verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2 | |
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(Sankta Sophia), des heiligen Friedens und der heiligen Kraft. Die angeblich von der Mutter des Kaisers, der heil. Helena, erbaute, noch stehende große Kirche zu Bethlehem bildet eine mächtige fünfschiffige Basilika mit einfachen römischen Säulen und geraden Gebälken. Auch das Kloster auf dem Sinai soll von der heil. Helena gegründet worden sein, während die große Kirche der Verklärung, eine einfache Basilika, den darin vorhandenen Inschriften und bildlichen Darstellungen zufolge ein Werk aus der Zeit des Justinian ist. Von den koptischen Kirchen in Ägypten und Nubien, welche die einfache Basilikenform zeigen, tragen einzelne ein hochaltertümliches Gepräge und deuten somit auf die frühsten Zeiten des Christentums zurück.
Nachdem die Sophienkirche zu Konstantinopel 530 ein Raub der Flammen geworden war, ordnete Kaiser Justinian den Neubau derselben an, und an dieser neuen Sophienkirche (s. Tafel VII, Fig. 9–12) bildete sich der byzantinische Baustil in seiner umfassendsten und charaktervollsten Gestalt aus. Das Verdienst der Erfindung des neuen architektonischen Systems gebührt dem Baumeister Anthemius von Tralles, als dessen Gehilfen Isidorus von Milet und der Baumeister Ignatius genannt werden. Im J. 537 war der Bau vollendet und hat sich, von einzelnen Restaurationen unter den folgenden Kaisern und geringen Abänderungen seit seiner Umwandlung in eine Moschee abgesehen, bis heute erhalten. Die ältere Basilikenform ist allerdings noch zu erkennen, die Anwendung des Systems der Kuppelwölbungen hat aber der gesamten Erscheinung des Gebäudes ein wesentlich abweichendes Gepräge gegeben. Die Sophienkirche (s. Konstantinopel) blieb der Stolz und das Vorbild der byzantinischen B., und schon unter Justinian wurden ihr außer andern die Apostelkirche in Konstantinopel und die Kirche des Evangelisten Johannes in Ephesus nachgebildet. Die Kirche des heil. Bakchos zu Konstantinopel, die auch den Namen der kleinen Sophienkirche führt und ebenfalls noch vorhanden ist, kann als ein Mittelglied zwischen der Kirche San Vitale in Ravenna (s. Tafel VII, Fig. 5 u. 6) und der großen Sophienkirche betrachtet werden. Bei dem fortschreitenden Verfall des byzantinischen Reichs fehlte es später sowohl an der künstlerischen Kraft als selbst an den Mitteln, größere Rotunden zu erbauen, so daß die früher untergeordneten Seitenteile der Gebäude allmählich wieder anwachsen mußten; doch blieben diese Seitenabteilungen der Kirche, gleich dem Mittelraum, stets überwölbt. Noch dürftiger mußten die griechischen Kirchenbauten ausfallen, seit das Reich unter die Türkenherrschaft gekommen war. Ein quadratischer oder etwas länglicher Raum, in dessen Mitte eine auf vier Pfeilern ruhende erhöhte Kuppel, die Seitenräume mit Tonnengewölben, die Eckräume mit kleinen Kuppeln bedeckt, drei Tribünen, eine Vorhalle (Narthex) und vor dieser zuweilen ein Portikus, dies sind die regelmäßig wiederkehrenden Elemente der spätern griechischen Kirchen. Als byzantinische Bauten sind schließlich die Zisternen zu nennen, die vornehmlich zu Konstantinopel schon seit der Zeit Konstantins in großer Anzahl angelegt wurden und gewöhnlich große Reservoirs für Wasser bildeten, deren gewölbte (aus kleinen Kuppeln oder Kreuzgewölben bestehende) Decke von einer größern oder geringern Zahl von Säulen getragen ward. Eine kolossale Ausdehnung hat die westlich vom Hippodrom gelegene Zisterne, welche den Namen Binbirdirek (die Zisterne der 1001 Säulen) führt. Mit diesen Anlagen waren Wasserleitungen verbunden.
