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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

namentlich seit der Restauration und Erweiterung des Hôtel de Ville (nach der Zerstörung durch die Kommune in ziemlich engem Anschluß an den ältern Bau durch Ballu und Deperthes wieder aufgebaut) und in Dubans edler Schöpfung, der École des beaux-arts, zeigte. Eine ähnliche Richtung verfolgte Visconti, der sich als Meister in der Anlage von Denkmälern, wie der Fontäne St.-Sulpice, der Fontäne Molière, der Kaisergruft unter dem Invalidendom, bewährte und unter dem zweiten Kaiserreich die Pläne zum neuen Louvrebau machte, von denen man nach seinem Tod (1853) leider abwich. Die öffentliche wie die Privatarchitektur der neuen Stadtviertel kleidet sich mehr und mehr in die Formen der üppigsten Spätrenaissance, so in Garniers Neubau der Großen Oper, die nicht nur im Detail mittelmäßig, sondern auch im Zusammenwirken der einzelnen Teile verfehlt ist, in einigen neuen Kirchen, St.-Augustin am Boulevard Malesherbes (von Baltard) und in Ste.-Trinité. Nur hier und da bringt die Privatarchitektur, namentlich in Landhäusern, besseres zu stande. Ein Versuch, durch Verbindung von romanischen, maurischen und Renaissanceelementen einen neuen Stil zu schaffen, ist in dem 1877 zunächst für die Zwecke der Weltausstellung vollendeten Trocadéropalast von Davioud und Bourdais gemacht worden. In England führten seit dem Anfang des Jahrhunderts archäologische Forschungen zu einem noch reinern und völlig unvermittelten, dafür aber auch desto einseitigern Anschluß an klassische Vorbilder. Mit der Zeit hat man sich der Spätrenaissance zugewandt, welche man hauptsächlich bei palastartigen Gebäuden anwendet. Daneben wird mit Vorliebe, wo es geht, die Gotik, meist in ihren spätesten Formen, angewandt (Barrys Parlamentshäuser). Der Schwerpunkt der englischen Bauthätigkeit unsrer Zeit liegt in der Solidität des Technischen, zu welcher bisweilen eine geschmackvolle Behandlung des Ornaments hinzutritt. Großartiges ist hier auf dem ganz modernen Gebiet des Glas- und Eisenbaues geleistet worden, wo der jetzt nach Sydenham übertragene Kristallpalast der ersten Weltausstellung Paxtons hervorzuheben ist. Eine Übersicht der wichtigsten Beispiele der architektonischen Stilarten gewähren unsre Tafeln „Baukunst I–XII“ nebst Tabelle; vgl. dazu den Art. Baustil.

