verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1 | |
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Aqua et igni interdictus (lat., „jemand, dem Wasser und Feuer, d. h. die Gastfreundschaft, versagt ist“), Ächtungsformel der Römer, wodurch der Geächtete verbannt ward.
Aquafortist (lat.), s. v. w. Radierer, s. Eau forte.
Aquagĭum (lat.), Wassergraben; Recht der Entwässerung.
Aqua haeret (lat.), das Wasser hängt, stockt, nämlich in der Wasseruhr; sprichwörtliche Ausdrucksweise für: in Verlegenheit sein.
Äqualstimmen, s. Orgel.
Aquamanīle (lat.), das Wassergefäß, worin der messelesende Priester die Hände wäscht.
Aquamarīn, merkantile Bezeichnung der grünlichen und bläulichen Varietäten des Berylls (s. d.), s. auch Topas; orientalischer A., s. Korund.
Aquarellfarbendruck, s. Lithographie.
Aquarellmalerei (ital. acquerello, „Wasserfarbe“), die Malerei mit Wasserfarben, welche den Malgrund nicht decken, sondern durchscheinen lassen. Sie unterscheidet sich dadurch vornehmlich von der sonst mit ihr ziemlich verwandten Gouache- (d. h. Deckfarben-) Malerei. Zur Verwendung kommen bei der A. meist die sogen. Saftfarben aus vegetabilischen Stoffen, welche im Wasser leicht löslich sind; doch werden jetzt auch die Erdfarben durch Reiben und Schlämmen für die A. präpariert, so daß diese gegenwärtig in Bezug auf Reichtum der Palette kaum hinter der Ölmalerei zurücksteht. Die Farbstoffe werden pulverisiert, aus dem Porphyrstein mit Zusatz von Wasser fein gerieben und als Bindemittel meist reines Gummi arabikum oder eine Mischung von 1/2 Teil Gummi arabikum, 1/2 Senegalgummi und 1 Teil weißem Kandis angewendet. Die Farben kommen flüssig (in Näpfen und Tuben) oder trocken (in Tafelform) in den Handel, welch letztere in Wasser leicht löslich sind. Die wichtigsten Farben sind: gelber Ocker, ungebrannte Siena, gebrannte Siena, gebrannter Hellocker, Indischrot, roter und brauner Krapplack, Van Dyck-Braun, Rotbraun (gebrannte Umbra), Gummigutti (letzteres im Naturzustand), Indigo, blauer Kobalt. Meist bedient man sich auch noch des deckenden Kremser Weiß zum Aufsetzen der Lichter etc. Der Farbenauftrag erfolgt mittels Pinsels aus weichen Eichhörnchen- oder Zobelhaaren. Man malt in der Regel auf Papier, das ziemlich grobkörnig und stark sein soll („Whatman“), aber auch auf Pergament, Seide, Atlas, Holz etc. ohne Grundierung.
Geschichte. Die Ägypter bedienten sich der Aquarellfarben, d. h. mit Gummiwasser versetzter Farben, bei ihren Wandgemälden. Sie überzogen die Wandfläche mit Stuck, zeichneten darauf die Umrisse in roten vertieften Linien, grundierten mit weißer Farbe und kolorierten die einzelnen Teile. Eine ähnliche Technik weisen die ältern etruskischen Wandmalereien auf. Es ist wohl nicht zweifelhaft, daß auch Griechen und Römer die A. gekannt, obwohl ihre Schriftsteller nichts Bestimmtes darüber mitteilen und Werke in dieser Technik nicht auf uns gekommen sind. Die Technik der Wandgemälde in den Katakomben ist bestimmt A. Die Konturen sind mit dicken schwarzen Strichen gezogen, die Fleischpartien rötlich angelegt, die Gewänder meist blau, rot und gelb, die Schatten mit einigen weitern Lagen desselben Farbentons angedeutet. Später werden die Schatten grünlich. Nicht selten begegnen wir der A. unter den in altchristlicher Zeit vertretenen Miniaturen oder Buchillustrationen. Während bei den Gouacheminiaturen die Zeichnung mit einer Nadel in den Grund vertieft wurde, entwarf man sie beim Aquarell mit einem Stift mit silberner Spitze, zog die Linien mit der Kielfeder, die man in Tinte, eine Mischung von