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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

den Händen der Tragiker manche Umgestaltung erlitten. Ein halb unterirdisches Kuppelgrab (Tholos) in Mykenä wurde für das Schatzhaus des A. erklärt.

Atri, Stadt in der ital. Provinz Teramo, auf einem Hügel über der Piomba, 7 km vom Adriatischen Meer entfernt, nahe der Eisenbahn Bologna-Otranto, Bischofsitz, hat eine gotische Kathedrale mit schönem Glockenturm, merkwürdige Grotten (wahrscheinlich etruskische Grabgewölbe) und (1881) 3808 Einw., welche Fabrikation von Seife und Lakritzensaft und Handel betreiben. A. ist das alte Hadria, die Heimat des Kaisers Hadrian.

Atrĭa mortis (lat., „Vorhöfe des Todes“), die Organe des Körpers, von welchen die wichtigsten Lebensreize ausgehen, Gehirn, Herz, Lunge, und deren Verletzung plötzlichen Tod herbeiführt.

Atrichīe (griech.), Haarlosigkeit.

Atrīden, Atreus’ Nachkommen Agamemnon und Menelaos; vgl. Atreus.

Atripalda, Stadt in der ital. Provinz Avellino, östlich von Avellino, mit den Ruinen der alten Stadt Abellinum (s. Avellino) und (1881) 4586 Einw.

Atrĭplex L. (Melde), Gattung aus der Familie der Chenopodeen, meist einjährige, selten strauchartige Gewächse mit unscheinbaren, in ährenförmig, traubig oder rispig gruppierten Knäueln stehenden Blüten, welche teils einhäusig, teils Zwitterblüten sind, finden sich besonders auf Schutt und salzreichem Boden in allen Erdteilen; einige Arten bilden in den Prärien und Steppen ein gutes Viehfutter; die einheimischen sind lästige Unkräuter. A. Halimus L. (Meermelde, Meerportulak), ein Strauch mit länglichen, ganzrandigen, gräulichen, säuerlich-salzigen Blättern, die nebst den zarten Stengeln in England und Holland in Salzlauge gelegt und als Salat gegessen werden; die jungen Sprosse ersetzen in Portugal den Spargel. A. hortensis L. (Garten- oder Zuckermelde, wilder Spinat), ein krautartiges Gewächs mit herzförmig-dreieckigen, gezahnten, glanzlosen Blättern, aus der Tatarei, wurde 1548 in Europa eingeführt und findet sich jetzt allenthalben auf bebautem und Schuttboden. Diese Melde diente schon bei den Alten als Gemüse und wird jetzt besonders in Frankreich unter dem Namen Arroche kultiviert. Die Samen sind etwas brechen- und purgierenerregend. Ihrer roten Blätter halber kultiviert man sie auch als Zierpflanze. Von der strauchartigen, an den europäischen Küsten wachsenden A. portulacoïdes L. (Portulakmelde), mit gegenständigen, verkehrteirundlänglichen, stumpfen, ganzrandigen, etwas fleischigen Blättern, werden die jungen Sprosse wie Kapern eingemacht.

Atrĭum (lat.), im altröm. Haus die bedeckte Vorhalle, in welche man aus dem Vorhof (vestibulum) durch die Hauptthür eintrat (s. Tafel „Baukunst VI“, Fig. 4), ursprünglich das Gemach des Herdes, woher der Name (von ater, „schwarz“, nämlich vom Rauch). Es erhielt sein Licht von oben. Zu beiden Seiten führten Thüren in die Zimmer der Seitenflügel des Hauses. Hinter dem A. befand sich das nicht bedeckte Cavaedium (d. h. hohles Haus). Als Mittelpunkt des häuslichen Lebens enthielt das A. das Ehebett, den Herd, die Webstühle der Sklavinnen, die Familiengötter, die Geldkiste. Als später der Luxus zunahm, diente das A. vorzugsweise als Empfangsaal der Klienten und erhielt als solcher eine andre Ausstattung, verlor seine Bedeutung und wurde mit Brunnen, Rasenplätzen etc. geschmückt, so besonders in den Häusern von Pompeji. Die Räume, welche die Atrien der Tempel bildeten, dienten zu amtlichen Zusammenkünften und Funktionen; auch wurden Archive, Bibliotheken darin untergebracht. Berühmt war das A. Libertatis, durch Asinius Pollio zur ersten öffentlichen Bibliothek bestimmt. In der christlichen Architektur ist A. ein vierseitiger Hof vor den ältesten Gotteshäusern, besonders den Basiliken (s. d., mit Plan), nach Westen gelegen, von Mauern mit Kolonnaden im Innern umgeben, in der Mitte mit einem Brunnen versehen. Hier verweilten die Büßenden; auch diente der Platz als Asyl. – In der Anatomie s. Herz.

