verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
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höhern theatralischen T. oder des Balletts haben besonders Benda, Weigl, Winter, Righini, Adam, Beethoven („Prometheus“), Spontini, Weber, Meyerbeer, Halévy, in neuester Zeit Rubinstein (Ballettmusik in der Oper „Feramors“) Ausgezeichnetes geleistet, während die Musik für gesellschaftliche Tänze in unsrer Zeit vor allen durch Strauß und Lanner, denen sich Gungl, Labitzky und Lumbye beigesellten, ausgezeichnete Pflege fand. In Frankreich stehen an der Stelle der erstgenannten Walzerkönige die Quadrillenkomponisten Tolbecque, Musard, Offenbach, Lecocq, als Komponist von Ballettopern L. Delibes. – Die ältern Tänze waren ursprünglich Tanzlieder, so die deutschen Ringelreihen und Springtänze, die spanischen Sarabanden, die französischen Branles, Gavotten, Couranten, Giguen, Rigaudons, Musetten, Bourrées, Passepieds, Loures etc., die italienischen Paduanen, Gagliarden, Ciaconen, Passamezzi, die englischen Ballads, Hornpipes, dänischen Reels etc. Die Instrumentenspieler verbreiteten die Melodien, und sie mögen oft genug schon vor dem 16. Jahrh. nur von Instrumenten ohne Gesang gespielt worden sein. Eine kunstgemäße mehrstimmige Bearbeitung für Instrumente erfuhren sie, wie es scheint, zuerst im Anfang des 16. Jahrh., aus welcher Zeit uns viele gedruckte Sammlungen erhalten sind. Eine Sammlung deutscher Tanzlieder und Tanzmelodien enthält Böhmes „Geschichte des Tanzes in Deutschland“ (Bd. 2, Leipz. 1886). In eine neue Phase der Entwickelung traten die Tanzstücke, als man anfing, ihrer mehrere zu cyklischen Formen zu vereinigen, wobei zunächst die Einheit der Tonart das Bindemittel bildete. In der daraus entspringenden Form der Partie (Partita) oder Suite (s. d.), die besonders für Klavier allein und für Violine allein oder mit Klavier um die Wende des 17.–18. Jahrh. mit Vorliebe gepflegt wurde, erfuhren die Tanzstücke erhebliche Weiterungen, so daß sie statt kurzer achttaktiger Reprisen ausgeführte Themen, Gegenthemen und Durchführungen erhielten. In unserm Jahrhundert finden teilweise noch die ältern Tanzstücke Pflege (besonders das Menuett), sei es in der Form der Sonate oder Suite oder in noch freiern Zusammenstellungen von Stücken verschiedener Art oder einzeln (Gavotte), teils sind auch die neuesten Tänze einer kunstvollen Ausgestaltung unterworfen worden, so von Haydn (Menuette), Beethoven („Deutsche Tänze“ und „Kontertänze“), Weber („Aufforderung zum Tanz“, Es dur-Polonäse, Ekossäsen etc.), Schubert (Walzer, Ländler, Ekossäsen), Chopin (Polonäsen, Mazurken, Walzer), Schumann („Ballszenen“, „Faschingsschwänke“, „Karneval“), Brahms („Walzer“, „Ungarische Tänze“ etc.), Kiel („Deutsche Reigen“, Walzer für Streichquartett), Liszt („Valse de bravour“, „Chromatischer Galopp“), Raff (Humoresken, Tarantella etc.) u. a.
Tanzwut (Tanzsucht), epidemische Volkskrankheit des Mittelalters, welche besonders in den Jahren 1021, 1278, 1375 und 1418 herrschte. Von religiösem Wahnsinn ergriffen, tanzten Tausende, bis ihnen Schaum aus dem Mund quoll, Zuckungen sich einstellten und der Unterleib unförmlich aufschwoll. Dabei gaben sie vor, während des Tanzes himmlische Visionen zu haben, und zogen häufig, wie die Flagellanten (s. d.), mit bekränztem Haupt von Ort zu Ort. Da man die Tänzer für vom Teufel Besessene hielt, nahm der Klerus allerlei Beschwörungen vor, obwohl fruchtlos, und die Angehörigen wandten sich mit Gebet um Hilfe an St. Johannes und St. Veit (daher Veitstanz). Im 14. Jahrh. trieben am Niederrhein die Johannistänzer ihr Wesen, welche ihren Tanz zu Ehren des St. Johannes aufführten. Auch der Tanz der Derwische und der Schüttlersekten in Nordamerika kann zu diesen Exaltationszuständen gerechnet werden. Manche mit tanzähnlichen Bewegungen verbundene körperliche Krankheitszustände, wie die Reitbahn- oder Manegetouren, gehören in das Gebiet der sogen. Zwangsbewegungen. S. auch Tarantel und Veitstanz. Vgl. Hecker, Die T., eine Krankheit im Mittelalter (Berl. 1832); Derselbe, Die großen Volkskrankheiten des Mittelalters (das. 1865).