Lampenruß und Gummi, getaucht hatte, nach, kolorierte darauf in lichten, ungebrochenen Farbentönen und verstärkte dann noch mitunter das Detail, wie z. B. Gewandfalten, mit der Feder. Es finden sich auch bläulich getuschte Schatten und Deckweiß für die Lichter angewendet. Andeutungen über die Aquarellmalereitechnik dieser Periode finden sich in des Heraclius Büchern „Von den Farben und Künsten der Römer“ und in der „Diversarum artium schedula“ von Theophilus, einem deutschen Mönch aus dem Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahrh. Die Byzantiner übten fast ausnahmslos in ihren Miniaturen die glänzendere Gouachetechnik. In romanischer Periode stoßen wir nur selten in den Büchern auf leicht aquarellierte Federzeichnungen. Häufiger werden dieselben in der ersten Epoche des gotischen Stils, namentlich in Deutschland. Den Übergang zu der zweiten Periode des gotischen Stils, in welcher wieder vollständig in Deckfarben mit dem Pinsel nach byzantinischer Manier ausgeführte Miniaturen Mode wurden, bilden einige Kodices in der Bibliothek zu Cambrai, um 1350 entstanden, welche Aquarell und Gouache nebeneinander zeigen, und eine Bibel in der großen Pariser Bibliothek mit 5124 kleinen illuminierten Federzeichnungen, Szenen aus dem Alten und Neuen Testament darstellend. Auch aus dieser Zeit sind uns technische Rezepte für die A. erhalten in Cenninis „Buch von der Kunst“, in welchem die Manier der Giottesken geschildert wird. Wir ersehen aus ihnen, daß die Giottesken bereits das Abstufen des Aquarells in den Schatten kannten, wenn sie auch nur mittels Zusatzes von Schwarz schattierten, und daß sich die Farbenskala nicht mehr auf die bloßen vegetabilischen Farben, wie bei Heraclius und Theophilus, beschränkte, sondern dieselbe Auswahl bot wie die Tafelmalerei. In den Buchillustrationen des 15. Jahrh. überwiegt bei weitem die Gouachemalerei. Reiche Anwendung fanden hingegen die Aquarellfarben beim Kolorieren von Holzschnitten. Diese Technik wurde handwerksmäßig von den sogen. Briefmalern und Illuministen betrieben, welche mittels Patronen Spielkarten, Heiligenbilder, Porträte, Darstellungen merkwürdiger Begebenheiten, die als fliegende Blätter auf den Märkten feilgeboten wurden, oft in lebhaften Farben kolorierten. Auch Kupferstiche pflegten teilweise bis ins 17. Jahrh. hinein aquarelliert zu werden. Sonst bedienten sich die meisten Künstler der Renaissance der A. zur Ausführung ihrer Zeichnungen und Entwürfe. Namentlich in Deutschland waren leicht kolorierte, hier und da in den Schatten schwarz getuschte und mit Deckweiß gehöhte Federzeichnungen sehr beliebt. In jeder Sammlung von Handzeichnungen bieten sich zahlreiche Beispiele dieser Art, so in der Wiener Albertina unter andern die Trachtenbilder Dürers. Holbein pflegte seine Porträtstudien mit dem Stift zu entwerfen und an gewissen Stellen leicht in Aquarell zu kolorieren. Von Dürers Hand soll sich ein von 1497 stammendes Selbstporträt in der Imhofschen Sammlung zu Nürnberg befunden haben, in Wasserfarben auf Leinwand ausgeführt, welches jedoch schon 1633 schadhaft war. Lukas von Leiden soll viel in Aquarell gemalt haben. Die niederländischen Maler, namentlich die Landschaftsmaler, liebten es, ihre Skizzen in brauner oder schwarzer Farbe auszuführen, und erzielten damit ähnliche Lichteffekte wie in ihren Radierungen. Im 18. Jahrh. wurde sehr viel
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 1. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 708. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b1_s0708.jpg&oldid=- (Version vom 19.4.2022)