Atrŏpa L. (Tollkraut, Tollkirsche), Gattung aus der Familie der Solaneen; die einzige Art, A. Belladonna L. (gemeine Tollkirsche, Wolfswut, Teufelskirsche, s. Tafel „Giftpflanzen II“), mit fleischiger, bräunlichgrauer, innen gelblichweißer, ästiger, ausdauernder, gegen 0,5 m langer, bis fingerdicker Pfahlwurzel, hohem, ästigem, verholzendem Stengel, eiförmigen, zugespitzten, kurzgestielten, ganzrandigen, in der Jugend unten drüsig-flaumhaarigen, am Stengel und an den Hauptästen wechselständigen, an den übrigen Ästen paarweise gestellten Blättern, von denen eins stets kleiner ist als das andre, einzeln achselständigen, großen, hängenden, glockenförmigen, braunvioletten Blüten und kugeliger, glänzend schwarzer, sehr saftiger, säuerlich-süßer, vielsamiger Beere auf dem sternförmig ausgebreiteten Kelch, findet sich in Gebirgswäldern, vorzüglich in Laubwäldern im mittlern und südlichen Europa, auch in West- und Mittelasien, und ist eine der gefährlichsten inländischen Giftpflanzen, deren kirschenähnliche Beeren durch ihr lockendes Ansehen oft schon Unerfahrenen Gesundheit und Leben gekostet haben. Auch die Wurzel und Blätter gehören zu den heftigsten narkotischen Giften und verdanken diese Eigenschaft einem Gehalt von Atropin, welches sich am reichlichsten in der fade süßlich, dann bitter und scharf schmeckenden Wurzel findet; neben demselben kommt ein andres Alkaloid, das Hyoscyamin, vor, welches sich außerdem im Bilsenkraut findet. Die Wirkung der Belladonna ist genau dieselbe wie die des Atropins und nur dem Grad nach verschieden. Wurzel und Blätter der Pflanze sind offizinell. Bei Vergiftungen mit Belladonna sind zunächst Brech- und Abführmittel zu geben. Den Alten scheint die Pflanze unbekannt gewesen zu sein; sie wird zuerst von deutschen Ärzten und Botanikern des Mittelalters erwähnt. In Italien soll die Belladonna wegen der pupillenerweiternden Wirkung zu einem Schönheitswasser benutzt worden sein und davon den Namen Belladonna („schöne Frau“) erhalten haben.

Atropatēne, im Altertum Land in Vorderasien, umfaßte den nördlichen Teil von Medien (s. d.) oder die heutige persische Provinz Aserbeidschân und bildete von der Diadochen- bis auf die Sassanidenzeit ein eignes Reich.

Atrophīe (griech., „Ernährungsmangel“), Verminderung der Masse des ganzen Organismus oder einzelner Teile desselben, wird meist veranlaßt durch mangelhafte Ernährung infolge schlechter Verdauung, erschöpfender Ausleerungen, fieberhafter Zustände, Blutverluste etc. Man unterscheidet einfache oder quantitative A., bei welcher die Elemente der Organe an Volumen oder Zahl abnehmen, und qualitative oder degenerative A., die mit chemischer Veränderung der Gewebselemente verbunden ist. Über A. des ganzen Körpers s. Auszehrung, über A. einzelner Organe s. Hirnschwund, Leberkrankheiten, Muskelatrophie, Nierenentzündung, Pädatrophie, Rückenmarksschwindsucht.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0024.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2022)
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