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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15

lebendiger und typischer Charaktere und der Tiefsinn der poetischen Idee. Auch in den prosaischern Novellen zeigte T. seine Meisterschaft des Vortrags. Sein letztes größeres Werk: „Vittoria Accorombona“ (Bresl. 1840), entstand unter den Einwirkungen der neufranzösischen Romantik und hinterließ trotz der aufgewendeten Farbenpracht einen überwiegend peinlichen Eindruck. Auch Tiecks sonstige litterarische Thätigkeit war während der Dresdener Periode eine sehr ausgebreitete. 1826 übernahm er die Herausgabe und Vollendung der von A. W. v. Schlegel begonnenen Shakespeare-Übertragung und gab die hinterlassenen Schriften Heinrichs v. Kleist (Berl. 1821) heraus, denen die „Gesammelten Werke“ desselben Dichters (das. 1826, 3 Bde.) folgten. „Die Insel Felsenburg“ (Bresl. 1827), „Lenz’ gesammelte Schriften“ (Berl. 1828) sowie „Shakespeares Vorschule“ (Leipz. 1823–29, 2 Bde.) etc. wurden mit Vorreden und Abhandlungen von bleibendem Wert begleitet. Aus seiner dramaturgisch-kritischen Thätigkeit erwuchsen die „Dramaturgischen Blätter“ (Bresl. 1826, 2 Bde.; Bd. 3, Leipz. 1852; vollständige Ausg., Leipz. 1852, 2 Tle.). 1841 wurde T. vom König Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen, wo er, durch Kränklichkeit zumeist an das Haus gefesselt und durch den Tod fast aller nähern Angehörigen sehr vereinsamt, ein zwar ehrenvolles und sorgenfreies, aber im ganzen sehr resigniertes Alter verlebte und 28. April 1853 starb. Seine „Kritischen Schriften“ erschienen gesammelt in 2 Bänden (Leipz. 1848), „Nachgelassene Schriften“ in 2 Bänden (das. 1855). „Ausgewählte Werke“ Tiecks gab Welti heraus (Stuttg. 1886–88, 8 Bde.). Tiecks vielfach widerspruchsvolle Natur kann nicht bloß aus der Zwiespältigkeit seiner Bildung, in welcher sich der Rationalismus des 18. Jahrh. und die mystische Romantik fortwährend bekämpften, erklärt werden, sondern ist zumeist auch noch auf das Improvisatorische, vom zufälligen Augenblick Abhängende seiner Begabung zurückzuführen, das ihn selten zu reiner Ausgestaltung seiner geist- und lebensvollen Entwürfe gelangen ließ. Vgl. R. Köpke, Ludwig T. Erinnerungen aus dem Leben etc. (Leipz. 1855, 2 Bde.); H. v. Friesen, Ludwig T., Erinnerungen (Wien 1871, 2 Bde.); K. v. Holtei, Briefe an Ludwig T. (Bresl. 1864, 4 Bde.); Ad. Stern, Ludwig T. in Dresden (in „Zur Litteratur der Gegenwart“, Leipz. 1879). – Tiecks Schwester Sophie T., geb. 1775 zu Berlin, verheiratete sich 1799 mit Aug. Ferd. Bernhardi (s. d.), von dem sie 1805 wieder geschieden wurde, lebte dann in Süddeutschland und mit ihren Brüdern, dem Dichter und dem Bildhauer, längere Zeit in Rom, später in Wien, München und Dresden. Im J. 1810 schloß sie eine zweite Ehe mit einem Esthländer, v. Knorring, dem sie in dessen Heimat folgte, und starb dort 1836. Sie hat außer Gedichten, z. B. dem Epos „Flore und Blanchefleur“ (hrsg. von A. W. Schlegel, Berl. 1822), auch Schauspiele und einige Romane, wie „Evremont“ (hrsg. von Ludw. T., das. 1836), geschrieben.

