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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15

Einschluß der Sitze der Kosaken, welcher jetzt den größten Teil Kleinrußlands (s. d.) ausmacht. Durch den Vertrag von Andrussow 1667 und den Frieden zu Moskau von 1686 trat Polen den östlich vom Dnjepr gelegenen Teil des Landes (die sogen. russische U.) an Rußland ab, während der westlich von diesem Fluß gelegene Teil (die polnische U.) vorläufig noch unter polnischer Herrschaft blieb und erst 1793 durch die zweite Teilung Polens an Rußland kam. Die vom Donez durchströmte slobodische U., in die sich zur Zeit der polnischen Herrschaft viele Kleinrussen geflüchtet hatten, bildet jetzt das Gouvernement Charkow. Über die ukrainische Sprache und Litteratur, s. Kleinrussische Sprache und Litteratur.

Ula, Rangklasse der türk. Zivilbeamten mit dem Titel Exzellenz, besteht aus zwei Graden: U. sinfi ewwel und U. sinfi sani.

Ulānen (Uhlanen), mit Lanzen bewaffnete Reiterei. Der Name U., d. h. Wackere, Tapfere, ist tatarischen Ursprungs. Die Polen legten ihn ihrer ähnlich bewaffneten Reiterei, mit der sie die Tatareneinfälle abzuwehren suchten, ebenfalls bei, so daß die polnischen U. die ersten in Europa waren und deshalb als polnische Nationalwaffe galten. Von den Polen nahmen die übrigen europäischen Heere die U. sogar mit ihrer eigentümlichen Uniform, bestehend in einer viereckigen polnischen Mütze, der Czapka, und einem kurzschößigen Rock mit zwei Reihen Knöpfen und polnischen Ärmelaufschlägen, der Ulanka, an. Die ersten Ulanenregimenter nach den polnischen errichtete 1790 und 1791 Österreich; ihm folgte Preußen, welches bereits seit 1745 ein Regiment Lanzenreiter, die Bosniaken (Towarczy, s. d.), hatte und daraus 1808 U. bildete, später Rußland und andre Staaten. Deutschland hat 25, Österreich 11, England 5, Rußland 2 (Garde-) Regimenter U. Frankreich hat keine U. Während in Österreich die U. keine Lanze, sondern gleich den übrigen Reitern nur Säbel und Karabiner führen, begann man 1888 in Deutschland auch die Kürassiere und Husaren, 1889 auch die Dragoner mit Lanzen auszurüsten.

Ulanga (Uranga), der Oberlauf des Lufidschi (s. d.) in Ostafrika.

Ulanka, s. Ulanen.

Ulbach (spr. ülback), Louis, franz. Schriftsteller, geb. 7. März 1822 zu Troyes, studierte in Paris und trat zum erstenmal 1844 mit einer Sammlung lyrischer Poesien („Gloriana“) an die Öffentlichkeit. Später nach und nach an den verschiedensten Journalen beteiligt, machte er sich durch die im „Figaro“ erschienenen „Lettres de Ferragus“ einen Namen als Satiriker, zog sich aber auch durch seinen Freimut, den er später noch entschiedener in dem wöchentlich erscheinenden Pamphlet „La Cloche“ bethätigte, gerichtliche Verfolgung und Strafe zu. Während der Belagerung von Paris war er, obgleich der friedfertigste Mann von der Welt, Mitglied der Barrikadenkommission, und als er nach der Bewältigung des Kommuneaufstandes von einem Kriegsgericht der Teilnahme an der Insurrektion geziehen wurde, gab er in seiner „Cloche“ eine so indignierte Antwort, daß er dafür zu drei Jahren und in zweiter Instanz immer noch zu drei Monaten Gefängnis und 3000 Frank Geldbuße verurteilt wurde. 1878 wurde er von seinen inzwischen zur Regierung gelangten politischen Freunden mit dem Posten eines Bibliothekars beim Arsenal entschädigt. U. hat seit 1853 eine Reihe von Romanen erscheinen lassen, welche ihn zu einem der gelesensten Schriftsteller machten. Wir nennen: „L’homme au Louis d’or“ (Par. 1854); „Les roués sans le savoir“ (das. 1856); „La voix de sang“ (1858); „Monsieur et Madame Fernel“, seine beste Arbeit, auch nicht ohne Erfolg auf die Bühne gebracht (1860); „Françoise“ (1862); „Le mari d’Antoinette“ (1862); „Louis Tardy“ (1864); „Le parrain de Cendrillon“ (1865–67, 2 Bde.); „Histoire d’une mère et de ses enfants“ (1874); „La princesse Morani“ (1875); „Magda“ (1876); „La comtesse de Tyrnau“ (1876); „Le baron américain“ (1877); „Les mémoires d’un assassin“ (1877); „Madame Gosselin“ (1877); „Monsieur Paupe“ (1878); „Les buveurs de prison“ (1879); „Les enfants de la morte“ (1879) etc. Auch im Drama hat sich U. versucht, wenn auch mit weniger Glück. Er starb 16. April 1889 in Paris.

