verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14 | |
|
3) Franz, Komponist, geb. 31. Jan. 1797 zu Wien, wo sein Vater an der Pfarrschule der Vorstadt Lichtenthal als Lehrer angestellt war, erhielt den ersten Musikunterricht im väterlichen Haus und wurde 1808 wegen seiner schönen Stimme als Singknabe in das kaiserliche Konvikt aufgenommen. Neben dem Kompositionsunterricht von Ruczizka und Salieri genoß er hier musikalische Anregung verschiedenster Art, denn er wirkte nicht bloß als Solist im Gesang, sondern lernte auch die Instrumentalwerke J. Haydns und Mozarts kennen, da er bei dem aus den Konviktknaben gebildeten Orchester als erster Violinist verwendet wurde und in gleicher Eigenschaft bei dem Lichtenthaler Kirchenchor und bei den Quartettabenden im väterlichen Haus beschäftigt war. Nach erfolgtem Stimmwechsel aus der Anstalt entlassen, kehrte er im Oktober 1813 in das elterliche Haus zurück und lebte hier ausschließlich den musikalischen Studien, bis er, um der Konskription zu entgehen, gegen Ende 1814 Schulgehilfe seines Vaters wurde, welches Amt er drei Jahre hindurch versah. Mittlerweile hatten aber schon mehrere seiner Kompositionen in Wien die Aufmerksamkeit der Musikfreunde auf sich gezogen, und so kam es, daß S. 1818 als Sing- und Klaviermeister von dem Grafen J. Esterházy engagiert wurde und diesem nun nach Ungarn auf sein Gut Zelécz folgte. Im Spätherbst d. J. kehrte er wieder nach Wien zurück und lebte nun hier (einige vorübergehende Ausflüge nach Steiermark und Oberösterreich mit seinem Freunde, dem Hofopernsänger Vogl, sowie einen zweiten Sommeraufenthalt in Zelécz abgerechnet) bis zu seinem am 19. Nov. 1828 erfolgten Tod. Er wurde auf dem Währinger Friedhof in der Nähe von Beethovens Grabe bestattet; 1872 errichtete man ihm im Wiener Stadtpark ein Denkmal (von Kundmann). Ein Amt hatte S. niemals inne: die ihm angetragene Hoforganistenstelle schlug er aus, und die Stelle des Vizekapellmeisters an der kaiserlichen Hofkapelle, um die er sich 1826 bewarb, ward nicht ihm, sondern Weigl verliehen, so daß er, trotz der Opferbereitwilligkeit seiner zahlreichen Freunde, sein Leben in nahezu dürftigen Verhältnissen verbracht hat. S. war einer der genialsten und fruchtbarsten Komponisten aller Zeiten. Seine musikalische Hinterlassenschaft umfaßt 4 vollendete, 5 unvollendete Opern, 5 Operetten, 2 Singspiele, ein Melodram, 9 Ouvertüren (darunter die zu „Rosamunde“, „Fierabras“ und „Alfonso und Estrella“), 5 Messen, 2 Stabat mater, ein großes Halleluja, eine achtstimmige Hymne für Männerchor mit Begleitung von Blasinstrumenten und andre kleinere Kirchenkompositionen, an 600 Lieder, von denen die Cyklen: „Die schöne Müllerin“, „Winterreise“ und „Schwanengesang“ die bekanntesten sind, sodann 9 Symphonien (einige unvollendet), ein Oktett, ein Streichquintett und 12 (nach andern 15) Streichquartette; ferner das berühmte sogen. Forellen-Klavierquintett, 2 Trios, 2 große Duos und 3 kleinere Duos für Klavier und Violine. Diesen Meisterwerken stehen ebenbürtig zur Seite die zahlreichen zwei- und vierhändigen Klavierkompositionen Schuberts, die Sonaten, Impromptus, Polonäsen, Märsche, von welch letztern Liszt mehrere meisterhaft instrumentiert hat. In allen diesen Werken offenbart sich eine überströmende Phantasie, blühendste Frische des Ausdrucks und unerschöpflicher Reichtum melodischer und harmonischer Erfindung. Obwohl vorwiegend für die Lyrik beanlagt und demgemäß in den kleinern Musikformen am meisten heimisch, wußte doch S. auch die größern Gattungen der Vokal- und Instrumentalkomposition stets mit dem ihnen