2) Christian Friedrich, Bildhauer, Bruder des vorigen, geb. 14. Aug. 1776 zu Berlin, hatte hier Schadow, dann in Paris David zum Lehrer und ward seit 1801 zu Weimar bei der Ausschmückung des Neuen Schlosses beschäftigt. Unter anderm modellierte er Goethes Büste, die er später auch in Marmor für die Walhalla ausführte. 1805 ging er mit seinem Bruder Ludwig nach Italien, wo er mehrere treffliche Büsten, wie die Alexanders v. Humboldt, und ein Reliefporträt Neckers für dessen Grabmal in Coppet ausführte. Von 1809 bis 1812 hielt er sich in der Schweiz und in München auf, wo er die Büsten des damaligen Kronprinzen Ludwig, Schellings, F. Jacobis und L. Tiecks fertigte. In Carrara, wo er dann längere Zeit verweilte, entstanden die Büsten Lessings, Erasmus’ von Rotterdam, Hugo Grotius’, Herders, Bürgers, Wallensteins u. a. 1820 wurde er Professor der Akademie zu Berlin, wo er die 1829 in Erz gegossenen Gruppen von Rossebändigern für den Überbau des königlichen Museums, Niobe und ihre Kinder, ein Relief im Giebelfeld des Schauspielhauses, Ifflands Statue im Schauspielhaus, das Standbild König Friedrich Wilhelms II. für Neuruppin, eine Statue Schinkels für die Vorhalle des Museums und zahlreiche durch sorgfältige Durchführung ausgezeichnete Büsten schuf (darunter eine dritte Goethebüste 1820 gleichzeitig mit Rauch). T. starb 14. Mai 1851 in Berlin.

Tiedemann, 1) Dietrich, philosoph. Schriftsteller, geb. 3. April 1748 zu Bremervörde bei Bremen, 1776 Lehrer am Carolinum zu Kassel, 1786 Professor der Philosophie an der Universität Marburg, wo er 24. Sept. 1803 starb. Er war ein Gegner der Kantschen Philosophie und schrieb unter anderm ein „System der stoischen Philosophie“ (Leipz. 1776, 3 Bde.) und in skeptischer Haltung eine Geschichte der Philosophie unter dem Titel: „Geist der spekulativen Philosophie“ (Marb. 1791–96, 6 Bde.).

2) Friedrich, Mediziner, geb. 23. Aug. 1781 zu Kassel, studierte seit 1798 in Marburg, Würzburg und Paris und ward 1806 Professor der Anatomie und Zoologie zu Landshut. Seine „Anatomie des Fischherzens“ (Landsh. 1809) und seine Untersuchung des Baues der Strahltiere gehörten wie die „Anatomie der kopflosen Mißgeburten“ (das. 1813) und die „Anatomie der Bildungsgeschichte des Gehirns“ (Nürnb. 1816) zu den bedeutendsten Leistungen jener Zeit. 1816 ging T. als Professor der Anatomie und Physiologie nach Heidelberg, wo er eine anatomische und zoologische Sammlung anlegte. 1849 zog er sich vom Lehramt zurück und lebte dann in Frankfurt und München, wo er 22. Jan. 1861 starb. Er schrieb noch: „Zoologie“ (Landsh. u. Heidelb. 1808–14, 3 Bde.); „Die Verdauung nach Versuchen“ (gemeinschaftlich mit Gmelin, Heidelb. 1826–27, 2 Bde.); „Physiologie des Menschen“ (Bd. 1 und 3, Darmst. 1830 und 1836); „Das Hirn des Negers, mit dem des Europäers verglichen“ (Heidelb. 1837); „Von den Duverneyschen und Bartholinischen Drüsen des Weibes“ (das. 1840); „Von der Verengung und Schließung der Pulsadern in Krankheiten“ (das. 1843); „Von lebenden Würmern und Insekten in den Geruchsorganen des Menschen“ (Mannh. 1844); „Geschichte des Tabaks“ (Frankf. 1854). Mit Reinhold und Treviranus gab er die „Zeitschrift für Physiologie“ heraus, von welcher 5 Bände (Darmst. 1825–32) erschienen sind. Vgl. Bischoff, Gedächtnisrede (Münch. 1861).

Tiedge, Christoph August, Dichter, geb. 14. Dez. 1752 zu Gardelegen, übernahm 1776 eine Hauslehrerstelle zu Ellrich in der Grafschaft Hohenstein, trat von dort aus in Verkehr mit Göckingk, Gleim, der Gräfin Elisa von der Recke u. a., ging 1782, von Gleim aufgefordert, nach Halberstadt, wo er 1792 Sekretär des Domherrn v. Stedern wurde und dessen Töchter unterrichtete, und zog nach Stederns Tod mit dessen Familie in die Nähe von Quedlinburg. Nach dem Tode der Frau v. Stedern lebte er abwechselnd auf Reisen, in Halle und Berlin, begleitete 1805–1808 Frau von der Recke durch Deutschland, die Schweiz und Italien und blieb dann bei derselben als Gesellschafter und zwar seit 1819 in Dresden.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 694. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0694.jpg&oldid=- (Version vom 20.6.2023)
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