verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
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Spuren des paläolithischen Menschen auf gemeinschaftlicher Lagerstätte angetroffen. Im Rheinthal und in Frankreich aufgefundene Moschusochsenschädel, die hin und wieder die Spuren menschlicher Thätigkeit erkennen lassen, sowie die in den Höhlen des Périgord, im Keßlerloch bei Thayingen (Kanton Schaffhausen) und anderwärts aufgefundenen bearbeiteten Renntiergeweihe beweisen, daß der paläolithische Mensch diese Gegenden zu einer Zeit bewohnt hat, wo das Klima Nord- und Mitteleuropas ein kälteres gewesen ist als heutzutage. Während die Funde von Taubach (unweit Weimar) andeuten, daß der Mensch der ältern S. das heutige Thüringen während der der letzten Vergletscherung vorausgehenden Interglazialepoche (zwischen zwei Vergletscherungen fallende wärmere Zwischenperiode) bewohnt hat, zeigen die Funde von der Schussenquelle (Oberschwaben), bestehend in einer nordische Moose enthaltenden, unmittelbar auf der Rheingletschermoräne gelegenen Kulturschicht, daß der Mensch hier während der letzten Vergletscherungsepoche lebte. Die Nahrung des paläolithischen Menschen bestand aus dem Fleisch der erwähnten Tiere und aus Fischen; auch das diluviale Pferd hat, wie die Funde zahlreicher, zur Gewinnung des Knochenmarks aufgeschlagener Pferdeknochen beweisen, als Nahrungsmittel des Menschen der ältern S. eine wichtige Rolle gespielt. Außer den Höhlen dienten ihm Erdgruben und aus Fellen hergerichtete Zelte als Wohnungen. Daß er die Felle des erlegten Wildes mit Hilfe von Tiersehnen zur Kleidung aneinander nähte, deuten die in diluvialen Höhlen gefundenen Knochennadeln an, welche durch langen Gebrauch abgenutzt sind. Man fand auch Stücke farbiger Erde zum Bemalen des Körpers und zum Teil höchst primitive Schmuckgegenstände (durchbohrte Tierzähne, welche, mit Darmsaiten zur Kette aneinander gereiht, getragen wurden, Knochen kleiner Tiere, Schneckengehäuse und Muscheln, Stücke Jet, Plättchen von Renntierhorn u. dgl.). Die in französischen Höhlen, im Keßlerloch und anderwärts aufgefundenen Gravierungen in Renntierhorn u. Mammutelfenbein und die aus diesem Material hergestellten Schnitzereien beweisen eine gewisse Begabung für bildnerische Thätigkeit. Als Material für die primitiven Geräte, welche in paläolithischen Fundstätten angetroffen werden, dienten vorzugsweise Feuersteinknollen, die den Gegenstand eines ausgedehnten Handelsverkehrs bildeten und zum Teil durch primitiven Bergbau (s. Schmutzgruben) gewonnen wurden. In der Nachbarschaft der Feuersteinlager entstanden auch jene Feuersteinwerkstätten, von wo aus die Umgebung mit Werkzeugen und Waffen versehen wurde. Solche Werkstätten wurden in Frankreich zu Pressigny le Grand, in Belgien auf dem rechten Ufer der Trouille, unweit Spiennes, aufgedeckt. Während für schneidende oder stechende Werkzeuge und Waffen Gesteinsarten, welche beim Behauen eine scharfe Kante liefern, wie Feuerstein, Jaspis, Quarz, Achat, Obsidian u. dgl., vorzugsweise Verwendung fanden, wurden Hämmer und Äxte aus Diorit, Porphyr, Basalt u. dgl. angefertigt. Daß die Bearbeitung des Rohmaterials in der nämlichen Weise stattfand, wie noch heutzutage die Eingebornen Australiens ihr Steingerät herstellen, indem sie nämlich gegen den zwischen den Füßen festgehaltenen Steinblock rasch aufeinander folgende Schläge führen, dies beweisen die an der Mehrzahl der paläolithischen Geräte und Waffen nachweisbaren Schlagmarken. Letztere lassen die von Menschenhand hergestellten Steinobjekte sicher von jenen Steinfragmenten unterscheiden, welche durch zufällige