Einen besondern Zweig der byzantinischen Architektur bildet die russische B. Wladimir d. Gr. (981 bis 1015), der sich die Ausbreitung des Christentums angelegen sein ließ, baute zahlreiche Kirchen, zu deren Ausführung er byzantinische Architekten berief. Die bedeutendsten Kirchen waren die der damaligen Residenzstadt Kiew, und unter diesen ragt die Kirche der heil. Sophia hervor, deren Name auf das byzantinische Vorbild deutet. In Nowgorod ließ der Großfürst Jaroslaw (um 1040) gleichfalls unter der Leitung griechischer Architekten eine andre Sophienkirche erbauen, ebenfalls eine Nachbildung der byzantinischen. In Moskau wurde 1326 auf dem Kreml der Grundstein zur Kirche der Verklärung der Mutter Gottes gelegt und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. das Schloß des Kremls aus Steinen aufgeführt. Iwan III. Wasiljewitsch (1462–1505) und seine Nachfolger schmückten ihre Residenz mit prächtigen Bauten, und diese vornehmlich sind es, welche den russischen Baustil als einen eigentümlichen zeigen. Zwar sind Grundlage, innere Einteilung und Anordnung der Kirchen ganz die des byzantinischen Baustils, doch erscheint das Innere durchweg schwerfällig, eng und düster. Desto größere Pracht wurde im Äußern entwickelt, wo sich unverkennbar asiatischer Einfluß zeigt, der teils aus den Zeiten der Mongolenherrschaft herrühren, teils aber auch in der größern geographischen Verwandtschaft Rußlands mit Asien begründet sein mag. Wo in der byzantinischen Architektur die Räume durch schlichte Kuppeln bedeckt wurden, da steigen hier turmartige Bauten, teils in breiter Masse, teils schlank und keck wie die Minarets der Mohammedaner, in die Lüfte empor, oben von Kuppeln gekrönt, die bald als Halbkugeln, bald in Eiform, bald in der geschweiften Form einer Birne oder Zwiebel erscheinen. Dabei ist das Äußere mit Ornamenten bedeckt, unter denen man hier byzantinische, dort modern-italienische, arabische und andre Formen findet, und die mit grellen, bunten Farben bemalt sind, während jene Kuppeln meist in goldenem Glanz funkeln. Auf gleiche Weise wurden auch die Paläste und andre Bauten von Bedeutung, geschmückt. Diese Bauweise hatte sich über ganz Rußland verbreitet, als Peter d. Gr. im Anfang des 18. Jahrh. dort modern-europäische Kultur einzuführen begann, in deren Gefolge denn auch der modern-europäische Baustil allmählich einen überwiegenden Einfluß auf die russische Kunst gewann.
Die neue Religion des Islam, welche sich seit 610 zunächst über Arabien verbreitete, brachte eine neue Weise der Gottesverehrung, und diese bedurfte einer neuen Gestaltung der Kunst (s. Tafel VIII). Aber das Volk der Araber besaß jene eigne, höhere Kultur nicht, die zu solchen Unternehmungen die Mittel hätte liefern können, und es blieb ihnen somit vorerst nichts übrig, als die Kunstformen, welche sie in den von ihnen beherrschten Ländern vorfanden, für ihre Zwecke zu benutzen. Dies waren aber vornehmlich wieder die Formen der spätern Römerzeit. Hiermit verband sich ein speziell orientalisches Kunstelement. Zum Teil hatten bereits die Römerbauten in Asien und Afrika eine mehr oder weniger deutliche orientalische Färbung erhalten, teils konnte es nicht fehlen, daß dies Element durch die unmittelbare Berührung mit den alten Kulturvölkern Asiens noch mehr hervortrat, und wie sich im Verlauf der Zeit die mohammedanischen Nationen selbständig entwickelten, so ging aus diesen Grundelementen auch eine eigentümliche Richtung der Kunst hervor. Die
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 491. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0491.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2022)