verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
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geb. 27. Sept. 1827 zu Genf von französischen Eltern, lernte die Goldarbeiterkunst, begab sich 1846 nach Paris und erhielt hier eine Anstellung in der Verwaltung der Straßen und Brücken. Doch nahm er 1851 wieder seine Entlassung und begründete ein Exportgeschäft für Bijouterie- und Goldschmiedewaren, das einen guten Fortgang hatte. An der Politik nahm er regen Anteil und schloß sich der radikalen Partei an. Nach dem Sturz des Kaiserreichs 4. Sept. 1870 ward er Maire des sechsten Arrondissement von Paris. Bei dem Ausbruch des Aufstandes vom 18. März 1871 wurde er zum Mitglied der Kommune erwählt, sagte sich aber bald von ihr los und ging nach Versailles, um zwischen der Nationalversammlung und der Kommune eine friedliche Vermittelung zu versuchen, was jedoch erfolglos blieb. Seit 8. Febr. 1871 Mitglied der Nationalversammlung und seit 1876 Deputierter, schloß er sich den radikalen Republikanern an. Er war vom März 1879 bis November 1881 und vom Januar bis August 1882 Minister für Handel und Ackerbau, vom August 1882 bis März 1885 Finanzminister und vom Dezember 1887 bis April 1888 und wieder seit 21. Febr. 1889 Ministerpräsident. Auch ist er Senator.
Tiraspol, Kreisstadt im russ. Gouvernement Cherson, am Dnjestr und an der Eisenbahn von Odessa nach Jassy, hat eine in der Nähe befindliche Festung, 4 Kirchen (darunter eine der Altgläubigen), 2 Synagogen und (1887) 24,898 Einw. Die Industrie besteht in Getreidemüllerei (Dampfmühle), Gartenbau, Talgsiederei, Lichte- und Tabaksfabrikation.
Tiraß, Decknetz zum Fang von Wildgeflügel.[WS 1]
Tiratelli, Aurelio, ital. Maler, geb. 1842 zu Rom, war seit 1856 Schüler der St. Lukas-Akademie und widmete sich anfangs der Plastik. Nachdem er unter andern das Denkmal des mexikanischen Gesandten Baron Guerra auf dem Campo santo zu Rom geschaffen, wandte er sich seit 1873 der Landschafts-, Genre- und Tiermalerei zu. Von seinen durch sorgfältige Detailbehandlung und Lebendigkeit der Darstellung ausgezeichneten Gemälden, deren Motive er ausschließlich Rom und seiner Umgebung entnimmt, sind hervorzuheben: Viehmarkt in der römischen Campagna, ein Eisenbahnunglück, Landleute auf einem von Büffeln gezogenen Wagen (Museum zu Triest), Ernte in der Campagna, Erntewagen in der römischen Campagna, eine Ochsenherde auf der Landstraße, Büffelkampf in der Campagna und eine Büffelversammlung an einem Sumpf.
Tire, Stadt im asiatisch-türk. Wilajet Aïdin, am Kütschük Menderes, 55 km südöstlich von Smyrna, mit welchem es durch Eisenbahn verbunden ist, mit etwa 13,000 Einw.
Tireboli, Stadt im asiatisch-türk. Wilajet Tarabozon (Trapezunt), 82 km westlich von Trapezunt am Schwarzen Meer gelegen, mit 2–3000 meist türk. Einwohnern, Post, Telegraph und einer verfallenen Festung. T. ist das antike, von Griechen aus Milet im 8. Jahrh. v. Chr. gegründete Tripolis.
Tiree (Tyree, spr. tirrih), Insel der innern Hebriden, zur schott. Grafschaft Argyll gehörig, 70 qkm groß mit 2730 Einw. Ben Haynish (132 m) ist der höchste Punkt; etwa der dritte Teil der Insel ist angebaut. Vorzüglicher Marmor wird gebrochen.
Tire-haut! (franz., spr. tīr-oh), Zuruf, um bei der Jagd auf vorbeistreichendes Federwild aufmerksam zu machen.
Tires (engl., spr. teirs), eiserne oder stählerne Radkränze für Lokomotiven- u. Eisenbahnwagenräder etc.
Tirēsias, s. Teiresias.
Tiret (franz., spr. tirä́), Bindestrich, Gedankenstrich.