[Litteratur.] Mit Übergehung der veralteten Litteratur ist in erster Linie als Führer W. Lübke, Geschichte der Architektur (6. Aufl., Leipz. 1884) zu erwähnen, in welcher alle Litteraturnachweise und namentlich die zahlreichen Einzelpublikationen und Sammelwerke verzeichnet sind. Daneben sind Schnaase, Geschichte der bildenden Künste (2. Aufl., Düsseld. 1865–78, 8 Bde.), und Kugler, Geschichte der B. (Stuttg. 1856–59, Bd. 1–3; fortgesetzt von Burckhardt und Lübke: „Renaissance in Italien, Frankreich und Deutschland“, 2. Aufl. 1878–82), als Hauptwerke zu nennen. Für die B. des Altertums ist Perrot und Chipiez, Geschichte der Kunst im Altertum (Bd. 1: „Ägypten“, deutsche Ausg., Leipz. 1882–1884), das am größten angelegte und inhaltreichste Werk; daneben sei Reber, Geschichte der B. im Altertum (das. 1867) genannt. Für die Kenntnis der griechischen B. ist K. Bötticher, Die Tektonik der Hellenen (2. Aufl., Berl. 1869 ff.), grundlegend, während J. Durm, B. der Griechen (Darmst. 1881), die beste bautechnische Prüfung aller Überreste der griechischen B. enthält. Als Leitfaden ist auch W. Lübke, Abriß der Geschichte der Baustile (4. Aufl., Leipz. 1878), zu empfehlen. Für eine Hauptepoche der italienischen B. liefert O. Mothes, Die B. des Mittelalters in Italien (Jena 1883), reiches Material. Eine „Geschichte der deutschen B.“ schrieb H. Otte (Leipz. 1862–74). Das Material an bildlichen Darstellungen ist durch die Monographien, Einzelpublikationen und Sammelwerke so ungeheuer angewachsen, daß wir nur diejenigen Sammlungen erwähnen, welche eine Anschauung von der gesamten Entwickelungsgeschichte der B. gewähren. Es sind dies: Gailhabaud, Denkmäler der B. aller Zeiten und Länder (a. d. Franz. von Lohde, Hamb. 1842–50, 4 Bde.); Lübke und v. Lützow, Denkmäler der Kunst (4. Aufl., Stuttg. 1884), und die „Kunsthistorischen Bilderbogen“, mit Textbuch von A. Springer (2. Aufl., Leipz. 1884). Für die deutsche Renaissance ist A. Ortwein, Deutsche Renaissance (Leipz. 1871 ff.), das reichhaltigste Sammelwerk, zu welchem Fritsch, Denkmäler deutscher Renaissance (Berl. 1882 ff.), ergänzend hinzutritt. Auch E. Försters Denkmale deutscher B. (Leipz. 1857–59) sind anzuführen. – Von Lehrbüchern der B. sind hervorzuheben: „Deutsches Bauhandbuch. Eine systematische Zusammenstellung der Resultate der Bauwissenschaften“ (reich illustriert, Berl. 1874–83) und „Handbuch der Architektur“, herausgegeben von Durm u. a. (Darmst. 1881 ff., mit zahlreichen Abbildungen); daneben ist Mothes, Illustriertes Baulexikon (4. Aufl., Leipz. 1881 ff., 4 Bde.), zu erwähnen. Die Interessen und die Kunde der B. werden gegenwärtig in Deutschland und Österreich durch folgende Zeitschriften vertreten: „Zentralblatt der Bauverwaltung“ (amtliches Organ des preußischen Arbeitsministeriums), „Deutsche Bauzeitung“, „Wochenblatt für Baukunde“, „Zeitschrift für Bauwesen“ (sämtlich in Berlin erscheinend); „Allgemeine Bauzeitung“ (Wien). In Frankreich sind die „Revue d’Architecture“, die „Encyclopédie d’Architecture“ und die „Gazette des Architectes et du Bâtiment“, in England „The Architect“, „The British Architect“, „The Builder“ und „The Building News“, für Holland das „Bouwkundig Weekblad“ und die „Bouwkundig Tijdschrift“, für die Vereinigten Staaten die „American Architect and Building News“ die Zentralorgane.

Bauland, altherkömmlicher Name für das kornreiche Hügelland im nordöstlichen Teil von Baden, an der Tauber.

Baulast, kirchliche, die Bezeichnung für die Verpflichtung des aus dem Kirchenärar (s. d.) zu bestreitenden Unterhalts der Kirchengebäude.

Baulebung (Besthaupt, Gewandrecht, Butteil, Todfall, Hauptfall, Kurmede, Mortuarium), ehemals eine Abgabe der Erben eines Leibeignen an den Gutsherrn, meist das beste Stück Vieh, bei Frauen ein Bett, später in der Regel in Geld verwandelt, blieb nach Aufhebung der Leibeigenschaft bisweilen auch auf Gütern freier Bauern haften, analog einer Erbschaftssteuer; durch die moderne Gesetzgebung, teils gegen Entschädigung, beseitigt.

Baulehen (Beneficium coloniarum), ehedem die Belehnung eines Bauern mit einem Stück Feld gegen Erstattung eines Teils vom Ertrag an den Lehnsherrn; auch ein solches Feld selbst.

Baum, Gewächs, welches mit einem holzigen Stamm aus der Wurzel emporsteigt und erst in einer gewissen Höhe des Stammes eine aus blättertragenden Ästen bestehende Krone entwickelt. Der Unterschied zwischen B. und Strauch ist keineswegs scharf. So müßte z. B. die italienische Pappel mit ihrem schon vom Boden an aufrechte Äste treibenden Stamm

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 506. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0506.jpg&oldid=- (Version vom 1.4.2023)
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