden fort, wurden aber von den Vertretern der Kunstpoesie zunächst nicht berücksichtigt, sondern erfuhren erst gegen Ende der Republik kunstmäßige Behandlung. Die dramatische Thätigkeit des Livius beschränkte sich auf ein bloßes Übersetzen griechischer Tragödien und Komödien, und mehr oder minder freie Bearbeitungen griechischer Originale sind auch zum überwiegenden Teil die Dramen seiner Nachfolger gewesen. Zwar versuchte bereits der nächste derselben, Gnäus Nävius (um 235), selbständige

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 925. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0925.jpg&oldid=- (Version vom 15.11.2024)
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