Tirguschu (rumän. Tirgu-Jiu, Targulu-Jiuliu), Hauptstadt des rumän. Kreises Gorschi, am Schiul (Jiu), Sitz des Präfekten und eines Tribunals, hat 5 Kirchen, eine Normalschule und 3712 Einw.
Tirhaka (ägypt. Talhaka), dritter äthiop. König von Ägypten, schlug 701 v. Chr. den assyrischen König Sanherib bei Altaku, wodurch er das Reich Juda von den Assyrern befreite, wurde aber 672 von dem König von Assyrien, Assarhaddon, vertrieben und versuchte vergeblich, Ägypten wiederzuerobern.
Tirhala, Stadt, s. Trikkala.
Tirlemont (spr. tirl’mong, vläm. Thienen), Stadt in der belg. Provinz Brabant, Arrondissement Löwen, an der Großen Geete, Knotenpunkt an der Eisenbahn Brüssel-Lüttich, früher befestigt, seit dem Mittelalter sehr zurückgegangen, hat eine schöne gotische Liebfrauenkirche (1298 gegründet), die Kirche St.-Germain (12. Jahrh.), eine Bibliothek, ein Kommunalcollège, Fabrikation von Dampfmaschinen, Flanell, wollenen Strümpfen, Leder, Zucker, Öl etc., Getreide- und Wollhandel und (1888) 15,315 Einw. Hier 16. März 1793 Sieg der Franzosen unter Dumouriez über die Österreicher.
Tirmentau, westlicher Gebirgszug des Urals im Gouvernement Ufa, Kreis Sterlitamak; 3 km vom Dorf Chasina ist in einem der Felsen eine große Höhle, welche Lepechin beschrieben hat.
Tirnau (ungar. Nagyszombat), königliche Freistadt im ungar. Komitat Preßburg, an der Waagthalbahn, mit 9 römisch-kath. Kirchen (darunter der 1389 erbaute Dom), mehreren Klöstern, einer evang. Kirche und (1881) 10,830 deutschen, slowakischen und ungar. Einwohnern, die Gewerbe, Handel und Weinbau treiben. T. hat eine Zuckerfabrik, eine kath. Lehrerpräparandie, ein kath. Obergymnasium, ein kath. Seminar, ein Bezirksgericht, ein großes Militärinvalidenhaus mit Spital und Irrenanstalt, ein Komitatsspital, ein Theater und ein Denkmal zur Erinnerung an die 14. Dez. 1848 gefallenen Honvéds. Bis 1773 bestand hier eine Universität.
Tirnowa (d. h. Dornburg), Kreishauptstadt in Bulgarien, an der Jantra, zwischen höchst abenteuerlich geformten Kalkfelsen erbaut, ehemals die Hauptstadt des Landes, Ausgangspunkt mehrerer Straßen über den Balkan, hat Moscheen, mehrere byzantin. Kirchen, Bäder, bedeutenden Zwischenhandel und (1887) 11,314 Einw. (meist Bulgaren). Von der früher lebhaften Webindustrie hat sich nur die Fabrikation groben Tuches, ferner Färberei sowie Seidenzucht erhalten.
Tiro (lat.), junger Soldat, Rekrut; überhaupt Anfänger, Neuling; daher Tirocinium, der erste Feldzug eines Soldaten; die erste Probe in einer Sache; auch Titel von Lehrbüchern für Anfänger.
Tiro, Marcus Tullius, röm. Gelehrter, geboren um 94 v. Chr., anfänglich Sklave, seit 54 Freigelassener des Cicero, dem er durch besondere Gelehrsamkeit und Geschicklichkeit ein geschätzter Begleiter und Gehilfe wurde. Nach Ciceros Tod zog er sich auf ein kleines Landgut bei Puteoli zurück, wo er, fast hundertjährig, 5 n. Chr. starb. Von seinen Schriften sind uns nur einzelne Bruchstücke erhalten. Er gab die Werke Ciceros heraus, sammelte und veröffentlichte dessen Witzworte und schrieb eine Biographie desselben, welche Plutarch im „Leben Ciceros“ benutzt hat. Außerdem verfaßte er eine Schrift über den lateinischen Sprachgebrauch und eine große Encyklopädie unter dem Titel: „De variis atque promiscuis quaestionibus“. Am bekanntesten aber ist T.
Anmerkungen (Wikisource)
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 720. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0720.jpg&oldid=- (Version vom 14.10.2021)