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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1

widerstrebt auf Anstiften der Juno und reizt den Turnus, den sie zu ihrem Eidam bestimmt hat, zum Kampf wider die Fremdlinge. A. findet Zuflucht bei Evander am Palatinischen Berg, und ausgerüstet mit herrlichen Waffen, die ihm Vulkan auf Bitten der Venus geschmiedet, erlegt er unter den Mauern von Lavinium, am Fluß Numicius den Nebenbuhler und den Etrusker Mezentius. Nach der Schlacht wurde er nicht mehr gesehen und nachher in einem Hain und Tempel an jenem Fluß als Stammgott (Jupiter indiges) verehrt. Sein Sohn von der Krëusa, Ascanius (auch Iulus genannt und daher Stammvater des römischen Geschlechts der Julier), gründete Albalonga; die Herrschaft über dasselbe ging aber nach seinem Tod auf seinen jüngern Bruder, A. Silvius, den Sohn der Lavinia, über, von dem die nachfolgenden Könige von Albalonga abstammen. Vgl. Klausen, Ä. und die Penaten (Hamb. 1839–40, 2 Bde.).

2) Ä., der Taktiker, wahrscheinlich Eine Person mit Ä. von Stymphalos, dem Feldherrn der Arkadier in der Schlacht bei Mantineia 362 v. Chr., einer der ältesten Kriegsschriftsteller. Von seinem System der Kriegskunst (betitelt: „Hypomnemata“) ist neben Fragmenten von den andern nur das Buch „Von der Belagerungskunst“ vollständig erhalten und für die Kenntnis der ältern Kriegskunst sowie in historischer Hinsicht wichtig; herausgegeben von Köchly und Rüstow („Griechische Kriegsschriftsteller“, Bd. 1, Leipz. 1853, mit deutscher Übersetzung), von Hercher (Berl. 1870) und Hug (Leipz. 1874). Vgl. Hug, Ä. von Stymphalos (Leipz. 1878).

Änēasratte, s. Beutelratte.

Änēas Silvius, Sohn des Äneas (s. d. 1).

Änēas Silvius Piccolomini, s. Pius II.

Anegāda, eine der brit. Jungferninseln in Westindien, nur 35 qkm (0,6 QM.) groß mit ca. 200 Bewohnern. A. ist eine niedrige, von gefährlichen Riffen umgebene Koralleninsel. Baumwollbau, Viehzucht und namentlich das Bergen von Wracks sind die Hauptbeschäftigungen.

Äneïde (Äneïs), Epos des römischen Dichters Vergilius (s. d.), dem die Sage vom trojanischen Helden Äneas (s. d.) zu Grunde liegt. Derselbe Stoff, im Geiste des Rittertums aufgefaßt, wurde später (nach französischer Quelle) von Heinrich v. Veldeke (s. d.) in seiner „Eneït“ behandelt.

Anekdŏton (Mehrzahl: Anekdŏta, griech.), ursprünglich eine noch „nicht herausgegebene“, daher nicht bekannt gewordene Schrift; nach Erfindung der Buchdruckerkunst Bezeichnung für alte Schriften oder Fragmente von solchen, die zum erstenmal durch den Druck veröffentlicht werden, wie dergleichen aus der griechischen und römischen Litteratur in neuerer Zeit Bekker, Bachmann, Boissonade, Cramer u. a. lieferten. Unter dem Titel: „Anecdota Ottoniensia“ gibt gegenwärtig Max Müller (s. d.) in Oxford eine Sammlung von Drucken, meist in orientalischen Sprachen, heraus, die in der Bodleyanischen Bibliothek zu Oxford aufbewahrt werden. Von A. kommt das vulgär gewordene Anekdōte, was zunächst einen von frühern Geschichtschreibern nicht erwähnten besondern Umstand, dann überhaupt eine interessante Einzelheit über Personen, ein überraschendes Geschichtchen bezeichnet. Sammlungen solcher Anekdoten findet man fast bei allen europäischen Kulturvölkern, auch bei Chinesen und Arabern.

Anelli, Angelo, ital. Dichter und Gelehrter, geb. 1761 zu Desenzano, studierte Rechtswissenschaft in Padua und wurde später vom General Augereau, dem Kommandanten von Verona, zum Sekretär ernannt. Nachdem er längere Zeit aus politischen Gründen im Gefängnis zugebracht, erhielt er 1802 den Lehrstuhl der Geschichte am Collegio zu Brescia, den er 1809 mit dem der gerichtlichen Beredsamkeit an der Rechtsschule zu Mailand vertauschte. Hier starb er 1820. Unter seinen poetischen Arbeiten haben besonders die „Cronache di Pindo“ (Mail. 1811), eine Art satirisches Gemälde der alten und neuen Litteratur, Aufsehen erregt.

Anemochórd (griech.), s. v. w. pneumatisches Saiteninstrument, war ein geistreicher Versuch des Pianofortefabrikanten Schnell in Paris (1789), mittels künstlich (durch Bälge) erzeugten Windes den Effekt der Äolsharfe auf einem pianoforteartigen Instrument für eine kunstgemäße Musik zu verwenden. Der Tonumfang des Instruments betrug fünf Oktaven. Im Innern des Körpers befanden sich zwei Blasebälge und zahlreiche messingene Röhren. Durch das Niederdrücken der Tasten öffneten sich die Windklappen; die Saiten wurden in Schwingung versetzt und so zum Erklingen gebracht. Beim Gebrauch besonderer Fußtritte öffneten sich die Windklappen nur halb, und durch Registerzüge unter der Klaviatur ließ sich das leiseste An- und Abschwellen des Tons hervorbringen. Übrigens vertrug das A. nur gebundenes und langsames Spiel. Die Idee wurde später von Kalkbrenner und auch von Henri Herz wieder aufgenommen, welch letzterer sein 1851 konstruiertes derartiges Instrument Piano éolien (Äolklavier) nannte.

Anemograph (griech., „Windbeschreiber“), ein Instrument, welches Richtung und Stärke des Windes verzeichnet; s. Anemometer.

Anemologīe (griech., „Windlehre“, auch Anemographie), die Lehre von der Entstehung, Richtung, Stärke und Geschwindigkeit der Winde.

Anemomēter (griech., „Windmesser“), ein Instrument, durch welches die Stärke oder die Geschwindigkeit

Fig. 1.
Wildsche Windfahne.

des Windes bestimmt wird. Dies geschieht entweder aus der Anzahl der Umläufe, welche eine kleine, nach Art einer Windmühle konstruierte Vorrichtung in einer bestimmten Zeit macht, oder aus der Hebung, welche ein aufgehängtes Pendel durch den Druck des Windes aus der perpendikulären Richtung erfährt, oder aus dem Unterschied im Stand einer Flüssigkeit in einer U-förmig gebogenen Röhre, von welcher der eine horizontal umgebogene Schenkel gegen den Wind gerichtet ist. Instrumente der ersten Art, die von Fueß in Berlin angefertigt werden, benutzt man vorzugsweise, um die Stärke des Luftzugs in Bergwerken und bei Ventilationen zu bestimmen. Auf meteorologischen Stationen ist am meisten die Wildsche Windfahne verbreitet (Fig. 1), bei welcher sich oberhalb der eigentlichen Windfahne eine senkrecht

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 560. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0560.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2021)
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