verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15 | |
|
den Bayern sehr feindliche Stimmung und bereitete den heimlichen Aufforderungen Erzherzog Johanns und Hormayrs in Wien zum Aufstand einen günstigen Boden. So entzündete sich im April 1809 jener Volkskrieg unter den Helden Andreas Hofer (s. d.), Speckbacher u. a., nach dessen unglücklichem Ende im Wiener Frieden von 1809 T. in drei Teile zerrissen ward: Welschtirol mit Bozen fiel an das Königreich Italien, Oberpusterthal an Illyrien, und das übrige blieb bei Bayern. Nach dem Fall des französischen Kaiserreichs 1814 wurde das ganze Land wieder mit Österreich vereinigt. Durch das Patent vom 24. März 1816 stellte Kaiser Franz die Verfassung in etwas veränderter Gestalt wieder her. T. fügte sich weniger gern als die andern deutschen Kronländer in den durch das Februarpatent von 1861 (s. Österreich, S. 521) in Österreich geschaffenen Zustand; eine Adresse der alttiroler Partei vom 15. Febr. 1861 hatte geradezu die Aufrechterhaltung der alten ständischen Gliederung verlangt. Dazu weigerte sich der italienische Süden, den Landtag zu beschicken, und verlangte eine Abtrennung der italienischen Bezirke von den deutschen. Die Abneigung der Massen, namentlich auf dem Land, gegen die neue Ordnung der Dinge wuchs noch, als das Patent vom 8. April im Prinzip die Gleichstellung der Protestanten aussprach. Doch hatte die Adresse des allein aus Vertretern von Deutschtirol zusammengesetzten Landtags, welcher auf Antrag des Fürstbischofs von Brixen an den Kaiser die Bitte richtete, die Ausübung des öffentlichen Gottesdienstes, die Bildung kirchlicher Gemeinden, den Erwerb von Realbesitz den Protestanten in T. nicht zu gestatten, keinen Erfolg. Die Sistierung der Verfassung nach Schmerlings Sturz 1865 rief in T. keine oppositionelle Kundgebung hervor, weil die Regierung T. in Absicht auf das Protestantenpatent bedeutende Zugeständnisse machte. So wurde durch das Gesetz vom 7. April 1866 die Bildung protestantischer Gemeinden von der Einwilligung des Landtags abhängig gemacht. Daher gab sich für die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Zustände 1867 in dem Landtag Tirols geringe Sympathie zu erkennen; indessen erfolgte doch der Beschluß, den Reichsrat zu beschicken. Die liberalen österreichischen Gesetze über Kirche und Schule stießen in T. natürlich auf große Abneigung und im Landtag auf Opposition. Alle Versuche des verfassungstreuen Ministeriums, eine liberale Mehrheit durch Neuwahlen zum Landtag zu erreichen, waren vergeblich. Auch nach dem Eintritt der Welschtiroler in den Landtag (1875) blieb die Mehrheit ultramontan und protestierte ebenso wie die Bischöfe immer wieder gegen die konfessionslose Schule und für die Glaubenseinheit. Vgl. v. Hormayr, Geschichte der gefürsteten Grafschaft T. (Tübing. 1806–1808, 2 Bde.); Egger, Geschichte Tirols (Innsbr. 1872–80, 3 Bde.); über einzelne Perioden: A. Huber, Geschichte der Vereinigung Tirols mit Österreich (das. 1864); v. Hormayr, T. und der Tiroler Krieg von 1809 (2. Aufl., Leipz. 1845); A. Jäger, Zur Vorgeschichte des Jahrs 1809 in T. (Wien 1852); „T. unter der bayrischen Regierung“ (Aarau 1816); A. Jäger, Geschichte der landständischen Verfassung Tirols (Innsbr. 1880–1885, 2 Bde.) und andre Werke des Verfassers; Streiter, Studien eines Tirolers (für die neuere Zeit, Leipz. 1862); „Archiv für Geschichte und Altertumskunde Tirols“ (Innsbr. 1864–68); „Acta Tirolensia“ (das. 1886 ff.); „Zeitschrift des Ferdinandeums für T.“ (das., seit 1825).
Tiroler Grün, s. Berggrün.
