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Seite:Meyers b14 s0544.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14

andern aus der Aufhebung des Nachsatzes des Obersatzes im Untersatz auf die Aufhebung des Vordersatzes des Obersatzes im Schlußsatz geschlossen wird (modus tollens). Die Formel des ersten lautet: Wenn A ist, so ist B; nun ist A, also ist B. Die Formel des zweiten: Wenn A ist, so ist B; nun ist B nicht, also ist A auch nicht. In der disjunktiven Schlußform erfolgt die Beziehung zwischen dem Subjekt des Unter- und einem der beiden einander ausschließenden Glieder des Prädikats des Obersatzes im Schlußsatz nach dem Grundsatz, daß von je zwei einander vollkommen ausschließenden Gegensätzen jeder durch die Setzung des andern ausgeschlossen und durch die Aufhebung des andern gesetzt ist, welcher selbst Notwendigkeit besitzt, mit Notwendigkeit. Dieselbe läßt, je nachdem im Untersatz der eine der beiden einander vollkommen ausschließenden Gegensätze gesetzt oder aufgehoben wird, zwei Schlußarten zu, indem entweder aus der Setzung des einen Gegensatzes im Unter- auf die Aufhebung des andern im Schlußsatz (modus ponendo tollens), oder von der Aufhebung des einen im Unter- auf die Setzung des andern im Schlußsatz geschlossen wird (modus tollendo ponens). Die Formel des ersten lautet: A ist entweder B oder C; nun ist es B, also ist es nicht C. Die Formel des zweiten: A ist entweder B oder C; nun ist es nicht C, also ist es B. Wird an die Stelle des hypothetischen Obersatzes in der hypothetischen Schlußform ein hypothetisch-disjunktives Urteil (der Form: wenn A ist, so ist es entweder B oder C) gesetzt und modo tollente geschlossen, so entsteht die hypothetisch-disjunktive oder sogen. lemmatische Schlußform (gehörnter S., syllogismus cornutus), die je nach der Zahl der im Nachsatz des Obersatzes enthaltenen einander ausschließenden (zwei, drei, vier, unbestimmt vielen) Gegensätze Dilemma, Trilemma, Pentalemma oder Polylemma genannt wird. Ihre Formel lautet: wenn A ist, so ist entweder B oder C; nun ist weder B noch C, also ist auch A nicht. Der zusammengesetzte vollständige S. (Schlußkette) besteht aus einer Reihe von zwei oder mehreren Schlüssen, bei welchen der Schlußsatz des vorangehenden (Vorschluß, Prosyllogismus) Vordersatz des folgenden (Nachschluß, Episyllogismus) ist. Wird derselbe zusammengezogen, so daß der Vorschluß nur als Nebensatz der Vordersätze des Nachschlusses erscheint, so heißt er Epicherem (s. d.). Wird die Schlußkette abgekürzt, indem zuerst alle einzelnen Schlüsse derselben in Enthymeme verwandelt und dann so miteinander verbunden werden, daß sie einen gemeinschaftlichen Schlußsatz erhalten, so entsteht der Kettenschluß (Sorites, s. d.). Derselbe heißt ein gemeiner oder ordentlicher, wenn alle Unter- und Schlußsätze (bis auf den letzten) weggelassen und die Obersätze so untereinander verknüpft werden, daß das Prädikat des vorangehenden Subjekt des folgenden ist. Ein umgekehrter oder Goklenianischer (nach seinem Erfinder) heißt derselbe, wenn, mit Ausnahme des ersten, alle Obersätze weggelassen und die Untersätze derart verbunden werden, daß sie einen gemeinschaftlichen Schlußsatz ergeben. Die Formel des ersten lautet: A ist B, B ist C, C ist D, also A ist D; jene des zweiten: C ist D, B ist C, A ist B, also A ist D. Der unechte S., gleichviel ob induktiver oder Analogieschluß, unterscheidet sich von dem echten dadurch, daß die Grundsätze, nach welchen geschlossen wird, nicht, wie bei diesem, Notwendigkeit, sondern nur Möglichkeit, im besten Fall Wahrscheinlichkeit besitzen, also nicht, wie die beim echten S. angewandten, Notwendigkeit, sondern im besten Fall Wahrscheinlichkeit verleihen können. Die induktive Schlußform besteht darin, daß nach dem (höchstens wahrscheinlichen) Grundsatz, daß alle Teile des Umfanges eines Begriffs einander ähnlich seien, von dem, was in einem Teil des Umfanges stattfindet, geschlossen wird, daß es im ganzen Umfang stattfinde. Die Formel desselben lautet: Diejenigen A, welche B sind, sind M; diejenigen A, welche C sind, sind M; diejenigen A, welche D sind, sind M; folglich sind auch alle übrigen A, d. h. sind alle A M. Die Schlußform der Analogie besteht darin, daß nach dem (höchstens wahrscheinlichen) Grundsatz, daß sämtliche (wesentliche wie unwesentliche) Merkmale des Inhalts eines Begriffs einander bedingen, von demjenigen, das einen Teil der Merkmale eines Begriffsinhalts besitzt, geschlossen wird, daß es sämtliche Merkmale desselben besitze. Die Formel desselben lautet: Was die Merkmale A, B, C, M, N, O besitzt, ist A; X hat die Merkmale A, B, C, also ist es A. Der unechte S. ist erlaubt, solange er höchstens (wenn auch höchste) Wahrscheinlichkeit, unerlaubt, sobald er mehr als diese (absolute Gewißheit) in Anspruch nimmt (wie es nicht selten sowohl bei Induktions- als bei Analogieschlüssen geschieht). Zu unterscheiden vom echten sowohl als vom unechten S. ist der fehlerhafte S., der sowohl ein unabsichtlicher (Fehlschluß, Paralogismus) als ein absichtlicher (Trugschluß, Sophisma) sein kann. Derselbe findet überall dort statt, wo aus den Prämissen dasjenige nicht folgt, was daraus gefolgert wird, und zwar entweder weil die Materie (der Inhalt), oder weil die Form (die Verbindung der Prämissen) des Schlusses eine andre ist, als sie sein müßte, wenn der Schlußsatz durch dieselbe begründet werden sollte. Der Paralogismus begeht seinen Schlußfehler absichtslos, indem sich der Schließende selbst täuscht, das Sophisma absichtlich, indem der Schließende dadurch andre täuschen will. Ein bekannter Trugschluß ist der sogen. Hörnerschluß: Was du nicht verloren hast, das hast du noch; Hörner hast du nicht verloren, also hast du Hörner. Die (verschwiegene) falsche Voraussetzung ist hier, daß man auch das, was man nicht hatte, verlieren könne. Andre Sophismen sind: der Lügner, der Krokodilschluß, Achilles, Elektra, der Verhüllte, der Kahlkopf (Calvus), der Kornhaufe (Acervus) u. a.