Ulceration (lat.), Verschwärung, s. Geschwür.

Ulcus (lat.), s. v. w. Geschwür.

Ule, Otto, naturwissenschaftl. Schriftsteller, geb. 22. Jan. 1820 zu Lossow bei Frankfurt a. O., studierte seit 1840 in Halle und Berlin erst Theologie, sodann Naturwissenschaften, war 1845–48 Lehrer am Gymnasium in Frankfurt a. O., hielt daselbst im Winter 1847 und 1848 Vorträge über die Entwickelungsgeschichte des Weltalls und beteiligte sich lebhaft an den politischen Kämpfen jener Jahre. Nachdem er einige Zeit als Lehrer an der Fortbildungsschule zu Quetz bei Halle gewirkt hatte, privatisierte er in Halle und starb hier 6. Aug. 1876. Von seinen Schriften, die einerseits durch gemütvolles Eingehen auf die Vorgänge, namentlich in der unbelebten Welt, zur Naturerkenntnis zu führen, anderseits nicht bloß Verstandes-, sondern auch Humanitätsbildung zu fördern suchen, sind hervorzuheben: „Das Weltall“ (3. Aufl., Halle 1859, 3 Bde.); „Physikalische Bilder“ (das. 1854–57, 2 Bde.); „Die neuesten Entdeckungen in Afrika“ (das. 1861); „Die Wunder der Sternenwelt“ (Leipz. 1861; 2. Aufl. von Klein, 1877); „Populäre Naturlehre“ (das. 1865–1867); „Warum und Weil“, Fragen und Antworten physikalischen Inhalts (chemischer Teil, 3. Aufl., Berl. 1887; physikalischer Teil, 6. Aufl. 1886); „Kleine naturwissenschaftliche Schriften“ (Leipz. 1865–68, 5 Bde.). Auch gab er eine Bearbeitung von Réclus’ „La terre“ (Leipz. 1873–76, 2 Bde.). Mit Karl Müller und Roßmäßler gründete er 1852 die Zeitschrift „Die Natur“.

Uleåborg (finn. Oulu), das nördlichste und größte Gouvernement des Großfürstentums Finnland, umfaßt das nördliche Österbotten und Lappland und hat einen Flächenraum von 165,641 qkm (3008,2 QM.) mit (1886) 228,993 Einw. Das Land ist reich bewässert durch mehrere Seen (Uleåträsk, Kitkajärvi, Kemijärvi, Kiandosee, Enare u. a.) und große Flüsse, z. B. Oulunjoki, Kemijoki, Uleåelf, Ijojoki, Torneåelf. Im innern und östlichen Teil sind noch die großen Wälder und Moräste überwiegend, und der Boden ist meist unkultiviert; in der westlichen Küstengegend aber ist der Ackerbau vorherrschend. Der Fischfang und der Holzbetrieb sind bedeutend im ganzen Land. Im N. (Lappland) wohnen noch etwa 600 nomadisierende Lappen, deren Hauptbeschäftigung die Renntierzucht ist. – Die Stadt U., am Bottnischen Meerbusen und an der Mündung des Uleåelf, brannte 1822 großenteils ab und ist seitdem freundlicher und geräumiger wieder aufgebaut worden. Sie ist Sitz des Gouverneurs und eines deutschen Konsuls, hat ein Lyceum, ein Hospital, Schiffswerften, mehrere Fabriken und (1886) 11,578 Einw., welche Handel, besonders mit Teer, Pech und Holzwaren, treiben. U. wurde 1605 gegründet. Während des Kriegs 1854 brannten die Engländer im hiesigen Hafen mehrere Schiffe nebst dem Teerhof nieder.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 15. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 981. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b15_s0981.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)
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