Tiroler Weine, im allgemeinen eher leichte als geistige, wenig saure Weine, denen es an Parfüm, häufig an Körper, meist an Haltbarkeit fehlt. Man gewinnt Rot- und Weißweine, erstere besonders im Etschthal, letztere in der Umgegend von Trient und Roveredo, wo auch vorzügliche Likörweine bereitet werden. Man unterscheidet Leiten- oder Collinenweine von den Anhöhen und den Buchten der Berge, reich an Alkohol und Körper, von angenehmem Geschmack und stärkendem Weingeruch, und Bodenweine aus der Tiefebene, ohne Boukett, dick und nicht haltbar. Die vorzüglichsten Weine Tirols sind: der Isera, weiß und rot, voll Geist und Feuer, der braune Vin santo oder Pasqualino, der köstliche weiße Terlaner, voll Feuer und Süße, der dunkelrote Natalino, ein Strohwein von Roveredo, der dunkelbraune, lieblich süße Muscato bianco, der dunkel rubinrote Traminer und der Marziminer von Ala und Tramin, letzterer feingeistig und körperreich, dem Veltliner ähnlich, der Seeburger von Brixen, die Weine von Glanig und Leitach, wo der von Vergil besungene Lieblingswein des Kaisers Augustus wuchs, der Kalterer Seewein, Maddalena etc.
Tironische Noten, s. Tiro.
Tirschenreuth, Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, an der Waldnab und an der Linie Wiesau-T. der Bayrischen Staatsbahn, 500 m ü. M., hat 4 Kirchen, ein Schloß, ein Waisenhaus, ein Amtsgericht, ein Forstamt, Porzellan-, Tuch- und Zementziegelfabrikation, eine Dampfschneidemühle und (1885) 2829 meist kath. Einwohner. T. ist Geburtsort des Germanisten Schmeller.
Tirschtiegel, zwei Städte im preuß. Regierungsbezirk Posen, Kreis Meseritz, durch die Obra getrennt: Alt-T., mit kath. Kirche und (1885) 965 meist kath. Einwohnern; Neu-T., mit evangelischer und altluther. Kirche und Synagoge und (1885) 1502 meist evang. Einwohnern. T. hat ein Amtsgericht, ein Johanniterkrankenhaus u. starken Hopfenbau. Nahebei das Schloß T.
Tirso (im Altertum Torsus), der bedeutendste Fluß der Insel Sardinien, entspringt im nordöstlichen Teil derselben, fließt südwestlich und mündet in den Golf von Oristano; 135 km lang.
Tirso de Molīna, Dichter, s. Tellez.
Tiryns, sehr alte Stadt in Argolis, südöstlich von Argos, der Sage nach Sitz des Perseus und Herakles und von lykischen Kyklopen mit riesigen (Steine von 3 m Länge und 1 m Dicke), zum Teil noch erhaltenen Mauern, in welchen Kammern und überdeckte Gänge ausgespart sind, befestigt, was auf orientalische Einflüsse deutet. In T. erhielt sich die alte achäische Bevölkerung im Gegensatz zur dorischen in Argos. Darum stete Feindschaft, welche 465 v. Chr. mit der Zerstörung der Stadt durch die Argiver endete. Die Ruinen, durch die Ausgrabungen Schliemanns 1884 bis 1885 bekannt, welche die Fundamente einer Fürstenburg aus Homerischer Zeit bloßgelegt haben, heißen heute Paläa Nauplia. Vgl. Schliemann und Dörpfeld, Tiryns (Leipz. 1885).
Tisane (franz.), s. Ptisane.
Tisch, in der Turnkunst (s. d.) ein zu Übungen des gemischten Sprunges verwendetes, nur auf wenigen Turnplätzen eingeführtes, hier aber sehr beliebtes Turngerät, etwa 2 m lang, 1 m breit, die Platte mit dichter Polsterung versehen, die Füße mit Ständern in Röhren zum Stellen in verschiedene Höhe (zwischen 1¼ und 1¾ m). Wegen seiner Größe springt man an ihm gern mit dem stark federnden Schwungbrett (Tremplin). Vgl. J. K. Lion, Die Turnübungen des
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 725. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0725.jpg&oldid=- (Version vom 11.10.2021)