verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
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Tempĕra (ital.), eigentlich jede Flüssigkeit, mit welcher der Maler die trocknen Farben vermischt, um sie mittels des Pinsels auftragen zu können; dann insbesondere eine im Mittelalter gebräuchliche Art der Malerei (Temperamalerei), wobei die Farben mit verdünntem Eigelb und Leim von gekochten Pergamentschnitzeln vermischt wurden (peinture en détrempe). Seit Cimabue verdrängte die T. in Italien die altbyzantinische Manier. In Deutschland malte man mit einer verwandten Technik, bis die von den van Eycks verbesserte Ölmalerei dieselbe im Lauf des 15. Jahrh. verdrängte. In Italien hielt sich die T. teilweise bis um 1500, wo die Ölmalerei auch hier vollkommen durchdrang.
Temperamént (lat.), ursprünglich ein gewisser spezifischer Wärmegrad (Temperatur) des Körpers. Man glaubte früher, daß dieser spezifische Wärmegrad abhängig sei von der Mischung der Säfte, und stellte daher so viel Temperamente auf, als man Kardinalsäfte des Körpers (rotes Arterienblut, schwarze Galle, gelbe Galle oder der Schleim und Lymphe) annahm. Je nach dem Vorherrschen des einen oder andern Safts im Körper hat der Mensch ein sanguinisches, melancholisches, cholerisches oder lymphatisches (phlegmatisches) T. Das sanguinische T. hieß auch das warme, das melancholische das kalte, das cholerische das trockne, das phlegmatische auch das feuchte T. Obgleich sich dieser Ideengang keineswegs auf positive Thatsachen gründen läßt und als eine zusammenhängende Reihe von Irrtümern erscheint, so hat sich doch das Wort T. in der Umgangssprache erhalten, weil man das Bedürfnis fühlte, für gewisse Zustände und Erscheinungen am Körper, deren Wesen und innere Bedingungen nicht klar vor uns liegen (wie für andre unbestimmte Begriffe), ein einfaches Wort zur Hand zu haben. Die wissenschaftliche Medizin macht in Deutschland wenigstens keinen Gebrauch mehr von dem Wort und dem Begriff T., wohl aber geschieht dies noch in Frankreich. Um so mehr findet das Wort T. von seiten der Laien Verwendung, und man versteht darunter einen gewissen Teil der Konstitution, nämlich die Stimmung und die Weise der Thätigkeitsäußerung des Gehirns. Man hat die Temperamente folgendermaßen charakterisiert. Das sanguinische, warme T. ist mit Körperfülle, weicher, zarter Haut, angenehmer frischer Gesichtsfarbe, starker Füllung der Blutgefäße verbunden. Die körperlichen wie geistigen Funktionen sind leicht anzuregen; die Individuen von sanguinischem T. sind reizbar und empfindlich, meist heiter und fröhlich, aber veränderlich in ihrer Stimmung. Das melancholische oder sentimentale T. ist gekennzeichnet durch festen, straffen Körperbau, größere oder geringere Magerkeit, durch dicke, trockne, kühle Haut, die mit dunkeln Haaren besetzt ist. In allen Bewegungen und Handlungen zeigt sich eine gewisse Langsamkeit, die aber von großer Ausdauer begleitet ist. Die melancholischen Individuen sind ernst, mehr zu trüber Stimmung geneigt, verfallen verhältnismäßig oft in Geisteskrankheiten. Das cholerische oder trockne T. steht zwischen dem sanguinischen und melancholischen gleichsam in der Mitte. Es zeichnet sich durch einen leichtern und beweglichern Körperbau, durch weniger braune und behaarte Haut und eine lebhaftere Gesichtsfarbe aus, als diese dem melancholischen T. zukommen. Die cholerischen Individuen sind beweglich, erhalten leicht ein wildes Aussehen, sind zum Zorn geneigt, zeigen dabei Stärke und Nachhaltigkeit der Erregungen, Leidenschaftlichkeit. Die Kennzeichen des phlegmatischen, feuchten Temperaments sind: ein schlaffer, weicher Körperbau, weiche, weiße Haut, die wenig Haare zeigt, blondes Kopfhaar, hervorstehende Augen, gleichgültige Gesichtszüge; die geistigen und körperlichen Funktionen gehen träge von statten, geringe und langsame Reaktion gegen geistige Erregungen, geringe Empfindlichkeit gegen eigne und fremde Leiden; die phlegmatischen Individuen neigen zu Fettbildung. Man hat diese Temperamente auch untereinander kombiniert zu einem melancholisch-phlegmatischen etc. T., womit der Willkür in der Anwendung dieses ohnehin unbestimmten Begriffs vollkommene Freiheit gegeben wurde. Auch ein nervöses T. hat man aufgestellt, welches sich durch Muskelschwäche und große Nervenreizbarkeit kennzeichnen soll. Man hat auch versucht, den verschiedenen Temperamenten einen Einfluß auf die Entstehung gewisser Krankheiten zuzuschreiben.