Zersplitterung ohne Mitwirkung des Menschen entstehen. Indem von den Feuersteinknollen messerförmige Späne oder Splitter abgesprengt werden, bleiben in der Regel jene charakteristisch geformten Steinkerne (nuclei, s. Tafel „Kultur der Steinzeit“) übrig. Arbeitssteine, ovale Steine mit Aushöhlungen an einer oder beiden Oberflächen, dienten als Hämmer oder Schnitzer. Die Schlagsteine (Schlagkugeln) zeigen auf den Rändern die Spuren der mit ihnen ausgeführten Schläge. Die Steinmesser (s. Tafel) sind dünne, zweischneidige, einer Barbierlanzette ähnelnde, länglich-ovale Splitter, die Schabsteine (s. Tafel) im allgemeinen von mehr unregelmäßiger Form. Sehr häufig finden sich in den ältern paläolithischen Fundstätten mandelförmige Steinäxte (s. Tafel), die wahrscheinlich vermittelst Tiersehnen an einem Holzstiel befestigt, aber auch als Meißel oder Pfrieme verwendet wurden. Steinobjekte von drei- oder viereckiger Form, die auf der einen Seite flach, auf der andern mehr oder weniger gewölbt, 21/2–51/2 Zoll lang, 11/2 bis 21/2 Zoll breit sind, und die eine wenn auch nicht scharfe, doch sehr starke Schneide besitzen, werden vorzugsweise in den Küchenabfallhaufen Dänemarks angetroffen und in der Regel als kleine Steinbeile bezeichnet, von Steenstrup aber als Angelschnurgewichte gedeutet. Von Schleudersteinen unterscheidet man einfache, roh bearbeitete Feuersteinstücke und runde, etwas abgeflachte, zierlich gearbeitete Scheiben. Aus Feuerstein hergestellte Sägen (s. Tafel) gehören in paläolithischen Fundstätten ebenfalls nicht zu den Seltenheiten. Die Pfeilspitzen (s. Tafel) der ältern Stadien der paläolithischen Zeit sind von plumper, dreieckiger Gestalt, später finden sich leichter und besser gearbeitete, rautenförmige, blattförmige oder mit Widerhaken versehene Stücke, und daß gegen das Ende der ältern S. eine bedeutende Vervollkommnung in der Herstellung der Geräte und Waffen stattgefunden hat, beweisen die kunstvoll gearbeiteten, meist lorbeerblattförmigen Dolch- und Speerspitzen (s. Tafel), wie sie in jüngern paläolithischen Fundstätten wiederholt angetroffen wurden. Ferner finden sich Speerspitzen und Harpunen aus Knochen, Renntier- und Hirschgeweih sowie eigentümlich geformte, aus dem nämlichen Material hergestellte und mit Gravierungen versehene Objekte, welche als Kommandostäbe (Abzeichen des Häuptlings etc.) bezeichnet werden. In Gemeinschaft mit paläolithischen Geräten werden in Deutschland und Belgien, aber nicht in Frankreich und England Scherben irdenen Geschirrs, die, mit der Hand geformt und an der Sonne getrocknet, nur geringe Kunstfertigkeit verraten, nicht selten angetroffen.
Die relativ hohe Entwickelungsstufe, welche der Mensch der jüngern S. im Vergleich zum paläolithischen Menschen einnimmt, äußert sich zunächst in der außerordentlich sorgfältigen und stellenweise einen nicht geringen Geschmack bekundenden Herstellung der Waffen und Werkzeuge, die zum Teil auch bedeutende Dimensionen aufweisen. So fanden sich z. B. in Skandinavien sorgfältig gearbeitete Steinäxte, welche 33 cm lang sind und in der Mitte eine Breite von 55–57 mm und eine Dicke von 35–38 mm aufweisen. Die neolithischen Feuersteingeräte sind nicht von Knollen abgeschlagene Steinsplitter, sondern von allen Seiten bearbeitete Steinstücke. Dieselben sind geschliffen oder mehr oder weniger sorgfältig gemuschelt, d. h. es sind aus dem Feuerstein Teilchen in muschelförmigem Bruch herausgehoben. Neben einfachen, beiderseits zur Schneide konvex sich zuschärfenden Axtblättern finden sich Steincelte,
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0281.jpg&oldid=- (Version vom 25.3.2022)