Tao, s. Laotse.
Taormīna, Stadt in der ital. Provinz Messina (Sizilien), Kreis Castroreale, 396 m ü. M., an der Ostküste der Insel und an der Eisenbahn Messina-Catania reizend gelegen (herrliche Ausblicke auf den Ätna und das Meer), hat ein wohlerhaltenes, in griechischer Zeit gegründetes, unter den Römern umgebautes Theater, ein großes Wasserreservoir für Bäder (sogen. Naumachia), römische Grabmäler und andre antike Baureste, ein maurisches Kastell, eine alte Mauer mit Türmen, interessante gotische Gebäude, einen Dom mit Zinnenturm und (1881) 2388 Einw. – T. ist an Stelle des nahe südlich am Kap Schiso 736 v. Chr. von Chalkidiern gegründeten, 403 von Dionysios von Syrakus zerstörten Naxos 358 als Tauromenion gegründet worden. Im Sklavenkrieg wie in den Kämpfen zwischen Oktavian und Sextus Pompejus heruntergekommen, geriet es, wenn auch durch eine römische Kolonie aufgefrischt, in Verfall und behauptete nur noch in arabischer und normännischer Zeit eine strategische Bedeutung.
Taos, Ort im N. des nordamerikan. Territoriums Neumexiko, 80 km nordnordöstlich von Santa Fé, früher von Bedeutung, jetzt nur ein ärmliches Dorf.
Taosse, s. Laotse.
Taouata (Tauata, Santa Christina), eine der Markesasinseln, 70 qkm groß mit (1885) 551 Einw. In dem Freihafen Port Anna Maria konzentriert sich der Verkehr der Inseln; hier ist auch der Sitz der französischen Behörden.
Tapachula (spr. -tschūla), Stadt, s. Soconusco.
Tapajoz (spr. -schōs, Tapayoso), Fluß in Brasilien, entspringt als Arinos in der Provinz Mato Grosso, wird bald schiffbar, fließt nordöstlich in die Provinz Pará und fällt dort nach einem Laufe von etwa 1680 km bei Santarem rechts in den Amazonenstrom. Er bildet mehrere Wasserfälle. Dampfschiffe befahren ihn von 330 km aufwärts bis zu dem untersten derselben, der Caxoeira de Apué.
Tapanhoancanga, brasilisches, Gold, Diamant und andre Edelsteine führendes Trümmergestein, besteht aus eckigen, großen Fragmenten von Eisenoxyden (Magneteisen, Roteisen, Brauneisen), durch eisenschüssiges Bindemittel verkittet.
Tapēt (lat. tapetum), Teppich oder Decke zur Bekleidung von Tischen, Wänden, Fußböden etc.; daher „etwas aufs T. bringen“, s. v. w. auftischen, zur Sprache bringen. Aus dem zum Singular gewordenen Plural tapeta entstand unser Tapete.
Tapēten, Gewebe, Leder oder farbiges und gemustertes Papier zur Bekleidung der Wände. T. und Teppiche (v. lat. tapetum, griech. tapes, Decke) haben ihren gemeinsamen Ursprung im Zelte der wandernden Völkerschaften und gelangten aus diesem in die Wohnungen der seßhaften Völker. Tyros, Sidon und Pergamon waren im Altertum berühmt wegen ihrer Teppiche. Aus dem Orient, wo sich die Bildweberei und Stickerei schon früh zu hoher Vollkommenheit entwickelt hatte, brachten Araber diese Kunst nach Europa. Während man in Frankreich und Italien
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0515.jpg&oldid=- (Version vom 10.10.2021)