entsprechenden Inhalt zu erfüllen, und selbst als Symphoniekomponist ist er seinem großen Vorbild Beethoven näher gekommen als einer seiner Zeitgenossen und Nachfolger. Die unmittelbare Nachbarschaft des größern Meisters und seine eigne kurze Lebensdauer erklärt es, daß mit Ausnahme seines Es dur-Trios nicht ein einziges seiner großen Instrumentalwerke bei seinen Lebzeiten die gebührende Beachtung finden konnte. Nur seine Lieder, in denen er die von seinen Vorgängern auf diesem Gebiet (J. H. Reichardt, Zelter u. a.) gemachten Versuche einer künstlerischen Veredelung des deutschen Volksliedes in mustergültiger Weise zum Abschluß brachte, wurden schon von den Zeitgenossen ihrem vollen Wert nach erkannt, doch auch dies erst, nachdem sie in dem Sänger Vogl einen liebe- und verständnisvollen Interpreten gefunden hatten. So bedurfte es z. B. voller fünf Jahre, bis der 1816 geschriebene „Erlkönig“ ins Publikum drang, und wenn nach dem Erfolg dieses Liedes Schuberts Name in ganz Deutschland bekannt wurde, so blieb doch die Nachfrage nach seinen Werken auch jetzt noch weit hinter seiner Produktion zurück. Kaum der sechste Teil seiner gegenwärtig bekannten Lieder ist bei seinen Lebzeiten veröffentlicht worden, obwohl er kaum eins geschrieben hat, welches nicht den Stempel des Genius trüge und in der Gesamtwirkung wie in allen Einzelheiten von der wunderbaren musikalischen Gestaltungskraft ihres Autors Zeugnis ablegte. Eine Gesamtausgabe seiner Werke haben Breitkopf u. Härtel in Leipzig unternommen. Seine Biographie schrieben Kreißle v. Hellborn (Wien 1865) und Reißmann (Berl. 1873).
4) Friedrich Wilhelm, Geschichtschreiber und Statistiker, geb. 20. Mai 1799 zu Königsberg i. Pr., war seit 1823 bis zu seinem 21. Juli 1868 erfolgten Tod Professor daselbst. Seine Hauptwerke sind: „Handbuch der allgemeinen Staatskunde von Europa“ (Königsb. 1835–48, 2 Bde.); „Die Verfassungsurkunden und Grundgesetze der Staaten Europas und der nordamerikanischen Freistaaten etc.“ (das. 1840–50, 2 Bde.). Mit Rosenkranz besorgte er die Herausgabe der Schriften Kants, welchen er eine Biographie desselben (Leipz. 1842, Bd. 11) hinzufügte. Er war 1848 Mitglied der deutschen Nationalversammlung, seit 1864 lebenslängliches Mitglied des preußischen Herrenhauses.
Schuberth, Karl, Violoncellist und Komponist, geb. 25. Febr. 1811 zu Magdeburg, Schüler von Dotzauer, machte 1828–35 große Kunstreisen, wurde sodann Universitätsmusikdirektor und Hofkapellmeister in Petersburg, wo er sich als tüchtiger Orchesterdirigent besonders um Einführung der Werke von Beethoven, Schumann, Liszt, Wagner etc. verdient machte; starb 22. Juli 1863 in Zürich. Er hat zahlreiche Kompositionen für sein Instrument sowie mehrere Quintette, Quartette, ein Oktett u. a. hinterlassen.
Schubin, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, an der Gonsawka, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht und (1885) 3127 meist kath. Einwohner.
Schubin, Ossip, Pseudonym, s. Kirschner.
Schübl., bei botan. Namen Abkürzung für G. Schübler, geb. 1787 zu Heilbronn, Arzt, gest. 1834 als Professor der Naturgeschichte in Tübingen.
Schubladenstück (Pièce à tiroirs, Verkleidungstück), kleines, meist einaktiges dramatisches Stück, das seinem Wesen nach zum Lustspiel gehört und darauf hinausgeht, mehrere Charaktere in schneller Aufeinanderfolge durch einen und denselben Darsteller vorzuführen.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 14. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 641. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b14_s0641.jpg&oldid=- (Version vom 3.3.2024)