Schluß (Tonschluß), s. Kadenz.

Schluß auf fest und offen, s. Börse, S. 238.

Schluß auf Geben und Nehmen, s. v. w. Stellgeschäft, s. Börse, S. 238.

Schluß auf noch, s. v. w. Nochgeschäft (s. d.).

Schlußbrief, s. v. w. Engagementsbrief (s. d.).

Schlüssel, s. Schloß.

Schlüssel (franz. Clef, lat. Clavis, engl. Key) heißt in der Musik ein zu Anfang des Liniensystems vorgezeichneter Tonbuchstabe deshalb, weil erst durch ihn die Noten eine bestimmte Tonhöhenbedeutung erhalten. Am gebräuchlichsten sind jetzt der G- oder Violinschlüssel (2. Linie: g′) und der F- oder Baßschlüssel (4. Linie: klein f). Zu den ältern C-Schlüsseln gehören der Diskant- (1. Linie: c′), Alt- (3. Linie: c′) und Tenorschlüssel (4. Linie: c′):

Baß-, Diskant-, Alt-, Tenor-, Violinschlüssel

Bis etwa gegen Mitte des 18. Jahrh. setzte man für ganz tiefen Baß den F-Schlüssel auf die fünfte und für Bariton auf die dritte Linie, welch letzterer daher auch Baritonschlüssel genannt wurde. S. (Claves) hießen auch früher die Tasten der Orgel und der Klaviere sowie die Klappen der Blasinstrumente.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0544.jpg&oldid=- (Version vom 23.3.2021)
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