verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
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wegen der altrömischen Kurzschrift, die man seit dem 16. Jahrh. als die Tironischen Noten bezeichnet. Das Alphabet der Tironischen Stenographie ist gebildet durch Verkürzung und Vereinfachung der römischen Majuskelzeichen. In der Verbindung miteinander erfahren die Tironischen Buchstaben mancherlei Modifikationen und Verschmelzungen, für einige Vokale besteht eine einfache symbolische Bezeichnung an dem vorangehenden Konsonantenzeichen. Als Abkürzungen benutzt, stehen die Tironischen Buchstabenzeichen für häufig vorkommende Wörter, und zwar werden durch Benutzung kleiner diakritischer Merkmale, durch Ansetzen von Endungszeichen u. dgl. aus einem einzigen alphabetischen Zeichen oft viele Abkürzungen dieser Art gebildet. Bei der Mehrzahl der nicht auf solche Weise gekürzten Wörter geschieht die notwendige Vereinfachung durch Buchstabenauslassen, in dessen Vornahme eine systematische Regelmäßigkeit nicht erkannt werden kann. Das geschickte Verwerten des Punktes und der verkleinerten Buchstaben als Nebenzeichen liefert weitere Mittel zur Kürzung, die auch im zusammenhängenden Satz ihre Anwendung findet (Schriftprobe s. auf Tafel „Stenographie“). Aus zahlreichen Stellen der alten Autoren wissen wir, daß Geschwindschreiber (notarii) mit den Tironischen Noten öffentliche Reden und Verhandlungen wörtlich aufnahmen. Unter den Kaisern ward das Tironischen Notensystem als Lehrgegenstadt in den Schulen vorgetragen. Mit dem Sinken des römischen Reichs schwand auch die Kenntnis der Tironischen Noten, doch erlebten diese unter den Karolingern noch eine Nachblüte, ehe sie ganz der Geschichte anheimfielen. Unsre Kenntnis der Tironischen Noten beruht teils auf ganzen Werken oder einzelnen Abschnitten in Tironischen Zügen, die sich erhalten haben, teils auf lexikonähnlichen Lehrbüchern. Die ältesten Handschriften dieser Art stammen aus dem 8. Jahrh. n. Chr. Vgl. Engelbronner, De M. T. Tirone (Amsterd. 1804); Mitzschke, M. T. Tiro (Berl. 1875); Egger, Latini sermonis vetustioris reliquiae selectae (Par. 1843); Kopp, Palaeographia critica (Mannh. 1817); Schmitz im „Panstenographikon“ Leipz. (1869–74); Lehmann, Quaestiones de notis Tironis et Senecae (das. 1869); Mitzschke, Quaestiones Tironianae (Berl. 1875); Rueß, Über die Tachygraphie der Römer (Münch. 1879); Zeibig, Geschichte und Litteratur der Geschwindschreibkunst (2. Aufl., Dresd. 1878); Lehmann, Das Tironische Psalterium der Wolfenbüttler Bibliothek (Leipz. 1885).
Tirol (hierzu Karte „Tirol“), österreich. Kronland, gefürstete Grafschaft, grenzt mit Einschluß von Vorarlberg (s. d.) westlich an die Schweiz und Liechtenstein, nördlich an Bayern, östlich an die österreichischen Kronländer Salzburg und Kärnten, südlich an Italien und umfaßt ohne Vorarlberg 26,690 qkm (484,73 QM.), mit Vorarlberg aber 29,293 qkm (531,99 QM.). T. ist das gebirgigste Land Österreichs und hat Anteil an dem nördlichen, mittlern und südlichen Zug der Alpen. Die nördliche Gebirgsmasse beginnt mit den Vorarlberger (Algäuer) Alpen und dem Bregenzer Wald, welche sich vom Bodensee bis zum Lech hinziehen (Rote Wand 2705 m, Hochvogel 2589 m, Arlberg mit Paß 1797 m) und in den Nordtiroler Alpen mit dem Wettersteingebirge (Zugspitze 2960 m), dem Karwändelgebirge (2736 m) und dem Solstein (2655 m) ihre Fortsetzung finden. Den nordöstlichsten Teil Tirols, jenseit des Inn, erfüllen die Kitzbühler Alpen (Breithorn 2496 m) und das denselben nördlich vorlagernde Kaisergebirge (2375 m). Die Zentralzone der Alpen beginnt in T. mit