Temperantia (sc. remedia, lat.), mildernde Arzneimittel, s. Einhüllende Mittel.
Temperánzgesellschaften (engl. temperance societies), s. Mäßigkeitsvereine.
Temperatūr (lat.), der dem Gefühl und durch das Thermometer (s. d.) sich kundgebende Erwärmungszustand eines Körpers; kritische T., s. Gase, S. 930; mittlere T., s. Lufttemperatur. – In der Musik heißt T. die von der absoluten akustischen Reinheit abweichende Stimmung der zwölf Halbtöne einer Oktave, welche es ermöglicht, von jedem beliebigen Ton als Grundton auszugehen. Es wird dies erreicht, indem man unter Beibehaltung der Reinheit der Oktave die übrigen Töne etwas oberhalb oder unterhalb der von der reinen Stimmung geforderten Höhe „schweben“ läßt. Die T. heißt gleichschwebend, wenn alle Intervalle durch die ganze Tonleiter einander gleich, ungleichschwebend, wenn sie voneinander verschieden angenommen werden.
Temperatursinn, s. Tastsinn.
Temperguß, s. v. w. hämmerbares Gußeisen.
Temperieren (lat.), mäßigen, mildern.
Tempern, s. v. w. Adoucieren.
Tempésta (ital.), Sturm, Seesturm (auch als Gemälde); tempestoso, stürmisch, ungestüm.
Tempesta, Maler, s. Molyn 2).
Tempête (franz., spr. tangpäht, „Sturm“), gesellschaftlicher Tanz, an dem viele Paare teilnehmen. Die Aufstellung geschieht in Reihen zu je zwei Paaren, die sich an die mittlern wie an die gegenüberstehenden Paare nach beiden Seiten anschließen. Die mittlern vier Paare beginnen den Tanz mit Rond, Chassé, Croisé, Balancé und ähnlichen Touren, die dann nach beiden Seiten der Reihe nach wiederholt werden. Die ziemlich lebhafte Melodie steht im Zweivierteltakt und besteht aus mehreren Reprisen von acht Takten.
Tempieren, den Zünder für Hohlgeschosse auf eine bestimmte Brennzeit stellen; s. Zündung.
Tempĭo Pausanĭa, Kreishauptstadt in der ital. Provinz Sassari (Sardinien), am Nordabhang des Limbaragebirges, bildet mit Ampurias ein Bistum, hat ein Gymnasium, eine technische Schule, ein Seminar und (1881) 5452 Einw.
Tempi passāti! (ital.), vergangene Zeiten!
Temple, 1) (le Temple, spr. tangpl) ehemals Ordenshaus der Tempelherren in Paris, in der Revolutionszeit Staatsgefängnis, in welchem auch Ludwig XVI. und seine Familie im Winter 1792/93 bis zur Hinrichtung (21. Jan.) gefangen gehalten wurde. Unter Napoleon III. ward der T. abgebrochen und an dessen Stelle ein 7500 qm großes Square mit Trödlerhallen anlegt. Vgl. Curzon, La maison du T. (Par. 1888). – 2) (spr. tempel) ehemaliges Ordenshaus
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 584. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0584.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2024)