dem Rätikon (Scesaplana 2963 m) und den nördlichen Ausläufern der Rätischen Alpen (Albuinkopf 3313 m), setzt sich in dem gletscherreichen Massiv der Ötzthaler Alpen (Wildspitze 3776 m), in der Stubaier Gruppe (Zuckerhütl 3508 m) und den Sarnthaler Alpen (Hirzer 2781 m) fort. Der Brennerpaß scheidet diesen westlichen Teil von dem östlichen Zug der Zentralalpen, dem Zillerthaler Gebirgsstock (Hochfeiler 3506 m) und den Hohen Tauern (s. d.), von welchen sich an der Tiroler Grenze noch die Dreiherrnspitze und der Großvenediger erheben. Dem südlichen Alpenzug gehören in T. an die Gruppen des Ortler (s. d.), des höchsten Bergs des Landes und der Monarchie (3905 m), des Adamello und der Presanella (3547 m), die Brentagruppe (3179 m), die westlichen Trientiner Alpen; dann östlich vom Etschthal die Lessinischen Alpen (Cima Dodici 2331 m), die Südtiroler Dolomitalpen (Vedretta Marmolata 3494 m), die Fassaner und Ampezzaner Alpen, endlich an der Grenze gegen Kärnten die Karnischen Alpen. Die wichtigsten Alpenpässe in T. sind: das Reschenscheideck, der Brenner, der Arlberg, das Stilfser Joch, Finstermünz, Tonale, die Ehrenberger Klause, der Scharnitz- und Achenpaß (diese drei nach Bayern), der Strub-, Thurn- und Gerlospaß (diese drei nach Salzburg). Die Hauptthäler sind: das Ober- und Unterinnthal, das Etsch- und Eisack- und das Pusterthal. Unter den Nebenthälern sind besonders das Ötz-, Wipp- und Zillerthal, Fleimser, Fassa- und Grödner Thal, Sulzberg und Nonsberg, Giudicarien und Valsugana hervorzuheben. Das nördliche T. gehört zu dem Flußgebiet des Rheins und der Donau, zu letzterm auch der östliche Teil des Pusterthals, aus welchem die Drau nach Kärnten übertritt. Alles übrige gehört zum Gebiet des Adriatischen Meers. Der Rhein empfängt aus Vorarlberg die Ill, während die Bregenzer Ache in den Bodensee direkt mündet. Der Inn betritt das Land bei Finstermünz und verläßt es unterhalb Kufstein, nachdem er die Rosana, den Ötzbach, Sill und Ziller aufgenommen. Ganz im N. Tirols entspringen der Lech und die Isar, die aber bald nach Bayern übergehen. Der Hauptfluß des südlichen T. ist die Etsch (Adige), die links die Passer, den Eisack und den Avisio, rechts den Noce aufnimmt und bei Borghetto in das Venezianische übertritt. Außerdem sind von Flüssen zu nennen: im SW. die Sarca, im SO. die Brenta. Unter den Seen sind der Boden- und der Gardasee, deren Spiegel nur zum Teil zu T. gehören, die größten; außer diesen beiden gibt es nur kleinere Seen, z. B. der Achensee, der Brennersee, der See von Caldonazzo, der Loppiosee. Die berühmtesten der zahlreichen (123) Mineralquellen sind die von Rabbi, Prags, Maistatt, Innichen, das Brennerbad und das Mitterbad im Thal Ulten. Das Klima Tirols ist sehr verschieden, indem die zentrale Gebirgskette eine Klimascheide bildet. Nördlich von derselben ist die Temperatur vorherrschend rauh und kalt; südlich von der Zentralkette, namentlich im Etschthal, erreicht die Sommerwärme oft eine unerträgliche Höhe. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Innsbruck +8° C., in Bludenz +8½° C., in Lienz +7½° C., in Trient dagegen +12,6° C. Im nördlichen T. beträgt der Regenniederschlag gewöhnlich 88–122 cm im Jahr, in Südtirol etwa 94 cm. Die niedrigern Striche des Innthals, wie das Zillerthal, haben ergiebiges Ackerland; im Etschthal erinnert schon die ganze Natur an Italien, und hier ist der Boden überaus fruchtbar.
Die Bevölkerung von T. betrug mit Einschluß
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 721. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0721.jpg&oldid=- (Version vom 11.10.2021)